Der Vorbericht zum heutigen Auftritt der Löwen beim Aufsteiger aus dem Saarland

Die folgenden (ersten) Zeilen dieses Vorberichts zur Partie Saarbrücken gegen den TSV 1860 München entstanden, noch ehe am Donnerstag Abend entschieden wurde, das heutige Spiel in Völklingen auszutragen. Gleichwohl wir Löwen mit diesem neu festgelegten Spielort ja viele emotionale Erinnerungen verbinden, soll an dieser Stelle dennoch – wie geplant – auch das jahrelange Hin- und Her um den Saarbrücker Ludwigspark ein wenig beleuchtet werden. Der Grund für die kurzfristige örtliche Verlegung des Spiels fügt sich nahtlos in eine traurige Stadiongeschichte ein…

Das Drama im und um den Ludwigspark

Vor über 15 Jahren, am 11. Dezember 2005, gastierte der TSV 1860 München zum letzten Mal im altehrwürdigen Ludwigspark in Saarbrücken. Und erspielte beim Tabellenvorletzten vor 7.000 Zuschauern ein müdes 0:0. Der 1. FC Saarbrücken verabschiedete sich am Saisonende in die Dritt-, dann Viert- und später sogar Fünftklassigkeit.
Das später folgende Drama um den angestammten Spielort des FCS grenzt in seiner Tragik wahrscheinlich sogar an die häufig gestellte Stadionfrage bei unserem Verein. Nachdem sich Stadtrat und saarländische Landesregierung im Januar 2013 zu einer Renovierung des in die Jahre gekommenen Ludwigsparks durchgerungen hatten, ging es drei Jahre später endlich los und die Bagger rollten an. Zum Rückrundenauftakt 2016 musste sich der Verein auf die Suche nach einer neuen Spielstätte machen. Nach diversen Unstimmigkeiten und Absagen (so weigerten sich beispielsweise die Sicherheitsorgane, Pirmasens als Spielort für die Blauschwarzen zu akzeptieren), fand im März 2016 das erste „Heimspiel“ im Hermann-Neuberger-Stadion in Völklingen statt. Nur eineinhalb Jahre sollte planmäßig der Aufenthalt im Exil dauern, im Jahr 2018 wollte man wieder zurück in der frisch renovierten Heimstätte sein. Im Herbst 2016 waren die nötigen Abrissarbeiten von Teilen der alten Tribünen abgeschlossen. Im Frühjahr 2017 folgte dann der Schock: Wegen unerwarteter Kostensteigerungen wurde ein Baustopp verhängt und für über ein Jahr passierte auf der Baustelle erstmal gar nichts mehr. Die nachfolgende Ludwigspark-Impression datiert vom Mai 2018, als unsere Löwen zum unvergessenen Aufstiegsspiel in Völklingen gastierten.

Saarbrücken TSV 1860 Ludwigspark
Auch heute wird die Partie Saarbrücken – TSV 1860 nicht im Ludwigspark stattfinden

Verzögerung und Kostenexplosion

Im August 2018 wurde dann endlich der Grundstein für die Neubauten der abgerissenen Tribünen gelegt und ein Jahr später sollte deren Bau fertig sein, sodass der 1. FC Saarbrücken zum Saisonauftakt 2019/20 in den Ludwigspark zurückkehren wollte. Dazu kam es bekanntermaßen nicht. Erneute Kostensteigerungen, Unklarheiten, wer zahlreiche Fehlplanungen zu verantworten habe und politisches Gerangel verzögerten den Umbau immer weiter. Im Februar 2020 waren die sieben Jahre zuvor veranschlagten Kosten von rund 20 Millionen bereits auf das fast Dreifache angewachsen. Dass der 1. FC Saarbrücken am 26. September letzten Jahres beim ersten Drittligaheimspiel gegen Hansa Rostock nach über 1700 Tagen wieder in sein Stadion zurückkehren konnte, ist im Prinzip Covid-19 zu verdanken: 900 zugelassene Zuschauer fanden im immer noch nicht ganz fertig renovierten Stadion Platz und bejubelten dabei gewiss nicht nur einen 2:0-Sieg des Aufsteigers.

Weitere Probleme am Fußballplatz des FCS

Die geschilderte und gefühlte Never-Ending-Story um den Umbau des Ludwigsparks hat im Laufe dieser Saison nun noch ein weiteres Kapitel hinzugefügt bekommen: Die Partie der 19. Runde gegen Zwickau Mitte Januar fiel dem schneebedeckten Rasen zum Opfer, womit der FCS sowohl an der ersten Spielabsage dieses Saison wegen Corona (im Oktober in Duisburg), als auch an der Premierenverschiebung wegen des Winterwetters beteiligt war. Der Rückrundenauftakt gegen den VfB Lübeck eine Woche später wurde dann ganz kurzfristig nach Frankfurt (in die PSD-Bank-Arena des FSV) verlegt. Wegen eines „vorherrschenden Nässeproblems in diversen Bereichen des Spielfelds,“ wie der Stadtrat der saarländischen Hauptstadt mitteilte, war an Fußball im Januar nicht zu denken. Dieses Problem gehört zu einer langen Mängelliste rund um den Stadionumbau, die Verein und Stadt wohl noch eine Weile in Atem halten wird. Auch das Nachholspiel gegen Zwickau am Mittwoch dieser Woche wurde kurzfristig abgesagt. Eine erneute Verlegung in die Bankenmetropole stand aber weder für das Duell mit den Schwänen, noch mit unseren Löwen zur Debatte. Seit Donnerstag Abend ist nun klar: Die Löwen spielen heute Nachmittag im Hermann-Neuberger-Stadion zu Völklingen.

