Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem letzten Heimspiel der Saison 2020/21 unseres TSV 1860 München gegen die Zweitvertretung des Nachbarvereins aus der Seitenstraße.
Die seit dem vierten April vom Duo Schwarz / Demichelis trainierte zweite Mannschaft der Harlachinger konnte als eins der wenigen Teams diese Saison nicht vom Wechsel auf der Trainerbank profitieren. Im Gegenteil: Mit Danny Schwarz an der Seitenlinie ging es tatsächlich noch weiter nach unten als beim Vorgänger Seitz. Speziell in ihren Heimspielen haben die sogenannten Amateure des Vereins aus der Seitenstraße ein Punkteproblem. In der Fremde konnte die Truppe mit einem Gesamtmarktwert von 20,95 Mio. € seit dem Wechsel auf dem Trainerstuhl allerdings konstant punkten.
Die Statistiken des Gegners und deren Veränderungen seit dem Trainerwechsel
- Ballbesitz 56% (zuvor 57%)
- Passgenauigkeit 84,5% (zuvor 83%)
- Flankengenauigkeit 34% (zuvor 33%)
- Defensive Zweikampfquote 64% (zuvor 61%)
- PPDA 9,32 (zuvor 10,25)
Das System der Mannschaft aus der Seitenstraße
Danny Schwarz hat das System des Teams grundlegend verändert. Von Dreier- respektive Fünferkette hat er in der Abwehr auf eine Viererkette umgestellt. Dabei fällt auf, dass seine Spieler bei eigenem Ballbesitz – egal welches System zugrunde liegt – fast immer versuchen einen Drei-Mann-Sturm zu etablieren. Die Grundformation von Schwarz’ Mannschaft war seit der Amtsübernahme von Seitz meistens ein 4-3-3.
Beide Außenverteidiger der Viererkette schieben im Spielaufbau ins Mittelfeld vor. Mit ihren guten technischen Fähigkeiten und der hohen Passsicherheit spielt sich diese Mannschaft so im Positionsspiel gut aus dem Pressing anderer Teams frei.
Mit hoher Laufbereitschaft im Mittelfeld und präzisen Pässen gelingt es den Nachbarn durch die, mit den vorgeschobenen Außenverteidigern entstehende Überzahl im Mittelfeld, oft gefährlich bis weit in die gegnerische Hälfte vorzudringen. Ballverluste verzeichnet das Nachwuchsteam aus der Seitenstraße meist erst im letzten Drittel vor dem gegnerischen Tor. Das große Manko in dieser Saison sind die vielen vergebenen Torchancen.
Leichtfertiges Verhalten in der Defensive, vor allem aber in der Box, werden die Kicker aus Harlaching bestrafen. Gegen den Ball ist allerhöchste Konzentration für unsere Sechzger die oberste Maxime, denn sowohl bei der Anzahl der Schüsse insgesamt als auch bei der Schussgenauigkeit kommt ein absolutes Spitzenteam auf unsere Sechzger zu. Abgesehen vom SC Verl hat kein anderes Team ein besseres Verhältnis bei der Schussgenauigkeit in Abhängigkeit abgegebener Schüsse.
Gegen den Ball spielt der kommende Gegner aus der Seitenstraße gerne aggressiv auf einer der vorderen Linien, um den Aufbau im Positionsspiel zu stören. Mit bis zu vier Spielern, die ins Forechecking gehen, versuchen die kleinen Roten sowohl ballorientiertes als auch räumliches Pressing aufs Feld zu bringen. Kann die vorderste Pressinglinie überspielt werden, verschiebt die Formation meist zu einem 4-1-4-1. In der weiteren Rückwärtsbewegung ins eigene letzte Drittel wird kompakt mit einer flachen Fünferreihe vor der Viererkette agiert.
Ballgewinne, bevor die Gefahrenzone überhaupt erreicht wird
Dass das jedoch tatsächlich nötig wird, ist nicht der Plan, den die Trainer gegen den Ball verfolgen. In den meisten Fällen schaffen es die Kicker aus der Seitenstraße vor dem eigenen letzten Drittel in Ballbesitz zu kommen. Besonders auffällig ist tatsächlich die hohe Quote von 18% bei direkten Ballgewinnen im Angriffsdrittel. Weitere 41% der Balleroberungen finden im Mittelfeld statt. Somit gewinnt Schwarz’ Mannschaft 59% aller Bälle vor dem eigenen Verteidigunsdrittel.
Die im raumorientierten Pressing entstehenden sogenannten Pressingfallen zu umgehen, sollte für die Mannschaft des TSV 1860 München kein Problem sein. Wenn sich Schwarz entscheidet seine Mannschaft gegen den Ball auf Angriffssteuerung auszurichten, können die Sechzger das mit guter Laufarbeit im Mittelfeld und hohem Tempo bei flachem kurzem bis mittellangem Passspiel unserer durchaus pressingresistenten Abwehrspieler mit Sicherheit gut lösen.
