An diesem Wochenende startet der TSV 1860 in die Vorbereitung auf die Saison 2023/24. sechzger.de blickt in diesen Tagen auf die abgelaufene Spielzeit zurück und einige Redakteure präsentieren Euch ihre persönlichen Highlights und Enttäuschungen. Heute lest Ihr den Saisonrückblick von Christian Jung.
Saisonrückblick von Christian Jung
Welches war Dein Löwenspiel der Saison?
Da fallen mir sofort die ersten beiden Saisonspiele ein: Der Liga-Auftakt in Dresden mit seiner ganzen Dramatik auf dem Rasen, riesigem Support im Gästeblock, lustiger Anreise mit dem 9-Euro-Ticket und dem 4:3-Sieg beim Zweitligaabsteiger, der die vorsaisonalen Ankündigungen und Erwartungen direkt weiter befeuerte.
Sechs Tage später kamen dann die Profis von Borussia Dortmund zu einer extrem stimmungsvollen Pokalnacht nach Giesing. Sportlich war da zwar leider nichts zu holen für unsere Löwen, außerdem verletzte sich Marcel Bär in diesem Spiel schwer, was dramatische Auswirkungen auf den Saisonverlauf haben sollte. Aber vom Drumherum und der Atmosphäre war das ein genialer Abend auf Giesings Höhen!
Wer war Dein Spieler der Saison?
Obwohl sich der Mann in den letzten Wochen bei wahrscheinlich allen Löwenfans extrem unbeliebt gemacht hat, weil er tatsächlich zum Plastikverein rund 90 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt wechselt, bleibt er mein Spieler der Saison. Er zeigte – als vielleicht einziger – in dieser Spielzeit immer volle Einsatzbereitschaft und versuchte oft, voran zu gehen und seine Mitspieler mitzureißen: Yannick Deichmann.
Nun können wir hinter diese Personalie dann aber gerne einen Haken machen.
Was oder wer war für Dich die Überraschung (positiv/negativ) der Saison?
Als positive Überraschung würde ich hier Marius Wörl benennen, der sich sehr weiterentwickelt hat, was in letzte Konsequenz nun ja auch zu seinem Wechsel nach Hannover geführt hat.
Negative Überraschungen gab es ja leider einige. Aber die Bedeutendste war für mich der Wandel von Michael Köllner (oder war es nur ein Offensichtlichwerden seines wahren Charakters?). Für viele begann das ja schon vor der Saison, als er so vehement Neuverpflichtungen einforderte und seinen persönlichen Verbleib bei 1860 damit verknüpfte. Damals verteidigte ich ihn noch vehement gegen alle Kritk. In meinen Augen wurde es mit Köllner aber dann quasi von Woche zu Woche schlimmer, als er immer mehr in seine eigene (Schein-)Welt abdriftete. Irgendwie traurig – und damit sehr passend zu dieser ganzen Saison.
Was war für Dich das schönste Tor der Saison?
Wie bei meinem Jahresrückblick 2022 nenne ich hier den Treffer von Marcel Bär zum 1:4 in Dresden. Warum? Keine zwanzig Sekunden vergingen zwischen dem Anstoß nach dem Anschlusstreffer der Hausherren, als sicher viele auf den Rängen und vor’m TV davon ausgingen, dass Dynamo nun nochmal richtig ins Spiel zurückkommen würde. Dann schlugen schlugen die Löwen eiskalt zurück – riesiger Jubel und Erleichterung im Gästeblock.
Welches Spiel der Löwen heim/auswärts bleibt Dir in Erinnerung und weshalb?