Der bisherige Saisonverlauf für den FCS

Und sie treffen dort auf einen Aufsteiger, der trotz der fehlenden Zuschauer mit einer ordentlichen Portion Euphorie in die Saison gestartet war, inzwischen aber auf dem Boden der Drittligarealität angekommen zu sein scheint. Der Saisonverlauf der Saarbrücker erinnert ein wenig an jenen des Neulings aus Mannheim in der Vorsaison. Nach einem Unentschieden zum Start beim Mitaufsteiger Lübeck folgten vier Siege in Serie. Von den ersten 13 Spielen gingen nur zwei verloren. Die Stärke dieses Liganeulings aus Saarbrücken erfuhr auch der TSV 1860 bei der schmerzlichen 1:2-Heimniederlage am 21. Oktober auf Giesings Höhen.  Berücksichtigt man die Nachholspiele in der Tabelle, so führten die Saarländer zwischen Runde 3 und 13 die Tabelle alleine an. Spätestens mit Beginn der Adventszeit war es mit der blau-schwarzen Herrlichkeit jedoch vorbei und in den letzten zwölf Partien gelangen nur noch zwei Siege – und zwar bei den derzeit heißesten Anwärtern auf den Abstieg aus der Liga aus der Münchner Vorstadt und aus Magdeburg.

Die Posse um Trainer Kwasniok

Zur – nennen wir es beim Namen – sportlichen Normalisierung für einen Aufsteiger, die im typisch aufgeregten Umfeld eines solchen Traditionsvereins dann dennoch das Heer der Kritiker auf den Plan ruft (das kennen wir irgendwoher, oder?), kam zuletzt noch die wenig glückliche Geschichte rund um die Vertrags-Nichtverlängerung von Coach Lukas Kwasniok. Der gebürtige Pole hatte das Team Anfang 2020 von Vorgänger Dirk Lottner übernommen und stand bis zum Corona-Lockdown in der Regionalliga Südwest nur dreimal an der Seitenlinie, ehe im Sommer am grünen Tisch der Aufstieg des Tabellenführers beschlossen wurde. Zwischenzeitlich erreichte er noch als erster Viertligist überhaupt das Halbfinale im DFB-Pokal. Für den ambitionierten Coach ist die 3. Liga nur eine Zwischenstation: “Ich habe im Dezember entschieden, meinen Vertrag über die laufende Spielzeit hinaus nur im Falle eines Aufstiegs in die 2. Bundesliga zu verlängern,“ erklärte er Anfang dieses Monats. Für die Verantwortlichen beim FCS war dieses Ultimatum jedoch keine Option und man plant an der Saar für die kommende Saison mit einem neuen Übungsleiter. Man darf sehr gespannt sein, wie sich diese Geschichte auf das Klima im Team auswirkt und ob der 39-jährige Kwasniok die laufende Spielzeit an der Saarbrücker Seitenlinie auch wirklich beenden wird.

Gesamtbilanz zwischen Saarbrücken und dem TSV 1860

Die beiden Gründungsmitglieder der Bundesliga treffen heute zum insgesamt 23. Mal aufeinander. Zehn Löwensiegen stehen insgesamt acht Unentschieden und nur vier Erfolge für die Gastgeber gegenüber. In immerhin neun Partien (5x 2. Liga, 2x Bundesliga, 1x DFB-Pokal, 1x Relegation zur 3. Liga) auf saarländischem Boden konnte der Gastgeber gegen den TSV 1860 nicht gewinnen. Nur im Sommer 1974, im Dezember 1978 und im November 2004 gelang dem FCS ein Heimtriumph über die Löwen – natürlich im Ludwigspark. Beste statistische Voraussetzungen also heute für eine Revanche für das oben schon angesprochene Hinspiel aus dieser Saison.

Saarbrücken TSV 1860 Ticket 1991/92
Saison 1991/92: Saarbrücken – TSV 1860 im Ludwigspark

Löwen wollen die Ladehemmung abschalten

Für das Team von Michael Köllner geht es heute auch darum, wieder einmal den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen. Direkt mit dem Anpfiff in Völklingen beginnt die 210. torlose Minute für Sechzig. Dies stellt unter dem Löwendompteur, der seit November 2019 im Amt ist, einen neuen Rekord dar. Zuletzt hatten wir im Juni insgesamt 188 torlose Minuten mit den weiß-blauen Nullmummern gegen Rostock und Viktoria Köln durchlitten. Deutlich mehr, nämlich satte 392 Minuten mussten die Löwenfans im Frühjahr 2019 in der ersten Drittligasaison auf einen Treffer warten, als das Team von Daniel Bierofka insgesamt vier komplette Spiele ohne eigenen Torerfolg blieb und dabei auch noch jeweils den Kürzeren zog. Wenn es heute Nachmittag dann wieder mal in Gegners Kasten klingelt, dann erfahrt Ihr das natürlich im Liveticker von sechzger.de. Wir sind für Euch wie immer vor Ort.

TITELFOTO: Wolfgang Budack

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