Herzlich Willkommen zur Taktiktafel nach dem Spiel TSV 1860 – VFL Osnabrück. Die Osnabrücker kamen wie meistens mit einem 4-3-3 System auf den Platz. Dem stellte Michael Köllner das flexible 4-1-4-1 entgegen. Das war beides auch so erwartet, von daher gab es in der Systematik der Teams keinerlei Ãœberraschungen. Was also führte zur bitteren Niederlage der Löwen, in einem Spiel, dass man nicht hätte Verlieren sollen?

Der TSV 1860 spielte gegen den VFL Osnabrück mit Richy Neudecker als Box to Box Spieler, der bei gegnerischem Ballbesitz zusammen mit Moll das zentrale Pärchen im defensiven Mittelfeld gab. Osnabrück kam damit relativ gut zurecht. Die Angriffe der Niedersachsen erfolgten über die gesamte Breite des Spielfelds.

Kunze half bei Osnabrück, wenn die Löwen im Ballbesitz waren, dem Sechser Köhler um das Spiel für die Sechzger im Zentrum zu erschweren. Beiden Außenstürmern der Osnabrücker war gegen den Ball kaum ein Weg zu weit. Es formierte sich bei Osnabrück also vor der Viererabwehrkette eine weitere Kette, die zu Durchbrechen die Löwen vor einige Probleme stellte.

Bevor wir genauer auf die Geschehnisse auf dem Platz eingehen wie immer ein Blick auf die wichtigsten Statistiken.

Die Statistiken des Spiels TSV 1860 – VFL Osnabrück

  • Ballbesitz TSV 1860 45% – VFL Osnabrück 55%
  • Passgenauigkeit TSV 1860 75% – VFL Osnabrück 79%
  • Defensive Zweikampfquote TSV 1860 63% – VFL Osnabrück 62%
  • Schüsse/aufs Tor TSV 1860 12/3 – VFL Osnabrück 11/5
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) TSV 1860 8,89 – VFL Osnabrück 8,56

Analyse der statistischen Werte

Ballbesitz

Beginnen wir wie immer beim Ballbesitz. Die Sechzger hatten um 10% weniger Ballbesitz im Spiel als der VFL, das hat wie immer einen einfachen Grund. Rück- und Querpässe des Gegners. 43% mehr Querpässe und 18% mehr Rückpässe als bei den Sechzgern wurden innerhalb der Defensive des VFL gespielt. Das erklärt diese Diskrepanz sehr eindrücklich. Der VFL Osnabrück ließ sich vor allem in der ersten Halbzeit im Aufbauspiel viel Zeit.

Dass die Sechzger also nur weniger Zeit für ihre Angriffe brauchten als der VFL zeigen auch folgende Werte aus der Statistik: Beide Mannschaften hatten exakt gleich viele Ballbesitzphasen. Der TSV 1860 München konnte genau einen Angriff weniger zu Ende spielen als der Gegner aus Osnabrück. Aus dem Spiel heraus schossen außerdem beide Teams gleich oft.

Defensive Zweikämpfe

Eine relativ ausgeglichene Zweikampfquote in einem umkämpften Spiel spricht grundsätzlich für den guten defensiven Einsatz der beiden Mannschaften. Die große Frage hier ist immer: hat eine Mannschaft entscheidende Vorteile in wichtigen Zonen gehabt? Klare Antwort: Nein. Beide Teams hatten in den für die Defensive wichtigen Zonen kaum Probleme bei Defensivzweikämpfen.

Allerdings ist es so, dass der TSV 1860 München 18% mehr defensive Zweikämpfe geführt hat. Daher ist es auch so, dass trotz der Ausgeglichenheit bei der Quote die Anzahl der gewonnenen Defensivzweikämpfe für die Löwen deutlich höher liegt. An der Gesamtleistung im Spiel gegen den Ball kann man also bei beiden Teams nichts kritisieren.

