Durchaus überraschend setzte sich der TSV Havelse gegen den 1.FC Schweinfurt in der Relegation durch und spielt in der kommenden Saison in der 3.Liga. An den Spieltagen 17 und 36 gibt es die Aufeinandertreffen mit dem TSV 1860 München. Im Interview mit sechzger.de spricht Matthias Limbach, Sportlicher Leiter vom TSV Havelse, über einen finanziellen Kraftakt, das Interesse an seinem Verein und den Personalwechsel an der Seitenlinie.
Das Interview mit Matthias Limbach vom TSV Havelse
sechzger.de: Servus, Herr Limbach! Zunächst einmal herzliche Glückwünsche zum Aufstieg in die 3.Liga! Haben Sie sich von den Feierlichkeiten bereits erholen können?
Matthias Limbach: Moin aus dem Norden. Herzlichen Dank. Die Jungs haben am Abend des Rückspiels bis weit in den Morgen gefeiert. Für mich war dann etwas früher Schluss, aber wir haben das schon gebührend gefeiert. Für den TSV Havelse ist das ein unglaublicher Erfolg. Allerdings ging am nächsten Tag dann auch die Arbeit zur Vorbereitung der Saison im Profifußball los.
sechzger.de: Die wenigsten Fans des TSV 1860 München dürften von ihrem Verein schon einmal etwas gehört haben. Wer oder was ist denn eigentlich der TSV Havelse?
Limbach: Havelse ist ein Stadtteil der Stadt Garbsen in der Region Hannover. Wir grenzen direkt an das Stadtgebiet von Hannover und im Norden an den Flughafen. Der Verein wurde 1912 gegründet und hat aktuell, überwiegend in der Abteilung Fußball, 952 Mitglieder. Unser Verein war schon 1990/91 eine Saison in der zweiten Liga und hat neben vielen Bundesligaprofis auch spannende Trainerkarrieren hervorgebracht, beispielsweise Volker Finke (SC Freiburg), Andre Breitenreiter (SC Paderborn, Schalke, Hannover 96) oder Jan Zimmermann (Hannover 96). Die bekanntesten Spieler aus dem Nachwuchs sind aktuell wohl die Eggestein-Brüder in Bremen.
sechzger.de: Die 3. Liga wird ja gerne als “Millionengrab” tituliert, aus dem man möglichst schnell aufsteigen muss. Natürlich wird das Ziel des TSV Havelse sein, sich erstmal dort zu etablieren. Aber wird mittelfristig tatsächlich sogar ein weiterer Aufstieg angestrebt oder ist die 3. Liga auch infrastrukturell das Ende der Fahnenstange?
Limbach: Für den TSV Havelse ist die 3. Liga vor allem wegen des notwendigen Umzugs in die HDI Arena ein Kraftakt. Das Wilhelm-Langrehr-Stadion war mal zweitligatauglich, ist aber aktuell aufgrund der Kapazität nicht zugelassen und auch nicht ausbaufähig. Damit sich der Verein weiter entwickeln kann, muss zuerst eine eigene Heimspielstätte in Garbsen entwickelt werden. Trotzdem nehmen wir die 3. Liga mit großer Vorfreude an, werden aber immer unserem Motto treu bleiben und wirtschaftlich vernünftig handeln.
sechzger.de: Apropos Infrastruktur: Ist der Umzug nach Hannover eine dauerhafte Lösung oder streben Sie einen Ausbau des Wilhelm-Langrehr-Stadions an?
Limbach: Wie schon gesagt ist ein Ausbau über die 3.500 Plätze rechtlich nicht möglich. Wir müssen uns nach einem neuen Standort umschauen, wenn wir 3. Liga-Fußball in Garbsen ermöglichen wollen.
“Wir sind überzeugt davon, dass das als Havelser Weg funktioniert”
sechzger.de: Nun spielt der “kleine” TSV Havelse also in der 3.Liga. Wie wollen Sie den anfallenden finanziellen Aufwand stemmen?
Limbach: Mit viel wirtschaftlicher Vernunft, mit guten Partnern im Sponsorenkreis werden wir da einen guten Weg finden. Wir waren auch schon in der Regionalliga seit Jahren einer der Vereine mit dem niedrigsten Etat.
sechzger.de: Bisher ist Havelse auf dem Transfermarkt noch nicht großartig in Erscheinung getreten. Seit vergangenem Montag steht Rüdiger Ziehl als neuer Trainer fest. Startet der TSV jetzt eine Transfer-Offensive?
Limbach: Mit Julius Düker vom SV Meppen, Fynn Arkenberg aus Rödinghausen und Linus Meyer aus Altglienicke haben wir drei Wunschspieler verpflichtet, die uns verstärken werden. Die Spieler müssen aber nicht nur sportlich eine Verstärkung darstellen. Sie müssen von der Mentalität zu uns passen und den Havelser Weg mitgehen wollen.
sechzger.de: Ihr Kapitän Tobias Fölster verriet in einem Interview mit liga3-online, dass in der Mannschaft viele Studenten und Berufstätige unter den Spielern zu finden sind. Ist Profifußball als Hobby überhaupt möglich?
Limbach: Wir sind überzeugt davon, dass das als Havelser Weg funktioniert. Die Jungs werden die Arbeitsbelastung reduzieren und gemeinsam bekommen wir das hin. Wir können da wohl eher von Teil- oder Halbprofitum sprechen.
Rund sechzig Bewerbungen für einen neuen Trainer
sechzger.de: Der Vorgänger an der Seitenlinie, Jan Zimmermann, gab seinen Wechsel zu Hannover 96 in die 2.Bundesliga bereits vor der Relegation bekannt. Beeindruckend, dass es dann trotzdem mit dem Aufstieg geklappt hat. Brachte das nicht unnötige Unruhe in das Vereinsumfeld?