Sobald man es schafft, Überzahl zu generieren und Schwarz’ Mannschaft in die Rückwärtsbewegung zwingt, sodass mehr Spieler hinter dem Ball herlaufen als vor dem Ball stehen, ergeben sich oft Zuordnungsprobleme und Fehler beim stopfen der so entstehenden Räume.
Für den benachbarten Verein wird also viel von der Laufbereitschaft und dem Willen seiner Offensivspieler abhängen, mit nach hinten zu arbeiten.
Die Stärken und Schwächen des 4-3-3
Die Stärken des 4-3-3
Im Offensivspiel kann eine Mannschaft, die ein 4-3-3 praktiziert, sehr variabel auftreten. Durch die drei Stürmer wird Stress für die Abwehr des Gegners ausgelöst. Das rührt daher, dass durch die Variabilität, die mit drei Spitzen hergestellt wird, in Puncto Breite oder Enge des Spiels und dem Wechselspiel beider Varianten die Angreifer schwer ausrechenbar sind. Somit können in jedem Spielzug andere Laufwege zum Tragen kommen. Dadurch überlagern sich manchmal die im Raum zu verteidigenden Schnittstellen, wodurch eine Überzahl für die Angreifer bei kreuzenden Stürmern entstehen kann.
Wenn die Mannschaft, die im 4-3-3 spielt, obendrein auf Ballbesitzfußball mit hohem Pressing gegen den Ball setzt, ist die Chance für sie sehr hoch, andauernden Druck auf den Strafraum bzw. das Tor des Gegners auszuüben.
Dadurch, dass die beiden Außenstürmer mit relativ wenig Energieleistung zwischen Sturm und Mittelfeld pendeln können, ist auch eine gute Anpassung an das Spielsystem des Gegners möglich. Es kann dort gegen den Ball leicht eine Überzahl generiert werden, die für den Gegner zu Ballverlusten führen kann, wenn die Räume gut verteidigt werden. Dafür müssen die Stürmer gegen den Ball konsequent nach hinten mitarbeiten.
Mit drei Stürmern geht vom 4-3-3 obendrein eine hohe Gefahr für Kontergegenstöße nach Ballgewinn aus. Es kann schnell umgeschaltet werden und die Sturmreihe wird, auch wenn sich die Außenstürmer in der Rückwärtsbewegung ins Mittelfeld haben fallen lassen, schnell wieder besetzt sein, da der Außenstürmer schon vom Anforderungsprofil her ein sehr schneller Spieler ist.
Schwächen des 4-3-3
Wenn die Gegner schnell spielen, entstehen Lücken im Raum, die dann von ihnen durch entstehende Überzahl ausgenutzt werden können. Schnelle Spieler im Mittelfeld gepaart mit vertikalem Spiel helfen den Gegnern diese Räume gegen ein 4-3-3 zu schaffen. Das ist zwar nicht gerade attraktiv, aber höchst effizient.
Im Defensivspiel gegen Positionsangriffe sind die Halbräume und/oder Außenbahnen eine Schwäche des 4-3-3, da diese mit nur drei Mittelfeldspielern, ohne Unterstützung der Außenstürmer, nie vollständig zugestellt werden können.
Auch gegen diagonales Spiel (Seitenwechsel) ist das System anfällig, wenn die Defensivunterstüzung durch die Außenstürmer nicht konsequent geboten wird, weil in diesem Fall im Mittelfeld ein Spieler abgeht, um beide Flanken abzudecken.
Die Schlüsselspieler
Im Tor
Ron-Thorben Hoffmann (#1) hat in den letzten Spielen einige Unsicherheiten gezeigt und war bei einigen Gegentreffern nicht gänzlich unschuldig. Dessen ungeachtet ist er ein reflexstarker Keeper, der aufgrund seines jungen Alters natürlich nicht von Fehlern verschont bleibt.
Verteidigung
Kapitän und Innenverteidiger Nicolas Feldhahn (#5) ist der Abwehrchef der kleinen Roten. Mit bereits 34 Jahren ist er der älteste Spieler im Kader. Er dirigiert seine jungen Mitspieler routiniert. Auffällig ist sein gutes Stellungsspiel. Das hilft ihm, oft Fehler seiner unerfahrenen Nebenleute auszumerzen. Es begünstigt obendrein das Einlaufen in die Passwege der Gegner. Er fängt sehr viele Pässe ab, bevor Gefahr durch den Gegner entstehen kann. Seine Zweikampfbilanz ist verglichen mit den Topspielern auf der Innenverteidiger-Position nach wie vor verbesserungswürdig.
