Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel unseres TSV 1860 München gegen den BTSV Eintracht aus Braunschweig.
Mit zuletzt drei beeindruckenden Siegen ohne Gegentor in den letzten drei Spielen kommt mit den anderen Löwen der Liga von Eintracht Braunschweig ein ganz schöner Brocken auf den TSV 1860 München zu.
Trainer Michael Schiele ließ die Eintracht bisher zweimal im 4-1-3-2 antreten. Danach wurde zum beliebtesten System der Liga gewechselt. 4-2-3-1 ist seit der Niederlage gegen Viktoria Berlin im zweiten Saisonspiel die Devise.
Im Gegensatz zu vielen anderen Trainern legt aber Schiele das Hauptaugenmerk im 4-2-3-1 nicht auf das Spiel gegen den Ball, sondern auf die offensive Entfaltung. Meist bekleiden die Außenpositionen im Mittelfeld gelernte Außenstürmer. Damit vernachlässigt man auf den ersten Blick zwar ein wenig die Defensive. Fakt ist aber auch, dass das Stellungsspiel der Braunschweiger derart gut ist, dass die Mängel in der defensiven Zweikampfführung auf den Außenbahnen meist kompensiert werden können.
Fakt ist auch: die Gegner kommen durchaus zu Torchancen. Die Hälfte derer sind in bisher jedem Spiel Schüsse aus dem Strafraumzentrum. Allerdings waren, außer für die Viktoria aus Berlin, die in Braunschweig ein 4:0 erzielen konnte, Torhüter Fejzic und die Braunschweiger Abwehr unüberwindbar. Vier Mal in fünf Ligaspielen konnte Eintracht Braunschweig die Null halten.
Die wichtigsten statistischen Werte der Braunschweiger
- Ballbesitz 49%
- Passgenauigkeit 81%
- Defensive Zweikampfquote 57%
- Flankengenauigkeit 36%
- PPDA (Zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 8,91
Offensiv lässt Michael Schiele mit dem Personal, das ihm zur Verfügung steht, das 4-2-3-1 zu einem 3-4-3 verschieben. Dabei schiebt bisher aus der Abwehrreihe zunächst einer der Außenverteidiger mit ins Mittelfeld vor. Beide Mittelfeldaußen schieben vor, einer davon asymmetrisch, sodass zwei Stürmer im Zentrum anspielbar sind.
Im letzten Drittel taucht Braunschweig auch gerne mit fünf offensiven Spielern auf einer Linie vor dem gegnerischen Strafraum auf. Speziell, wenn beide Außenverteidiger im Lauf einer Offensivaktion mit nach vorne gehen und die Mittelfeldaußen das Zentrum verstärken, sorgt das für extremen Stress in der Abwehr, bei dem dann im Optimalfall für die Braunschweiger Stürmer die korrekte Zuordnung verloren geht.
Gegen den Ball ist vor allem das mit Gardemaß ausgestattete Abwehrbollwerk ein Garant dafür, dass die Anspiele der Gegner, wenn sie hoch in die Box kommen, keine Gefahr für das von Fejzic gehütete Tor darstellen. Auch bei der Verteidigung von Standards zeigt sich die Eintracht-Defensive bisher felsenfest.
Bei Angriffen, die auf dem Boden flach, schnell und präzise durchgezogen werden, offenbaren die Braunschweiger jedoch durchaus die ein oder andere Schwäche. Das Spiel unter der Woche sah in der ersten Halbzeit die später mit 3:0 unterlegenen Verler klar als die Mannschaft mit eindeutigeren Möglichkeiten, die sich in Halbzeit zwei durch einen Torwartfehler und ein Eigentor selbst schlug.
Wie kann man Eintracht Braunschweig knacken?
Die oberste Devise, wie in allen Spielen, ist volle Konzentration in der Defensive. Vor allem gilt das bei hohen Flanken und hohen langen Bällen. Die Braunschweiger Mannschaft verfügt über viele große Spieler. Mittelstürmer Lauberbach überragt beispielsweise mit 1,94 m alle Spieler des TSV 1860 München. Diese Luthoheit zeigt sich auch bei der Flankengenauigkeit, die mit 36% um elf Zähler höher liegt als beispielsweise bei den Löwen.
Offensiv müssen die Sechzger gegen die Braunschweiger sehr intelligent agieren, um was zu reißen. Die technischen Möglichkeiten, die der TSV 1860 München mit den schnellen quirligen Spielern wie Neudecker und Lex hat, muss man gegen die großen Brocken in der Braunschweiger Verteidigung klug einsetzen.
