Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel TSV 1860 München – Hallescher FC. André Meyer, Trainer der Hallenser, hat in den ersten drei Spielen auf eine Dreier- respektive Fünferkette gesetzt. Nach dem doppelten Platzverweis gegen Freiburg für die beiden Verteidiger Nietfeld und Kreuzer hat er im letzten Spiel auf Viererkette umgestellt und damit gegen Oldenburg zum ersten Mal in dieser Saison ein Spiel gewonnen.

TSV 1860 gegen Hallescher FC heißt es also am heutigen Freitagabend. Mit Halle kommt ein angeschlagener Gegner ins Grünwalder Stadion, der soeben einen Lucky Punch gelandet hat. Obwohl Halle die ersten Spiele mit einer Dreierkette hat agieren lassen, rechne ich damit, dass André Meyer im Sechzgerstadion auf die gegen Oldenburg erfolgreiche 4-2-3-1 Formation setzen wird. Es fehlen nicht nur die Alternativen, um eine stabile Dreierkette herzustellen. Das Fehlen von Kapitän und Abwehrchef Nietfeld sowie Außenverteidiger Kreuzer wiegt insgesamt schwer. Außerdem, um das Plädoyer für die 4-2-3-1 Formation abzuschließen: warum sollte er eine Formation ändern die – wenn auch etwas glücklich – im letzten Spiel erfolgreich war?

Bevor ich genauer auf das Spiel der Hallenser eingehe, die wichtigsten Statistiken des HFC.

Statistische Werte des HFC

  • Ballbesitz 48%
  • Passgenauigkeit 78%
  • Defensive Zweikampfquote 57%
  • Flankengenauigkeit 23%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 10,44

Wie spielt Halle?

Offensive

Im Positionsspiel versucht Halle im Aufbau strukturiert vorzugehen. In den meisten Fällen ist dieser Versuch aber zu statisch. Dadurch hat der Spieleröffner selten eine gute Anspielstation im Mittelfeld, was zu langen Ballstafetten innerhalb der eigenen Abwehrreihen führt und sehr häufig mit einem langen Ball nach vorne endet. Mit mehr Bewegung im Mittelfeld und höherem Tempo könnte Halle allerdings durchaus gefährlich werden.

Das zeigt sich in den Umschaltmomenten, wenn im Gegenpressing Bälle im Mittelfeld oder im letzten Drittel gewonnen werden. Mit höherer Präzision im Passspiel hat Halle hier durchaus eine Waffe, die gefährlich sein kann, wenn man sie scharf macht.

Defensive

Gegen den Ball steht Halle bisher anfangs der Partien variabel auf hoher oder mittlerer Pressinglinie. Diese lässt sich aber von Mannschaften mit hoher Präzision im Passspiel und viel Bewegung im Mittelfeld schnell weiter nach hinten drängen. Dann versucht Halle das Spielfeld mittels ballnaher Verdichtungen für den Gegner so eng wie möglich zu machen.

Die Defensivlinie legt Halle gegen das Positionsspiel meist auf einer mittleren Ebene in der eigenen Spielfeldhälfte an.

Wie knackt der TSV 1860 den HFC?

Ich erwarte Halle gegen den Ball in einer tiefen Grundausrichtung, die im letzten Drittel vermutlich zu einem 4-5-1 flach abkippt. Der Plan dahinter wird sein den Raum für die torgefährlichen Offensivspieler des TSV 1860 München so eng wie möglich zu machen.

Geduld wird deshalb ein wichtiger Faktor werden – sofern es nicht gelingt früh ein Tor zu schießen. Mit viel Bewegung in der vordersten Reihe muss man, wenn Halle tief steht, versuchen die Abwehrspieler aus ihrer Position zu ziehen, sodass Angreifer aus der zweiten Reihe nachrücken können, um den freien Raum dort auszunutzen.

Als das Ideenreichste im Spiel des Halleschen FC hat sich bisher das Konterspiel hervorgetan. Jeder zweite bis ins letzte Drittel durchgebrachte Gegenstoß der Hallenser endet statistisch gesehen mit einem Schuss. Hohe Konzentration in der Restverteidigung ist also in Umschaltmomenten gegen den Ball gefragt.

Stärken und Schwächen des 4-2-3-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv und nicht nur als Ballverteiler in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren, da die Wege um einen Spieler zu Doppeln relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorn ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Schlüsselspieler

Tor

Felix Gebhart (#23), ausgeliehen vom FC Basel, ist ein 20-jähriger Jungprofi. Logischerweise fehlt es ihm noch an Erfahrung. Etwa jeden dritten Ball, der bisher auf sein Tor ging, musste er aus den Maschen holen. Er ist trotz fehlender Erfahrung ein solider Keeper ohne große Stärken oder Schwächen.