Außenverteidiger Rémy Vita (#2) kam am Ende der Transferperiode im Oktober aus Troyes an die Säbener Straße. Er ist schnell und technisch versiert. Angriffe über seine linke Seite können, wenn er es schafft seine Gegenspieler zu überspielen, brandgefährlich werden.
Im Mittelfeld
Angelo Stiller (#38): Der defensive Mittelfeldspieler ist der kompletteste Spieler, den die Mannschaft aufzubieten hat. Er hat bei der ersten Mannschaft sogar schon Champions League-Luft geschnuppert und kommt auch bei nur wenigen Einsatzminuten in diesen Spielen auf statistische Topwerte. Zweikampfstärke in der Defensive, Passsicherheit, hohes technisches Können, viel Übersicht in der Offensive und gutes Stellungsspiel in der Defensive zeichnen den zur TSG Hoffenheim wechselnden Youngster aus.
Zum Ende der Wintertransferperiode kam der zum 1.FCN verliehene Sarpreet Singh (#31) in die Seitenstraße zurück. Der passsichere offensive Mittelfeldspieler hat ein gutes Auge für sich entwickelnde Situationen. Er spielt deshalb einerseits viele Pässe, die im Anschluss für Gefahr sorgen, andererseits steht er aufgrund dieser guten Antizipation selbst oft in gefährlicher Position in der gegnerischen Box. Sein Ehrgeiz gegen den Ball nach hinten zu arbeiten könnte größer sein.
Die Optionen im Angriff
Welcher der drei möglichen Mittelstürmer von Schwarz den Vorzug erhalten wird, ist letzlich unerheblich. Sowohl Jann-Fiete Arp (#9) als auch Lenn Jastremski (#14) oder der aus der A-Jugend im Winter zum Team hinzugestoßene Armindo Sieb (#41) haben in der laufenden Saison bewiesen, dass sie wissen, wo der Kasten steht. Wichtig wird sein, die Bälle auf diese Spieler zu verhindern.
Fazit
Den Nachbarn aus Harlaching zu unterschätzen, darf niemandem passieren. Weder uns Fans, noch der Mannschaft. Wie in jedem Spiel müssen Michael Köllners Männer mit höchster Konzentration ins Match gehen. Vor allem die Spieler in der Hintermannschaft werden stärker gefordert sein, als man es aufgrund der Tabellensituation der Zweitvertretung des Lokalrivalen vermuten mag.
Weil es ein Spiel mit Derbycharakter ist, wird man mit Sicherheit auf einen Gegner treffen, der dem TSV 1860 München in die Suppe spucken will. Die kleinen Roten werden nichts unversucht lassen, um den Sechzgern den Traum vom Aufstieg bzw. der möglichen Relegationsspiele noch zu vermasseln.
Darum gilt es für unsere Löwen ab der ersten Minute jeden Zweikampf anzunehmen. Mit größtmöglicher fairer Härte muss man gegen den Ball jedem Gegenspieler den Schneid abkaufen und bei Ballbesitz die eigenen Tugenden zum Tragen bringen.
Auch Profi-Unterstützung kann unsere Löwen nicht stoppen
Mit dem präzisem, schnellem Spiel, das die Löwen spielen können und der Gier nach mehr, die in jedem Spiel von unseren Sechzgern an den Tag gelegt wird, wird jeder der Spieler auf dem Platz alles dafür tun, dass sowohl der TSV 1860 München weiterhin alle Chancen zum Aufstieg hat; aber auch dafür, dass man die zweite Mannschaft der Seitenstraße dorthin befördert, wo sie dem Namen nach hingehört. In die Regionalliga Bayern.
Unser Coach Michael Köllner wird wie immer den richtigen Plan haben. Die Mannschaft wird alles geben, um den Plan umzusetzen.
Sollte der Gegner sich mit Spielern aus der ersten Mannschaft verstärken, würden wir einmal mehr den Charakter, der dort vorherrscht, vor Augen geführt bekommen. Dennoch macht mir das kein Kopfzerbrechen. Wir wissen alle, was unsere Löwen zu leisten im Stande sind. Darum bin auch für den Fall, dass der Gegner alle möglichen Register diesbezüglich zieht, zuversichtlich.
Der Tabellensituation nach sind drei Punkte zwar keine Pflicht, um weiterhin im Rennen zu bleiben. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass auch nur einer unserer Spieler sich vor Abpfiff mit weniger als eben diesen drei Punkten zufrieden geben wird. Deshalb sage ich: “Auf gehts Löwen kämpfen und siegen”, denn nach wie vor gilt das vom Kollegen Enn ausgerufene Motto “Nothing’s gonna stop us now”.
Mögliche Aufstellung der Gäste aus der Seitenstraße
Datenquelle: wyscout
Einmal mehr ein herzliches Dankeschön für die Taktiktafel! Das fühlt sich dann schon fast so an, als würde jeden Moment angepfiifen werden. Dabei sind es noch mehr als 2 Tage…