Wer ist Otto Steiner?

In Folge 104 des Sechzger.de Talks gab es einen besonderen Gast: Otto Steiner. Zunächst zur Einordnung: Otto Steiner ist ehemaliger Vize-Präsident und Aufsichtsrat des TSV 1860 München. In letzter Zeit machte sein sehr kontroverses Interview in der SZ über den Ismaik-Einstieg die Runde. Schon dort bekräftigte er, dass er den Einstieg von Ismaik mittlerweile für einen Fehler hält. Laut ihm wäre die damalige fünftklassige Bayernliga die bessere Option gewesen, was bestimmt auch einige Fans heutzutage so sehen würden. Der BFV bestätigte den Löwen gemäß Steiner damals, dass der TSV 1860 nach einer Insolvenz in der 5.Liga hätte starten müssen/können/dürfen.

Wie kam Otto Steiner zur ARGE?

Im sechzger.de Talk wurde Steiner zu Beginn gefragt, wie die Verbindung mit der Fanclub-Vereinigung ARGE hergestellt wurde. Laut des Gastes in Folge 104 kam er durch seinen Kontakt Peter Leible (damals Marketing-Chef beim TSV 1860) zustande, der meinte „Otto wir brauchen dich in einem Gremium“. Zur gleichen Zeit kontaktierte ihn die ARGE, die er vorher nicht näher gekannt hatte. Steiner wurde so auch zum ersten Mal auf die anderen Vereinigungen wie Pro1860 und andere aufmerksam. Laut eigener Aussage wollte Steiner nie ein „Lagermann“ sein, welcher er dann aber wurde: der ARGE-Mann. Am Ende war er mit Karsten Wettberg Vize unter Präsident Albrecht von Linde. Es war eine Entscheidung, die spät nachts als Kompromiss getroffen wurde.

„Dann geht man so a bisserl naiv rein“

„Wenn du bei 60 von außen reinkommst und du kennst dieses ganze Geflecht nicht und diese Verbindungen von KGaA und e.V. und andere Ding nicht… Dann geht man da so a bisserl naiv rein.“

Eigentlich wollte Steiner nur als Fan und Geschäftsmann den TSV 1860 in offizieller Funktion unterstützen, aber es kam anders als er dachte. Je mehr er in die Materie eintauchte, desto kritischer wurde er gegenüber dem Kreditgeber Hasan Ismaik. Die Zusammenarbeit betrachtete er am Anfang noch positiv, bis er an dem Standpunkt endete, dass die Zusammenarbeit beendet werden müsse. Er landete sogar auf der sogenannten „Roten Liste“ der Investorenseite. Wie bekannt, schlug sich die ARGE auf die Investorenseite. Laut Steiner habe die ARGE für ihn „an Bedeutung verloren“. Damit hat er nicht unrecht: Die ARGE hat sich mittlerweile aufgelöst.

Die sogenannte „schweigende Mehrheit“ kam auch nicht gut weg. Steiner nannte Pro1860 „positiv gestimmt“ und „besser organisiert“. Der Gegenseite warf der Gast hingegen fehlende Eigeninitiative und Organisation vor.

Der Einstieg von Hasan Ismaik

Zu seiner Zeit im Aufsichtsrat des e.V., welcher mittlerweile dem Verwaltungsrat entspricht, wurde Otto Steiner ebenfalls befragt. Auf die Frage, wie es so lief, meinte Steiner. „90% der Aufsichtsratssitzungen sprach man über den Profifußball“. Lange wollte man damals eine Bankenlösung, welche die Zukunft des TSV 1860 München sichert. Kurz vor der Lizenzabgabe hatte man dies auch schon eingetütet, jedoch platzte diese, weil eine Bank kurzfristig absprang. Danach musste auf die Schnelle eine Lösung gefunden werden und diese hieß Hasan Ismaik. Auf die Frage, wieso das finanziell notwendig war und wie die Arena damit verbunden war, antwortete Steiner:

„In dem Arenavertrag wurde der 2. Liga Fall vergessen, anscheinend auch nicht gewollt, da die Löwen nicht absteigen werden, dass dann im Fall eines Abstieges die Kosten der Arena gesenkt werden“.

