Ob das, was da heute Abend auf dem Rasen des Sechzgerstadions über die Bühne geht, ein Derby oder ein „kleines Derby“ oder ein „Pseudo-Derby“ oder was auch immer ist, darüber gehen die Meinungen in der Fanlandschaft der Löwen auseinander.

Auf jeden Fall ist es ein Prestigeduell, ein Spiel, das die Stadt elektrisiert und tagesaktuell auch noch von hoher sportlicher Bedeutung für unseren Verein ist: Obwohl man mit dem in dieser Saison Erreichten schon hochzufrieden sein darf, nachdem angebliche Fußballexperten vor knapp einem Jahr den sicheren Abstieg im Frühsommer 2020 vorhersagten, nachdem zahlreiche ganz Gescheite nach Bieros Demission Anfang November den Fortbestand des ganzen Vereins in Frage stellten.

Obwohl aktuell sportlich also im Prinzip alles „in Butter“ ist, geht es heute schon um ein wenig mehr, als nur darum, die Zweitvertretung der Roten in ihre Schranken zu weisen. Eigentlich bleiben die Löwen nur mit einem Sieg im Rennen um den Aufstieg. Zwei Punkte würden 1860 im Erfolgsfall vom Relegationsrang trennen, der – je nach Ergebnis in Ingolstadt heute Abend – vom MSV Duisburg, Waldhof Mannheim oder den Schanzern (die beiden heute im direkten Duell) belegt wird. Und Letztgenannte kommen zum Saisonfinale noch nach Giesing…

Sechzigs Erste gegen der Roten Zweite stand in der Münchner Fußballgeschichte noch gar nicht so oft auf dem Spielplan. Insbesondere im Vergleich mit den vielen Amateurderbies und natürlich den echten Duellen um die Stadtmeisterschaft. Zum 26. Mal duellieren sich heute Abend die Löwenprofis mit deren sogenannten „Amateuren“, was bei genauer Betrachtung des Kaders und der finanziellen Ausstattung der Truppe aus der Seitenstrasse natürlich ein völlig irreführender Begriff ist.

Das erste Spiel dieser Art fand am 21. August 1982 in der Bayernliga statt, in die die Löwen nach dem Lizenzentzug zwangsabgestiegen waren. 10.000 Zuschauern kamen ins Sechzgerstadion und sahen ein 2:0. Kurioserweise kam es keine zwei Monate später, am 16. Oktober 1982 in der 2. Hauptrunde des DFB-Pokals schon wieder zu diesem Duell. Vor 8.000 Zuschauern, diesmal im Olympiastadion siegten die Löwen mit 1:0 und zogen in die nächste Runde ein.

Insgesamt ist die Bilanz positiv: In drei Pokalspielen (2x in der Qualifikation), 20 Bayernligaduellen, zwei Regionalligatreffen und einem Drittligaspiel ging der TSV 1860 elfmal als Sieger vom Platz, zehnmal trennte man sich unentschieden (so auch im Hinspiel dieser Saison im November 2019) und nur viermal jubelten die kleinen Roten. Zwei der vier Pleiten resultieren allerdings aus jüngster Vergangenheit, aus der ansonsten ja allen Löwenfans in sehr positiver Erinnerung gebliebenen Saison 2017/18.

Der kicker, angeblich Deutschlands Fußballfachmagazin kennt all diese Zahlen übrigens nicht. Für ihn ist das heute erst das fünfte Auseinandertreffen von 1860 und Bayern II. Zwei Pokalspiele und zwanzig Duelle in der Bayernliga werden dort einfach ignoriert.

Zum ersten Mal in der Sportgeschichte unserer Stadt findet ein Spiel zwischen München Blau und München Rot heute Abend als Geisterspiel statt, allerdings elektrisierte das Duell zwischen uns und deren Zweitvertretung in der Vergangenheit keineswegs immer die Münchner Massen. Am 19. April 1988 wollten nur rund 400 Menschen mehr ins Stadion kommen, als heute Abend rein dürfen. Viel verpassten sie damals nicht: Die Löwen unterlagen mit 1:2. Mit einem vergleichbaren Ergebnis heute Abend, an das wir mal nicht denken wollen – würden uns die Roten in der Tabelle um neun Punkte enteilen und wären damit definitiv in der Abschlusstabelle der 3. Liga am 4. Juli vor uns.

Es geht in gut zwölf Stunden also nicht nur um den aufrechten Gang zum Bäcker am Donnerstag in der Früh, sondern auch um ein paar Details, die aus der aktuell schon guten Saison eine sehr gute machen könnten. Auf geht’s Löwen, macht uns Fans zu Hause vor den Bildschirmen glücklich und zwingt die Roten in die Knie!

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