Schüsse

Warum hat der TSV denn dann verloren mag man sich Fragen. Ein Blick auf die Schusstatistik hilft hier weiter. Denn es lag wie schon des öfteren einerseits an der Zielgenauigkeit bei den Schüssen und andererseits daran von wo man die Schüsse abgegeben hat. Im Sechzehner des VFL konnten die Spieler des TSV 1860 nur dreimal so an den Ball kommen, dass daraus auch ein Schuss wurde. Einer dieser drei Schüsse ging ins Tor. Die anderen Beiden wurden geblockt oder daneben geschossen.

Das heißt im Umkehrschluss, dass der TSV 1860 75% seiner Schüsse von außerhalb der Box abgegeben hat. Dass die Hälfte all dieser Schüsse auch noch von den Osnabrückern geblockt werden konnte, kommt leider erschwerend hinzu.

Osnabrück hingegen schoss acht mal im Strafraum der Löwen. Vier dieser Schüsse gingen auf den Kasten von Marco Hiller, der davon leider nur einen halten konnte. Dass dem ersten Treffer des VFL Osnabrück eine Abseitspostion des Torschützen vorausging ist natürlich doppelt bitter.

Ballkontakte in der Box

Zusätzlich zu den Schüssen muss man sich auch die Ballkontakte der Kontrahenten im gegnerischen Strafraum ansehen. Wer hatte da die Nase vorn? Auch hier ist der VFL Osnabrück klar im Vorteil. 56% mehr Ballkontakte mehr als die Löwen hatten die Niedersachsen in der gegnerischen Box. Wenn man sich nun ansieht wo Osnabrück diese Ballkontakte hatte ist auffällig, dass sich das relativ gleichmäßig über den kompletten Sechzehner verteilt. Vor allem sticht ins Auge, dass zehn dieser Ballkontakte der Osnabrücker im Strafraum zentral oder halbzentral vor dem Tor waren. Die Sechzger hatten in diesen zentralen Zonen der Box ganze drei Ballkontakte.

Woran hat’s also gelegen? Abgesehen davon, dass der erste Treffer nie im Leben zählen darf, hat es zum einen daran gelegen, dass man es nicht geschafft hat, die Offensivspieler in den Positionen aus denen ein Schuss gefährlich werden könnte, in Szene zu setzen. Und zum anderen daran, dass man seinerseits Osnabrück, genau dort wo man selbst im gegnerischen Strafraum nicht zum Zug kam, einige Chancen ermöglichte. Im Strafraum hat der VFL Osnabrück das bessere Stellungsspiel gezeigt. So konnten die Sechzger, selbst wenn sie den Ball in der Box hatten, wenig damit anfangen.

Das Spiel

Über das Spiel an sich möchte ich heute nicht viele Worte verlieren. Es standen sich über neunzig Minuten zwei Mannschaften gegenüber, die sich zwischen den Strafräumen auf Augenhöhe duellierten. Mit verschiedenen Systemen aber ähnlicher Grundausrichtung vom taktischen Ansatz her war es Osnabrück das abwartender und kontrollierter spielte. Der VFL nahm vor allem in der ersten Halbzeit auch mal das Tempo aus dem Spiel um damit Ruhe und Kontrolle in dieses zu bringen.

Erste Halbzeit

Nach gutem Beginn für den TSV 1860 München – mit einer Großchance durch Bär – gelang den Gästen aus Osnabrück, die durch die offensive Ausrichtung ihrer Außenverteidiger teilweise mit acht Mann hoch am gegnerischen Sechzehner standen, nach vierundzwanzig Minuten der Treffer zum 0:1.

Nach diesem Tor wurden die Osnabrücker sehr dominant. Eine Riesenchance kurz nach der Führung konnte Hiller entschärfen. Traoré kam im Zentrum vor dem Tor nach einer Ecke an den Ball. Eigentlich muss der Ball drin sein. Hiller hielt Traorés Versuch zu erhöhen jedoch fest.

Danach kamen die Sechzger sukzessive besser ins Spiel, wurden jedoch nur elf Minuten nach der Führung auf dem falschen Fuß erwischt und liefen in einem Umschaltmoment der Osnabrücker dem Geschehen hinterher. So konnte Opoku in der 35. Minute auf 2:0 stellen.