Limbach: Jan Zimmermann hat sehr klar seinen Weg kommuniziert und alle bei uns, sowohl im Umfeld, als auch im Team mitgenommen. Wir freuen uns riesig über den Schritt für Jan und jeder bei uns gönnt es ihm von Herzen. Dass vorher das gemeinsame Ziel angenommen wird, war keine Frage und Unruhe bringt sowas bei uns in Havelse nicht.
sechzger.de: Viele Stimmen schätzten den Vertreter der Regionalliga Bayern stärker als den Vertreter aus dem Norden ein noch bevor dieser überhaupt feststand. Wie empfanden Sie das Niveau der Regionalliga Nord im Hinblick auf die bayerischen Vertreter? Stimmen Sie zu?
Limbach: Der 1. FC Schweinfurt 05 war ein sehr guter Vertreter des BFV und sie haben das erwartete spielerische Niveau auch auf den Platz gebracht. Ich finde Quervergleiche sehr schwierig und glaube, dass die Topteams jeder Regionalliga-Staffel auf einem vergleichbaren Niveau sind. Am Ende haben die beiden Spiele ein Ergebnis gebracht und mit dem sind wir sehr zufrieden.
sechzger.de: Sie haben rund sechzig Bewerbungen für den Trainerposten erhalten, eine schöne Zahl! Klingt aber auch nach viel Arbeit. Wie haben Sie sich unter so vielen Bewerbern entscheiden können?
Limbach: Aus den Bewerbungen haben wir uns am Ende drei Kandidaten herausgesucht, die am besten zu unserem Verein passen und bei denen wir uns eine Zusammenarbeit gut vorstellen konnten. Im Verlauf der Gespräche haben wir dann festgestellt, dass wir mit den ausgewählten Kandidaten auf dem richtigen Weg sind und wir haben uns am Ende für den Kandidaten entschieden, der uns mit seiner Art und seiner Idee am besten überzeugt hat.
sechzger.de: Ehrt sie das große Interesse am TSV Havelse?
Limbach: Wir sind darüber absolut begeistert und es ist schon ein Zeichen von Wertschätzung zu erleben, für wie viele Trainer, aber auch Spieler wir als Verein interessant sind.
Das bisher einzige Duell zwischen dem TSV Havelse und 1860
sechzger.de: Das letzte und einzige Aufeinandertreffen mit dem TSV 1860 München gab es für den TSV Havelse in der Relegation 1992. Am Ende stiegen die Löwen ab und Havelse nicht auf. Gibt es jemand bei Ihnen im Verein, der sich an diese Spiele noch erinnert oder sogar anwesend war?
Limbach: Der ehemalige Betreuer Horst Hardt und unser damaliger Pressesprecher Rolf Svete schwärmen im Rückblick noch von vielen besonderen Spielen in der Zeit, auch gegen die Löwen. Beide sind noch regelmäßig als Gäste im Stadion.
sechzger.de: Der SC Verl machte es letztes Jahr vor. Als recht unbekannter Aufsteiger begeisterte der Verein mit erfrischendem Offensivfußball und stellte sich schlussendlich als absolute Bereicherung in der 3.Liga dar. Planen Sie etwas ähnliches oder liegt diese Verantwortung ganz alleine beim neuen Trainer?
Limbach: Das ist das Thema von Rüdiger Ziehl. Er hat die Verantwortung und Freiheit, das so anzugehen, wie er es am erfolgversprechenden einschätzt. Aber der Weg des SC Verl war schon inspirierend für uns.
Limbach freut sich auf das Spiel vom TSV Havelse in Giesing
sechzger.de: Wie wirkt sich die unmittelbare Nähe zu höherklassigen Vereinen (insbesondere H96) auf den TSV Havelse aus? Hemmt das das Zuschauerinteresse oder kann Havelse auch davon profitieren?
Limbach: Die besondere Zeit in der Pandemie hat hoffentlich bei allen fußballinteressierten Menschen in der Region Hannover viel Lust auf Livesport im Stadion erzeugt und wir hoffen, dass wir gemeinsam mit Hannover 96 in der Fußballstadt Hannover viele Zuschauer im Stadion begrüßen dürfen.
sechzger.de: Gibt es (seitens der Fans) freundschaftliche Bande zu anderen Vereinen? Und wer ist eher nicht so gerne gesehen beim TSV?
Limbach: Wir haben natürlich eine besondere Beziehung zu Hannover 96. In der 3. Liga gibt es wenig Bezugspunkte zu den meisten Teams, da wir viele Jahre gegen die meisten nicht mehr gespielt haben. Für uns sind die Niedersachsenderbys gegen den VFL Osnabrück und den SV Meppen sehr interessant. Mit dem dritten niedersächsischen Vertreter pflegt unsere Stadt ja eine besondere Beziehung und dieses Spiel wird sicherlich am brisantesten.
sechzger.de: Zu guter Letzt: auf welche Begegnung freuen Sie sich am meisten?
Limbach: Das ist vielleicht eine sehr persönliche Einschätzung. Aber ich habe mir schon immer mal ein Pflichtspiel an der Grünwalder Straße und am Betzenberg gewünscht. Das werden sicherlich absolute Highlights.
sechzger.de: Vielen Dank für das Interview Herr Limbach und bis bald im Grünwalder Stadion, wenn der TSV Havelse zu Gast in Giesing ist!
Servus Jan, hier schreibt die Mutter von Dr. Matthias Limbach und ich bin begeistert, das eure Verbindung auf dieser Ebene wieder auflebt! Liebe Grüße, auch an deine Elter, von Monika Limbach
Ich habe mich auch sehr gefreut, dass es mit dem Interview geklappt hat 🙂 Richte ich natürlich aus!