Zur Erinnerung: 6 Millionen Euro kostete den TSV 1860 pro Jahr! Laut Steiner war für die Einbindung der Fans hinsichtlich der Entscheidung, ob man Hasan Ismaik mit ins Boot nehmen wolle, nicht mehr genügend Zeit, da die Einladungsfristen zur Delegiertenversammlung zeitlich nicht mehr im Rahmen gewesen wären.

„Hasan Ismaik wusste nicht, was 50+1 ist“

Der Kontakt Ismaiks zu 1860 sei über Hamada Iraki, welcher über Uli Hoeneß auf die Löwen gestoßen war, zustande gekommen. Dem ehemaligen Manager und Präsidenten des FC Bayern sprach Steiner im Übrigen ein positives Zeugnis hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Löwen aus, da er konstruktiv und gegen den Untergang von 1860 handelte.

„Wusste Herr Ismaik, dass es in Deutschland sowas wie 50+1 gibt?” lautete die Frage, welche Otto Steiner ganz klar mit “nein” beantwortete. “Experten” hätten Ismaik damals übermittelt, dass er im Aufsichtsrat das letzte Wort haben würde und die Regeln bei einer Übernahme wie in England wären. Erst nach einem Treffen mit Steiner wurde ihm bewusst, dass dies nicht so sei. Ismaik soll darauf gepocht haben, über geheime Verträge mehr Macht zu bekommen. Dies wurde mit Verweis auf die Regularien der DFL entschieden abgelehnt. Ab diesem Zeitpunkt begann die bis heute andauernde Spaltung zwischen e.V. und KGaA. Teilweise wurde laut Steiner “wegen 100.000 Euro gestritten”. Nicht nur einmal haben diverse Aufsichtsräte (auch Steiner) sogar privates Geld reingeschossen, um Lizenzauflagen des TSV 1860 zu erfüllen. Die entsprechenden Beträge erhielten sie jedoch im selben Jahr zurück.

„Der Dialog ist daran gescheitert, da es nie einen gab“

Damals, als die Kommunikation des Investors noch nicht ausschließlich über Social Media erfolgte, reisten Vereinsvertreter aus München noch persönlich nach Abu Dhabi. Die Treffen dort verliefen jedoch auch unbefriedigend, teilweise ließ Ismaik seine Gäste stundenlang warten.

Noch heute finde kein Dialog zwischen den Gesellschaftern statt, der diese Bezeichnung verdiene. Er habe zwar Jahre lang des Bemühen seitens des Vereins wahrgenommen und wolle, diesem deswegen keine Vorwürfe machen, doch scheinbar sei eine direkte Kommunikation seitens Ismaiks nicht erwünscht. Er glaube zwar schon, dass Ismaiks Statthalter Saki Stimoniaris diesbezüglich auf den Mehrheitsgesellschafter einwirken wolle, dass dieser jedoch keinerlei Einfluss habe.

Einen professionellen Plan habe die Investorenseite heute noch nicht, so Steiner. Vielmehr stelle Ismaik lediglich finanzielle Mittel zur Verfügung, um seine eigene Firma nicht bankrott gehen zu lassen.

„Die letzten 20 Jahre war sicherlich nicht alles gut“

Während Ismaik oft bis zum letzten Moment wartete, um benötigte Mittel zu überweisen, da laut dessen Meinung nur “Dilettanten am Werk” seien, welche nicht gut mit seinem Geld umgehen würden, nahm man dieses Vorgehen von Vereinsseite mitunter so auf, dass Entscheidungen im Interesse Ismaiks erpresst werden sollen.

Robert Schäfer und Dieter Schneider waren nach Angaben Steiners die ersten, die alle Schulden des TSV 1860 offenlegten. Jede Tretmiene, jede Bombe und jeder Kredit der letzten Jahre wurde ausgegraben.

Auf Investorenseite hingegen lebte man laut Steiner an der Realität vorbei und schmetterte die Verpflichtung des potentiellen Sportchefs Marc Arnold ab, nur um später mit Sven-Göran Eriksson und Ian Ayre Namen ins Spiel zu bringen, die meilenweit an den Bedürfnissen eines finanziell klammen Zweitligisten vorbeizielten. An dieser Einstellung habe sich bis heute nichts geändert, so Steiner, und verwies in diesem Zusammenhang auf die Trainersuche nach der Entlassung Michael Köllners. Günther Gorenzel wurde da als Hauptschuldiger dargestellt, der es nicht auf die Reihe brachte, einen Nachfolger zu präsentieren, doch Steiner kann sich gut vorstellen, dass auch der jetzige Geschäftsführer Sport dazu angehalten wurde, diverse Optionen vorzustellen.