Nach diesem Treffer konnten die Sechzger noch ein wenig zulegen, kamen aber trotz einiger vielversprechender Angriffe nicht in die Lage auch nur einen Schuss abzufeuern. Bis zur 41 Minute als sich Tallig aus 18 Metern ein Herz fasste und einfach mal abzog. 1:2 stand es nach Talligs zweitem Heimspieltreffer in Folge.

Mit diesem Ergebnis ging es dann in die Pause.

Zweite Halbzeit

Nach dem Pausentee drehten die Löwen richtig auf und erspielten sich bis zum Ausgleichstreffer durch Marcel Bär in der 59. Minute ein Schussverhältnis von 5:0. Das Problem war allerdings, dass abgesehen von Bärs Treffer keiner dieser Schüsse gefährlich für den Kasten von Osnabrück wurde. Lex schoss rechts neben das Tor. Die anderen vier Schüsse wurden geblockt.

Marcel Bär traf dann am Ende dieses Sturmlaufs nach der Halbzeit zum absolut verdienten Ausgleich. Danach flachte das Spiel des TSV 1860 aus mir unerklärlichen Gründen wieder etwas ab. Warum man den Druck auf den Gegnerischen Strafraum nicht weiter aufrecht erhalten konnte verstehe ich ebenso wenig wie mein Kollege Thomas Enn, der das in seinen Giesinger Gedanken zum Ausdruck gebracht hat.

Vor allem vom guten defensiven Druck des TSV 1860 München bis zu diesem Zeitpunkt war nach dem Ausgleich nicht mehr viel zu spüren. Zwanzig Minuten nach dem verdienten Ausgleich war es dann in der 79. Minute soweit. Der TSV hielt dem ständig stärker werdenden Druck der Osnabrücker nicht mehr Stand und Kunze schoss das 3:2.

Beispielhaft für das was die Sechzger danach nicht mehr leisten konnten war, dass in den zehn Minuten danach kein Schuss der Löwen mehr auf meinem Zettel steht. Nur noch Tallig wagte kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit bei einem Freistoß den Versuch aufs Tor des VFL Osnabrück schießen. Dieser ging drüber.

Die Tore

Die Entstehungsgeschichte aller Tore erspare ich mir heute. Vor allem die des ersten Gegentreffers ist Makulatur, denn der hätte nicht zählen dürfen.

Dennoch möchte ich gerne die anderen zwei Gegentore genauer unter die Lupe nehmen.

Das 0:2

Nach einem langen Ball aus dem letzten Drittel der Osnabrücker kommt Hiller an der eigenen Sechzehnerbegrenzung an den Ball und legt den Ball auf Salger. Salger hat viel Platz und gibt das Leder leicht diagonal nach vorn zu Moll. Der steht etwa fünf Meter hinter dem Mittelkreis in der eigenen Spielfeldhälfte.

Er lässt sich Zeit und wird von Heider bedrängt und angegriffen. Dadurch wird der Ball den Moll nach vorne zu Greilinger schlagen möchte ungenau und Köhler kann die Kugel abfangen. Der schaltet sofort um und in den Vorwärtsgang, überläuft den herbeieilenden Moll, der seinen Fehler versucht auszubügeln, und spielt dann Opoku auf der halblinken Seite etwa 15 Meter vor dem Strafraum der Sechzger an. Greilinger der in dieser Situation nicht mehr hinter Opoku herkommt, kann den schnellen Osnabrücker nicht mehr stoppen und so netzt Opoku nachdem er in den Strafraum eindringt an Hiller vorbei zum 2:0 ein.