Die Brechstange ist gegen eine Abwehr, bei der die Durchschnittsgröße bei 1,85 m liegt, wenn man den tiefen Sechser und Krauße im defensiven Mittelfeld mitzählt eher nicht angesagt. Die alte Weisheit: “flach spielen, hoch gewinnen!” wird zwar nicht ganz zum Tragen kommen. Wenn wir das hoch aber rauslassen, reicht es mir auch schon.
Die Stärken und Schwächen des 4-2-3-1
Die Stärken
Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.
Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.
Die Schwächen
Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren. Das liegt daran, dass die Wege um einen Spieler zu doppeln relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.
Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorn ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich durch dessen Fehlen für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.
Die Schlüsselspieler
Der Keeper
Torwart Jasmin Fejzic (#16) ist abgesehen vom Spiel gegen Viktoria Berlin, als er sich vier Stück einfing, bisher in allen Partien absolut fehlerlos und ein sicherer Rückhalt seines Teams. Er hat keine Schwächen. Eine besondere Stärke sind seine sehr guten Reflexe. Ihn zu überwinden gelingt wahrscheinlich nur mit tatkräftiger Hilfe seiner Vorderleute.
Abwehr
Innenverteidiger Brian Behrendt (#30) gewinnt bisher 91% seiner Zweikämpfe und ist im Verbund mit dem 1,94 m großen Michael Schultz eine Bank in der Abwehrzentrale. Auch seine Pässe zur Spieleröffnung kommen sicher an. Die einzige Schwäche ist ein etwas langsamer Antritt. Bei gutem Stellungsspiel fällt dieser aber kaum ins Gewicht.
Mittelfeld
Robin Krauße (#39) im defensiven Mittelfeld ist der offensivere der beiden Sechser. So gehen die meisten Angriffe, die übers Zentrum eingeleitet werden, über ihn. Aber auch als Vorlagengeber trat er schon zweimal in Aktion. Abgesehen von einer gewissen Schwäche bei Kopfballduellen, die seiner Größe geschuldet sein dürfte, ist er ein kompletter defensiver Mittelfeldspieler, der über genügend technische Qualitäten verfügt, um auch nach vorne entscheidend mitzuwirken.
Der erst 22-jährige Yari Otto (#11) auf der Position hinter der Spitze ist ein genialer Techniker, der mit einem guten Auge für die Mitspieler und deren Laufwege, einer hohen Grundschnelligkeit sowie einem schnellen Antritt gesegnet wurde. 50% seiner Dribblings bringt er durch. Von zehn Pässen, die er spielt, kommt nur einer nicht dort an, wo er hin soll. Ihn nicht ins Spiel kommen zu lassen wird ein wichtiger Aspekt für die Defensive der Löwen sein.
Der Stürmer
Lion Lauberbach (#20) wurde erst diese Woche aus Kiel ausgeliehen und verstärkt den durch drei Verletzte geschwächten Sturm in der Zentrale als momentan einziger gelernter Mittelstürmer. Im Spiel gegen Verl hing er noch etwas in der Luft. Das braucht sich meinetwegen bis zum Samstag auch nicht großartig ändern.
Fazit
Es ist die erste wirkliche Standortbestimmung gegen einen Mitfavoriten um die vorderen Plätze. Auswärts bei einem Team, das seit drei Spielen ohne Gegentreffer ist, wird es für den TSV 1860 München sicherlich nicht leicht als Sieger oder mit Punkten vom Platz zu gehen.
Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass eine Mannschaft wie Eintracht Braunschweig nicht in der dritten Liga spielt, um dort zu bleiben. Die Braunschweiger sind einer der härtesten Konkurrenten der Löwen im Kampf um die vorderen Plätze.
Wenn die Spieler von Trainer Michel Köllner nicht über die kompletten 90 Minuten konzentriert bleiben, wird es nicht einfach gegen eine Mannschaft dieser Qualität und in der Form, in der sie sich momentan präsentiert, etwas zu holen.
Ich sage nicht, dass ein Sieg unmöglich wäre. Denn es ist in dieser Liga nie so, dass ein Team von vornherein ohne Chance in ein Spiel gehen würde. Es wird aber sehr, sehr schwer. Ich persönlich wäre mit einem dreckigen Punkt dort hochzufrieden.
Worauf wir uns mit Sicherheit verlassen können ist die Tatsache, dass wir eine Löwenelf sehen werden, die mit aller Macht versuchen wird das Optimum zu erreichen. Den richtigen Matchplan wird Michael Köllner auch in der Tasche haben. Wenn die Mannschaft ihre Aufgaben erledigt, bin ich von einem Punkt überzeugt. Ich hoffe natürlich – wie wir alle – auf mehr.
So könnte Eintracht Braunschweig gegen den TSV 1860 auflaufen
Datenquelle: wyscout