Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Spiel TSV 1860 – Eintracht Braunschweig.

Michael Schiele Trainer der Eintracht, die momentan auf Platz drei der dritten Liga rangiert, lässt sein Team vornehmlich im 4-2-3-1 antreten. Aber auch das 4-3-1-2, die sogenannte flache Raute, und bei der Niederlage gegen den FSV Zwickau am vorvergangenen Spieltag das 5-3-2 haben wir von den Niedersachsen schon gesehen. Michael Schiele stellt sein Team taktisch immer geschickt auf den jeweiligen Gegner ein, ohne dabei die eigenen Tugenden zurückstellen zu müssen. So kann man über den kompletten Verlauf der Saison verfolgen, dass das, was auf dem Feld gegen den Ball geboten wird, immer sehr Gegnerabhängig ist, während die Eintracht sobald sie selbst den Ball hat, gnadenlos ihr Spiel durchzieht. So sind am Sonntag gegen den TSV 1860 bei Eintracht Braunschweig mehrere Formationen denkbar, ich werde mich auf das 4-2-3-1 konzentrieren.

Die wichtigsten statistischen Werte der Eintracht

  • Ballbesitz 48%
  • Passgenauigkeit 79%
  • Defensive Zweikampfquote 59%
  • Flankengenauigkeit 34%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 9,69

Wie spielt Braunschweig?

Wenn die Braunschweiger mit Viererkette spielen, verschiebt sich das 4-2-3-1 System bei eigenem Ballbesitz zunächst meist asymmetrisch zu einem 3-5-2.

Dabei schiebt einer der Außenverteidiger ins Mittelfeld nach vorne und einer der beiden Mittelfeldaußenspieler, im Normalfall der auf der ballfernen Seite, ins Sturmzentrum. Man hat allerdings auch schon gesehen, dass im Positionsspiel beide Außenverteidiger ins Mittelfeld verschieben. Das geschieht dann ohne das einer der defensiven Mittelfeldspieler dynamisch in die Kette abkippt. Somit agiert Braunschweig mit hohem Risiko im Positionsspiel, um Überzahl im Mittelfeld herzustellen. Dies geschieht vornehmlich, wenn Schieles Mannschaft in Rückstand gerät.

Im letzten Drittel des Gegners sieht man dann bisweilen fünf Offensivspieler auf der vordersten Linie. Die Verschiebung auf 3-5-2 erfolgt, indem einer der beiden Außenverteidiger ins Mittelfeld aufrückt, während einer der beiden Mittelfeldaußenspieler mit auf die vorderste Linie geht. Die beiden standardmäßigen Mittelfeldaußenspieler Peña Zauner und Multhaup sind gelernte Außenstürmer. Von daher ist die stark offensive Ausrichtung und die daraus resultierende Durchschlagskraft der Braunschweiger nicht verwunderlich.

Gegen den Ball

Gegen vermeintlich schwächere Gegner spielen die Braunschweiger ein gnadenloses Angriffspressing auf der vordersten Linie, das viele Mannschaften vor große Probleme beim eigenen Spielaufbau im Positionsspiel stellt. Wenn sie sich einer Mannschaft gegenüber sehen, die sich aus solchen Situationen normalerweise gut befreien kann, legen die Braunschweiger ihre Pressinglinie etwas tiefer an oder überlassen dem Gegner sogar das Feld bis zur Mittellinie, um die Räume in der eigenen Spielfeldhälfte eng zu machen.

Bei Ballbesitz

Bei eigenem Ballbesitz spielt Michael Schieles Team situationsabhängig einen Mix aus schnellem, vertikalem Spiel mit wenigen Stationen bis ins gegnerische letzte Drittel und kontrolliertem sowie oft relativ breit angelegtenm Kombinationsspiel.

Der größte Trumpf der Braunschweiger ist die hohe Zielgenauigkeit bei Schussversuchen. Hinter Magdeburg liegt die Eintracht in dieser Statistik auf dem zweiten Platz in der Liga. Auch das Verhältnis von Ballkontakten im gegnerischen Strafraum zu Schüssen in diesem Bereich ist bei der Eintracht phänomenal. Lediglich ein Ballkontakt pro Spiel wird in der Box des Kontrahenten statistisch gesehen nicht zu einem Schuss umgemünzt.

Es gibt allerdings kaum einen Vorteil, der nicht auch einen Nachteil mit sich brächte. Im Fall des Verhältnisses Ballkontakte in der Box zu Schüssen in der Box ist der Nachteil der, dass die Spieler der Eintracht meist sofort wenn sie den Ball in der Box haben auch schießen. Deshalb ist die Position, aus der geschossen wird, oftmals nicht unbedingt die Beste. Damit sind entweder viele der trotzdem zielgenauen Schüsse aufgrund fehlenden Drucks oft leichte Beute für den gegnerischen Torhüter oder der Torhüter stellt sich schnell darauf ein, dass bei Ballkontakt sofort geschossen wird, wächst dann über sich hinaus und performt besser als üblich.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Spiel gegen Zwickau. 30 Schüsse gab die Eintracht in diesem Spiel ab, zwölf davon von außerhalb des Strafraums der Schwäne. 18 Schüsse wurden in der Box abgesetzt, 44% davon gingen aufs Tor – keiner hinein. Vier der Schüsse im Strafraum kamen aus Positionen, in denen ein Treffer als sehr wahrscheinlich angesehen werden darf. Diese Schüsse waren aber allesamt leichte Beute für den Zwickauer Keeper.

Steter Tropfen höhlt jedoch bekanntlich den Stein, deshalb ist die Philosophie “zieh ab, wenn du den Ball im Strafraum am Fuß hast” nicht verkehrt. Irgendwie geht die Kugel schon irgendwann ins Tor. Braunschweig erzielt gemäß dieser Devise seine Tore hauptsächlich in der zweiten Halbzeit. In ungefähr 70% aller Fälle erst nach der 60. Minute, 26% nach der 75. Minute.

Ein Konzentrationsabfall beim TSV 1860 aufgrund von Ermüdung im Spiel wird von Eintracht Braunschweig voraussichtlich bestraft werden.

Stärken und Schwächen des 4-3-2-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert. Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift schwer zu kontrollieren, da die Wege um einen Spieler zu doppeln relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft. Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorne ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko. Dessen Fehlen bringt, wegen der Unterzahl die entsteht, wenn kein weiterer Spieler aufrückt, für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Schlüsselspieler

Torwart Jasmin Fejzic (#16) ist ein sicherer Rückhalt seines Teams. Er hat keine Schwächen. Eine besondere Stärke sind seine sehr guten Reflexe. Ihn zu überwinden gelingt wahrscheinlich nur mit tatkräftiger Hilfe seiner Vorderleute.

Innenverteidiger Brian Behrendt (#30) gewinnt bisher 66% seiner Zweikämpfe und ist im Verbund mit dem 1,94 m großen Michael Schultz eine Bank in der Abwehrzentrale. Auch seine Pässe zur Spieleröffnung kommen sicher an. Die einzige Schwäche ist ein etwas langsamer Antritt. Bei gutem Stellungsspiel fällt dieser aber kaum ins Gewicht.

Robin Krauße (#39) im defensiven Mittelfeld ist der offensivere der beiden Sechser. So gehen die meisten Angriffe, die über das Zentrum eingeleitet werden über ihn. Aber auch als Vorlagengeber trat er schon in Aktion. Abgesehen von einer gewissen Schwäche bei Kopfballduellen ist er ein kompletter defensiver Mittelfeldspieler. Krauße besitzt genügend technische Qualitäten, um auch nach vorne entscheidend mitzuwirken.

Bryan Henning (#6) im offensiven Mittelfeld ist der kreative Kopf der Mannschaft. Dribbelstark, passsicher und sich nicht zu schade auch gegen den Ball wenn nötig Dreck zu fressen ist er einer der besten Spieler auf seiner Position in der dritten Liga. Der 26-Jährige hat in 19 Spielen, die er bisher absolviert, hat vier Tore und fünf Vorlagen auf dem Konto. Knapp einen Scorerpunkt in jedem zweiten Spiel also.

Lion Lauberbach (#20) wurde erst in der laufenden Saison aus Kiel ausgeliehen und verstärkt den Sturm in der Zentrale als gelernter Mittelstürmer. Acht erzielte Treffer machen ihn zum besten Stürmer der Braunschweiger. Mit Benjamin Girth (#9) der ebenfalls aus Kiel kam und dem erst zum Ende des Wintertransferfensters vom Leipziger Brausewerbevehikel ausgeliehenen Fabrice Hartmann (#18) hat die Eintracht für den Fall der Fälle zudem hochkarätige Alternativen auf der Bank sitzen.

Fazit: kann der TSV 1860 gegen Eintracht Braunschweig punkten?

Gegen die Eintracht aus Braunschweig sieht die Bilanz für den TSV 1860 bei Heimspielen an der Grünwalder Straße absolut positiv aus. Nur einmal verloren die Sechzger ein Spiel. Das war im Jahre 1968. Pessimisten mögen jetzt sagen, wir sind reif für eine erneute Niederlage. Wenn unsere Löwen aber so auftreten wie in den letzten Spielen und diesen unbändigen Siegeswillen, mannschaftliche Geschlossenheit sowie Effizienz vor dem gegnerischen Kasten wieder auf den Platz bringen, sollten wir zumindest einen Punkt holen.

Mit Willsch, Wein, Staude und Greilinger fehlen zwar einige Spieler, aber der Verlauf dieser Saison hat gezeigt, dass der Kader klar breit genug ist um diese Ausfälle zu kompensieren.

Ich sehe dem Spiel am Sonntag guter Dinge entgegen und erwarte ein spannendes Spiel. Kampf, Einsatz und Wille beim TSV 1860 München werden stimmen. Trainer Michael Köllner wird der Mannschaft den richtigen Matchplan mit auf den Weg geben, um die Partie erfolgreich zu gestalten. Die Rückkehr der Fans, auch wenn es nur 3750 sind, wird dazu beitragen, dass die Mannschaft motiviert und kämpferisch auftritt.

Bei der Durchschnittsgröße der Braunschweiger Spieler ist für den TSV 1860 München im Spiel gegen Eintracht Braunschweig zweierlei wichtig. Erstens: flache Flanken in die Box. Hohe Bälle werden die Türme in der Abwehr des BTSV vermutlich gnadenlos entschärfen. Zweitens: keine hohen gegnerischen Flanken zulassen, denn auch in der Offensive hat Braunschweig mit Lauberbach einen kopfballstarken Schlüsselspieler.

Ich bin davon überzeugt, dass im Spiel TSV 1860 – Eintracht Braunschweig Punkte in Giesing bleiben. Ob einer oder drei wissen wir am Sonntag nach dem Spiel.

So könnte Braunschweig gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

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