Man mag hier Moll nun als Schuldigen an diesem Gegentreffen ausmachen, es ist aber nicht alleine Molls Fehler gewesen. Auch Salger muss sich den Schuh anziehen, nicht die richtige Entscheidung getroffen zu haben indem er Moll mit seinem Pass ein wenig unter Druck gesetzt hat. Wenn man sieht wieviel Platz Salger in dieser Situation hatte und wo er den Ball schlussendlich hin spielt war das schon ein bisschen leichtsinnig. Auf der anderen Seite ist es allerdings auch so, dass Moll, als Kunze mit dem Ball losläuft und sich deren Wege kreuzen, auch gern mal die Sense hätte auspacken dürfen. Natürlich hätte es dann eine gelbe Karte gegeben. Die muss man sich aber dann und wann einfach mal abholen. Alles in allem ist hier im sonst meist guten Aufbau im Positionsspiel der Löwen einiges Schiefgegangen. Osnabrück hat das eiskalt ausgenutzt.

Das 2:3

Beim Aufbau laufen die Osnabrücker die Defensive des TSV 1860 München so an, dass Hiller nichts anderes übrigbleibt als den Ball lang nach vorn zu schlagen. Beim Versuch den zweiten Ball nach einem Kopfball eines Osnabrückers unter Kontrolle zu bringen, springt dieser Moll so blöd ans Knie, und davon wieder weg, dass er dem Osnabrücker Bapoh direkt vor die Füße fällt. Bapoh nimmt knapp außerhalb des Mittelkreises in der Hälfte der Löwen sofort Tempo auf und spielt nach außen auf die halbrechte Position zu Klaas. Klaas dringt mit Ball am Fuß in den Sechzehner der Löwen ein und legt die Kugel in die Mitte. Der Pass war wohl eigentlich für Opoku gedacht, geht jedoch weil Steinhart wohl die Fußspitze dran bringt, an diesem vorbei um dann bei Kunze zu landen, der aus halbrechter Position in der Box ins Tor trifft.

Zwei Innenverteidiger und ein Torwart können sich nicht vernünftig aus dem Pressing befreien, deshalb muss der lange Ball helfen. Das ist nun natürlich nicht verkehrt. Wobei es möglicherweise schon für den ein oder anderen Spieler eine Überlegung wert sein hätte dürfen zurückzukommen um in dieser Situation zu helfen. Die Frage nun ist wer wäre eigentlich für Kunze der Mutterseelenallein, auf der rechten Seite durchlaufen durfte, zuständig? In dieser Situation denke ich, es wäre Moll gewesen, der mit Kunze hätte mitlaufen müssen anstatt sich zusätzlich ins Zentrum zu orientieren, wo mit Dressel, Steinhart, Morgalla, Deichmann und Belkahia durchaus schon genügend Personal vorhanden war.

Ich habe mir die Szene einige male angesehen, um wirklich die Laufwege aller beteiligten nachvollziehen zu können und komme hier leider zu keinem anderen Schluß. Steinhart bleibt an seinem Mann dran als der nach innen geht. Belkahia übernimmt Klaas von Deichmann, als der sich nach dem Pass von Klaas in die Mitte, in Richtung Torlinie aufmacht. Morgalla kümmert sich um Wooten auf seiner Position und Dressel geht Bapoh hinterher, der sonst beim Pass von Klaas völlig frei gestanden hätte.

Hier kann man sich alle Treffer in der Zusammenfassung noch einmal ansehen.

Fazit

Schad drum. Das Spiel hat vielversprechend angefangen und war ein gutes Drittligaspiel auf hohem Niveau. Die Strafraumpräsenz und das Durchsetzungsvermögen in der Box hat diesmal leider nicht gereicht um mehr Tore zu schießen.

Nach dem 2:0 Rückstand jedoch wieder zurückzukommen und auszugleichen zeugt von einer hohen Moral in einer absolut intakten Mannschaft.

Nun geht es tatsächlich nur noch um die goldene Ananas. Selbst Platz vier, der die Mannschaft zur Teilnahme am DFB Pokal qualifizieren würde, zu erreichen ist nun in den verbleibenden Spielen sehr schwer, aber sicherlich nicht unmöglich.

Den Aufstieg können wir nach den Ergebnissen vom Wochenende leider abhaken.

Datenquelle: Wyscout

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Dennis M.

Die Analysen von dir sind immer genau und präzise Bernd.