Abwehr

Sören Reddemann (#25), dem aufgrund des Fehlens von Nietfeld die Spieleröffnung obliegt und Jannes Vollert (#5) werden vermutlich das Innenverteidiger-Duo bilden. Schlüsselspieler Nietfeld fehlt dank einer Rotsperre. Reddemann und Vollert, die gegen den Ball viel über Stellungsspiel und abgefangene Bälle lösen, ergänzten sich in der Abwehrzentrale gegen Oldenburg recht ordentlich.

Mittelfeld

Als gelernter Innenverteidiger ist Niklas Landgraf (#31) auch auf der Sechser Position keine Fehlbesetzung was das Spiel gegen den Ball angeht. Wird ein Innenverteidiger aus der Position gezogen, kann Landgraf dieses Loch stopfen ohne dabei defensive Wucht zu verlieren. Auf der Position im defensiven Mittelfeld ist allerdings auch Reddemann denkbar.

Offensivmotor soll der von Hertha BSC an die Saale gewechselte Timur Gayret (#10) sein. Diese Rolle war in den bisherigen Spielen noch ein wenig zu groß für den 20-Jährigen. Der im Sommer auch mit den Löwen in Verbindung gebrachte Spieler ist ein Offensivjuwel dem der Schliff und auch die Konstanz noch etwas fehlt. Technisch gut, torgefährlich (14 Treffer, 10 Vorlagen 21/22 in der Regionalliga Nordost) und auf vielen Positionen einsetzbar wird er im Spiel nach vorn zusammen mit Außenspieler Leon Damer (#7), der aus Havelse kam, versuchen gefährliche Momente zu kreieren.

Sturm

Sebastian Müller (#9), Leihgabe aus Bielefeld, ist im Sturmzentrum gesetzt. Vergangene Saison war Müller von Bielefeld bereits an Braunschweig verliehen worden und dort einer der am Stammspieler-Status kratzenden Jungprofis. In Halle ist er nun die unumstrittene Nummer eins im Sturm. Bisher konnte er einen Treffer markieren. Müller ist schnell, technisch gut und wendig. Er muss nicht unbedingt selbst den Erfolg suchen. Für jeden zweiten Schuss, den er abgibt, legt er statistisch gesehen auch einem Mitspieler den Ball auf.

Fazit

TSV 1860 München – Hallescher FC am heutigen Freitagabend: was wird uns insgesamt geboten werden? Man kann die Gäste jetzt natürlich stark reden, man kann aber auch die Realität sehen. Und diese Realität schaut so aus, dass Halle spielerisch die schwächste gegnerische Mannschaft bisher ist. Der 2:0 Sieg gegen Oldenburg mag etwas Kosmetik gegenüber den drei vorangegangenen Niederlagen sein, mehr aber auch nicht.

Uns erwartet eine defensiv bemühte, aber offensiv bei konsequentem Pressing ideenlos wirkende gegnerische Mannschaft. Wenn man in den Umschaltmomenten gegen den Ball konzentriert ist, das Gegenpressing funktioniert und in der Abwehr gut steht macht mir Halles Offensive keine Angst.

Freitag Abend, Giesing, Flutlicht – es ist alles angerichtet für drei Punkte.

Oberste Voraussetzung ist aber – trotz aller Mängel, die der Hallesche FC in den Spielen vor dem Duell mit dem TSV 1860 gezeigt hat – den Gegner ernst zu nehmen und jederzeit konzentriert auf dem Spielfeld zu stehen.

Alles in allem sehe ich dem Spiel TSV 1860 München – Hallescher FC sehr ruhig entgegen.

So könnte der Hallesche FC gegen die Löwen starten

Datenquelle: Wyscout

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Aschlegel

Ui, das liest sich ja als der bisher schwächste Gegner, der heute auf Giesings Höhen einläuft. Hoffen wir mal, dass es sich auch so bewahrheitet. Aber es scheint ja wirklich so, dass bei uns schon vieles merkwürdig laufen müssten, wenn wir heute nicht gewinnen sollten. Und genau das macht mich stutzig, weil genau das oft dann daneben ging. Aber ich hoffe wirklich, dass dieses Team nicht vom üblichen Löwen-Gen infiziert ist und sein Ding durchzieht.