Was macht Otto Steiner aktuell?

Nachdem Otto Steiner nicht mehr gewählt wurde, strebte er kein weiteres Amt beim TSV 1860 an. Er wollte wieder Fan sein und sich nicht wieder einmischen (müssen). Zudem genieße er es, mit seinen Kindern und Neffen ins Grünwalder Stadion zu gehen und die Giesinger Kneipen zu besuchen. Insgesamt spricht Steiner sehr positiv über das Stadion in Stadtlage und lässt wenige gute Wort über die Arena in Fröttmaning. Er stellt jedoch auch klar, dass ein Stadion mit mindestens 24.000 Zuschauern hermüsse, jedoch seien 30.000 das Maximum, da man sonst wieder leere Plätze hätte.

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Möstle

“Robert Schäfer und Dieter Schneider waren nach Angaben Steiners die ersten, die alle Schulden des TSV 1860 offenlegten. Jede Tretmiene, jede Bombe und jeder Kredit der letzten Jahre wurde ausgegraben.” Das muss man sich leider auch eingestehen. Die finanziellen und vertraglichen Hinterlassenschaften von Karl-Heinz Wildmoser senior waren eine Vollkatastrophe. Ein Umstand, den die Bewunderer seiner Politk gern verdrängen. Sie verehren eine barocke Phantasiefigur und verbinden mit ihr selige Bundesligazeiten. Aber sein Erbe wurde zur schwersten Hypothek.

Last edited 11 Monate zuvor by Möstle
Randpositionslöwe

Und er selbst war dazu in den 5 Jahren davor weder willens noch fähig? Otto Steiner schönt sich m. E. alles so, wie es ihm passt. Und seine Sacharbeit zwischen 2006 und 2011 hat uns mit in das Problem gebracht, welches wir jetzt haben. Da sollte er seine Kritik ansetzen. Aber das lässt er ja aus.

United Sixties

Einsicht ist der Weg zu Mlarheit und Vernunft , was die Zukunft angeht. Mitschuld in den Jahren 2006-2012 ist unverrückbar und leider fatal für die KGaA. Warum z.B. erst so spät „jeder Stein umgedreht“ wurde um den wahren Schuldenstand ( nach KHW) zu erfahren ist für einen Aufsichtsrat schwer nachzuvollziehen oder entschuldbar. Hier liegt die Ursache !
Aber jeder aufrechte Löwe hat eine zweite Chance verdient und darf auch gern mithelfen den überfälligen Umbau des dann „Neuen Sechzgerstadion“ endlich zu realisieren.

Martin60

Ich kenne Otto Steiner aus meiner ARGE Zeit persönlich. Für mich war er immer ein Mann der “Mitte”. Das er damals von Pro abgelehnt wurde, war ein Fehler…..er kam ja von der ARGE und war damit unwählbar!

age

Das mag sein, leider wurde die ARGE bereits durch KHW zu stark instrumentalisiert.
Dadurch sind sicherlich der ein oder andere potentielle Kandidat (auch der Mitte) auf beiden Seiten boykottiert worden.
Aber hinterher ist man immer schlauer.

Benjisson

Na ja….die ARGE war halt damals das was Sie zum Schluss auch waren und zwar nicht wählbar.

Kraiburger

Mea Culpa,

ich habe immer noch keine Stunde Zeit gefunden, mir die Folge anzuhören.

Im Wahlkampf 2006 war ich aktiv beteiligt, als wir von Pro den ARGE-Präsidenten Steiner verhindern wollten. Interessant, was seitdem alles passiert ist. Und was auch ich heute anders machen würde.

Umso mehr interessiert es mich, was er zu sagen hat.

Ob er sich wieder in Stellung bringen will indem er alle neuerlich umarmt?

Stefan Kranzberg

Ich kann Dir nur raten, Dir die Folge in Gänze anzuhören.

Dass er nochmal ein Amt übernehmen möchte, glaube ich persönlich nicht.