Bei aller Enttäuschung über den Saisonverlauf gäbe es – zum Glück – da doch wieder einige zu nennen. Neben den oben erwähnten Auftaktspielen in Dresden und gegen den BVB fällt mir spontan der Auftritt in Dortmund (bei deren Zweitvertrtetung) ein. Im riesigen Westfalenstadion. Für mich eine Wiederkehr nach 28 Jahren. Beeindruckend, welche Stimmung die Löwenfans in das quasi leere Stadion zauberten. Persönlich erinnere ich mich daran besonders, weil tags zuvor und danach noch zwei andere interessante Stadionbesuche in der Gegend (Standard Lüttich bzw. Schwarz-Weiß Essen) und der Besuch des BORUSSEUMS mit einem sehr netten Redaktionskollegen auf der Agenda standen. Nachzuhören ist das ganze übrigens im sechzger.de-Talk 75.
Am Ende stand Platz 8. Zufrieden oder traurig?
Absolut und uneingeschränkt: Maximal enttäuscht. Und insofern auch traurig. Das habe ich mir vor einem Jahr ganz anders vorgestellt.
Jacobacci schwer einzuschätzen
Wie schätzt Du die Arbeit von Maurizio Jacobacci und seinem Trainerteam ein?
So richtig schlau werd‘ ich aus Jacobacci noch nicht. Ich finde seine Art zu kommunizieren teilweise sehr unkonventionell – mal ganz ohne Wertung. Was er mit der – doch ganz schön zurückgestutzten – Mannschaft letztlich zu leisten im Stande ist, bleibt abzuwarten. Ob er mit seiner Art die eher unerfahrene und junge Truppe erreicht, wird die Schlüsselfrage sein.
Was wird Dir von der Saison 2022/23 besonders in Erinnerung bleiben?
Ein Start voller Hoffnung und Euphorie, eine scheinbar unendliche Serie kompletter Fehlentwicklungen auf sämtlichen Ebenen und ein absolut ernüchterndes Ende. Das wird bleiben.
Für mich persönlich hat sich in dieser Saison privat sehr viel verändert, was ich tatsächlich auch immer mit 22/23 in Verbindung bringen werde.
Von welchem Spieler erwartest Du Dir in der Saison 2023/24 besonders viel?
Von keinem einzelnen, sondern von der ganzen Mannschaft. Dass sie sich für den Löwen auf der Brust in jedem Spiel zerreißt und vielleicht alle Skeptiker überraschen kann.
Den Totopokal wieder ernst nehmen, bitte!
Was ist Dein dringendster Wunsch in Bezug auf den TSV 1860?
Dass in der neuen Saison der Totopokal ernster genommen wird, als in den beiden Spielzeiten zuvor! Nachdem wir ja im Herbst (nach dem Aus in Illertissen) noch vermuteten, dass wir in dem Wettbewerb so schnell nicht mehr antreten werden.
(Diese Antwort klammert ganz bewusst Themen wie Vereinspolitik, Gesellschafter-Streit, und Stadion-Problematik aus. Bei den Punkten habe ich es mir inzwischen abgewöhnt, mir Wünsche zu überlegen, die dann doch nicht erfüllt werden)
Deine Prognose für den Mai 2024: Wo landen die Löwen in der 3. Liga?
Aktuell gehe ich von Abstiegskampf bis weit ins Frühjahr hinein aus. Aber vielleicht gelingt uns ja – wie schon manchmal in unserer bewegten Geschichte – eine Überraschung und die Mannschaft schnuppert ein wenig an die Spitzenplätze. Käme nach aktuellem Stand einer Sensation gleich. Mit dem Aufstieg werden wir aber am Ende sicher nichts zu tun haben.
Hast Du noch sonstige Anmerkungen oder Wünsche?
Meine Wünsche betreffen sechzger.de: Ich hoffe, dass wir unsere Arbeit so fortsetzen können, wie in den letzten dreieinhalb Jahren und dass die extrem engagierten und fleißigen Redaktionskollegen weiter die wirklich bewundernswerte Energie für das Projekt aufbringen. Großer Dank geht an dieser Stelle an genau die Leute, die sich sicher angesprochen fühlen.
Die weiteren Rückblicke der Redaktion auf die Saison 2022/23: