Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel TSV 1860 München – Viktoria Köln.

Es ist das Einstandsspiel des neuen Löwentrainers: Herzlich Willkommen in Giesing, Maurizio Jacobacci. Viel Zeit hatte der neue Mann auf der Trainerbank nicht, um die Mannschaft der Sechzger für Samstag auf Kurs zu bringen. Das Duell lautet dann TSV 1860 München gegen den FC Viktoria Köln.

Neuer Trainer-Effekt bei den Löwen? Wer weiß… Es wäre wünschenswert! Kommen wir aber zunächst zu dem, was wir von der Viktoria erwarten. Im Gegensatz zum Spiel in der Hinrunde müssen wir uns für den Samstag auf einen Gegner mit Dreier- respektive Fünferkette einstellen. Seit Mitte Oktober hat Olaf Janßen vom 4-2-3-1 auf ein 3-4-1-2 umgestellt, welches – personell mit zwei Außenverteidigern auf den Außenpositionen im Mittelfeld – eigentlich ein 5-3-2 ist.

Die Sechzger könnten, wenn Jacobacci gleich in die Vollen gehen und radikale Änderungen vollziehen sollte, ebenfalls mit Dreierkette auflaufen. Jacobaccis Lieblingssystem wäre das 3-4-2-1.

Davon gehe ich aber, obwohl es natürlich im Bereich des Möglichen liegt, zunächst nicht aus. Ich vermute, Jacobacci wird vorerst im bekannten System Abläufe ändern bzw. neu justieren und Sechzig im 4-2-3-1 oder 4-1-4-1 ins Rennen schicken. Erwarten wir also (noch) eher taktische und personelle Änderungen beim TSV 1860 als systematische.

Bevor wir dazu kommen, wie der kommende Gegner aus der Karnevalshochburg spielt, hier die statistischen Werte der Kölner.

Die wichtigsten statistischen Werte der Viktoria

  • Ballbesitz: 52%
  • Passgenauigkeit: 81% (drittbester Wert der Liga)
  • Defensive Zweikampfquote: 65% (zweitbester Wert der Liga)
  • Flankengenauigkeit: 39% (zweitbester Wert der Liga)
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 10,79

Wie spielt die Viktoria?

Bei Ballbesitz

Bei eigenem Ballbesitz im Positionsspiel rücken beide Außen aus der Defensive sofort ins Mittelfeld auf. Der Aufbau erfolgt entweder über einen der beiden äußeren Innenverteidiger in der Dreierkette unter Einbeziehung der Doppelsechs oder über den zentralen Innenverteidiger, der eigentlich auf der Sechs zuhause ist. So haben die Außenverteidiger mehr Zeit, um Räume auf der Außen- oder Halbposition weiter vorne zu finden, damit sie sich dann produktiv ins Angriffsspiel einschalten können. Es ergibt sich zunächst eine 3-2-3-2 Formation, die besonders im Mittelfeld viele Kombinationsmöglichkeiten durch Passdreiecke lässt. Die Raumaufteilung der Kölner im Mittelfeld ist exzellent. Zusammen mit der hohen Passgenauigkeit hat der Gegner oft Probleme den Kölner Spielfluss zu unterbinden.

Bis in die Box des Gegners oder auch kurz davor funktioniert das bei Köln alles bestens.

Im letzten Drittel verschiebt die Viktoria auf ein hohes 3-4-1-2. Wunderlich, der im Winter aus Kaiserslautern zurück an den Rhein kam, fungiert von der Zehnerposition aus hinter den Spitzen als Schattenstürmer. Die beiden Mittelfeldaußenspieler verschieben asymmetrisch ballfern auf die Halbposition und ballnah auf den Flügel. Die Versorgung der Spieler in der Box mit Flanken und anderen Zuspielen erfolgt dabei im Ligavergleich überdurchschnittlich gut.

Danach kommt allerdings das große Problem der Kölner zum tragen: Schussfrequenz und Schussgenauigkeit. Erstens schießt Köln im Schnitt zu selten und zweitens auch zu ungenau. Ob die “Rückholaktion Wunderlich” das abstellen kann, wird man erst in ein paar Wochen beurteilen können. Fakt ist: Momentan schießen die Kölner noch zu selten in der Box des Gegners. Mehr als ein Drittel aller Schüsse kommt von außerhalb des gegnerischen Strafraums.

Das Spiel der Kölner ist generell eher rechtslastig. Wenn die Viktoria allerdings schießt, dann meistens aus klaren Positionen heraus. Das heißt, der Gegner kann weder blocken, noch sonstige Aktionen gegen den Schuss führen. Das führt aber auch dazu, dass Köln sich in Strafraumsituationen oft verzettelt und gar nicht zum Abschluss findet.

Gegen den Ball

Gegen den Ball steht Köln meist mit einer mittel bis hoch angelegten Dreierpressinglinie und einer Defensivlinie auf mittlerem Niveau. Schafft es der Gegner, die Pressinglinie zu überspielen, kippen die Mittelfeldaußen asymmetrisch ab. Das bedeutet: Der ballnahe Außenspieler verteidigt gegen den Mann auf seinem Flügel, während sein ballfernes Pendant etwas höher zwischen den Linien steht und Räume schließt, die zum Seitenwechsel einladen könnten.

Vor der Fünferkette formiert sich vor den inneren Schnittstellen der Kette die Doppelsechs, die nominell eine Doppelacht ist.

Zusätzlich lässt Janßen seine Mannschaft gern mit einem Sechser, der auch vor der Kette spielen kann, auf der zentralen Innenverteidigerposition antreten.

Mit einem Sechser zentral in der Innenverteidigung und einer Doppelacht als Doppelsechs ist die taktische Marschrichtung der Kölner wie die Systematik eher offensiv ausgelegt. Köln spielt weder besonders hart noch aggressiv, sie holen sich die Bälle wegen der leichter auszuspielenden Umschaltmomente lieber im Raum. Dennoch sind die Kölner, wenn sie defensiv ins Duell Mann gegen Mann gehen, eine der stabilsten Mannschaften der Liga.

Zusätzlich hat Köln noch die beste Quote beim Verhältnis zugelassener Schüsse zu geblockten Schüssen. Nur zwei von fünf Schüssen, die dem Gegner gestattet werden, schaffen es überhaupt durch die Abwehrreihe der Viktoria.

Wie kann man Köln knacken?

Das räumlich gut aufgeteilte Pressing so zu überspielen, dass man nach Eindringen in die gegnerische Spielfeldhälfte Räume findet, in denen man agieren kann, um den Vorstoß in die Box vorzubereiten und dann erfolgreich abzuschließen, wird nicht leicht werden. Durch die offensive sowie aggressive Art der Viktoria, den Gegner bereits weit vor der Kette zu stellen und gar kein Eindringen ins eigene letzte Drittel zulassen zu wollen, möchten die Kölner es dem Gegner so schwer wie möglich machen, in die eigene Spielfeldhälfte einzudringen und dort Fuß zu fassen.

Damit es gelingt, gegen Viktoria Köln Druck aufzubauen und um längere Druckphasen aufrecht zu erhalten, sehe ich einige wichtige Faktoren für den TSV 1860, die sich im Vergleich zu den vergangenen Wochen verbessern müssen. Effektivität im eigenen Pressing, schnelles Erfassen der Möglichkeiten in Umschaltsituationen, Konzentration im Gegenpressing und Aggressivität beim Kampf um zweite Bälle sind wichtige Baustellen. Aber vor allem müssen sich Verbesserungen in puncto Passgenauigkeit einstellen. Gegen den Ball nicht schludern, bei eigenem Ballbesitz nicht zurückziehen. Eigentlich sind das ja Binsenweisheiten.

Gegen den Ball ist für den TSV 1860 München vor allem im Mittelfeld höchste Konzentration gefragt. Den sauber kombinierenden Kölnern darf man nirgends zwischen den Strafräumen auch nur einen Moment der Ruhe gönnen. Mit ihrem offensiv ausgerichteten Dreigestirn im Mittelfeldzentrum und den schnellen Außenspielern, welche den kompletten Flügel beackern können, kann die Viktoria jedes Team in der Liga schlagen und wird dem TSV 1860 München am Samstag alles abverlangen.

Schafft es Köln bis ins letzte Drittel der Löwen vorzudringen, gilt es vor allem die genauen Flanken zu verhindern.

Stärken und Schwächen des Systems 3-5-2

Stärken

Das System ermöglicht bei Ballbesitz eine gute Staffelung in der Breite und Tiefe. Dadurch kann eine für Passkombinationen gute Raumaufteilung entstehen.

Zwei Stürmer in der Spitze bringen starke Präsenz im Zentrum des gegnerischen Abwehrdrittels. Durch ein kompaktes Mittelfeldzentrum lässt man dem Gegner gegen den Ball wenig Raum.

Schwächen

Es ergeben sich bei Ballverlust teilweise weite Abstände, die der Gegner bei schnellem Spiel gut ausnutzen kann.

Die für die Flügelspieler langen Laufwege können – in einem dynamischen Spiel mit viel Ballbesitzwechsel – zu verfrühtem Kraftverlust der Außenspieler und damit zum Erlahmen des Drucks führen, der über die Flügel aufgebaut werden soll.

Die Flügel sind nur einfach besetzt. Deshalb können entweder Defensive oder Offensive dort schwächeln.

Gegen Systeme, in denen mit zwei oder mehr Stürmern agiert wird, kann es bei Kontern des Gegners oder zügigen Positionsangriffen leicht zu einer Unterzahl in der Hintermannschaft kommen.

Schlüsselspieler

Abwehr

Ben Voll (#1) im Tor kam von der Rostocker Ersatzbank und schlug beim FC Viktoria Köln ein. Statistisch gesehen liegt Voll auf Platz vier in der Torhüterwertung. Speziell seine Reflexe sind unwahrscheinlich gut ausgeprägt, aber auch in allen anderen Kategorien ist Voll ein sicherer Rückhalt und großer Stabilitätsfaktor in der Kölner Defensive.

Youngster Jamil Siebert (#20), erst 20 Jahre alt, ist der Turm in der Schlacht gegen den Ball bei der Viktoria. Knapp drei Viertel seiner defensiven Zweikämpfe gewinnt der Youngster und auch bei Luftduellen zieht er nur selten den Kürzeren. Den Spielaufbau übernimmt normalerweise Kapitän und Abwehrchef Christoph Greger (#15), der gegen die Löwen allerdings gesperrt ist. Keine andere Innenverteidigung hat eine derart hohe Quote bei geblockten Schüssen wie die der Viktoria.

Am Samstag wird Siebert jedoch vermutlich auf der Außenbahn spielen, denn auch Koronkiewitz ist wie Greger gesperrt. Andere Alternativen für den rechten Flügel, falls Siebert doch in der Kette aufläuft, wären Risse oder Lankford.

Mittelfeld

Patrick Sontheimer (#6): Chef im defensiven Mittelfeld, defensiv am Boden eine Bank aber in der Luft manchmal mit kleineren Problemen ist meist der erste Spieler, der im Positionsspiel nach der Eröffnung den Ball bekommt. Seine Ideen ermöglichen der Viktoria effizientes Arbeiten bis ins letzte Drittel. Er ist der Motor, der das Spiel der Viktoria antreibt.

Mike Wunderlich (#8), der Heimkehrer. Auf der Zehn hinter den Spitzen spielend, ist er ein erfahrener, unangenehmer Offensivkünstler mit guter Technik und einem Torriecher, der Seinesgleichen sucht. Wunderlich ist immer und aus jeder Position heraus gefährlich.

Sturm

Robin Meißner (#14) im Sturm ist ein typischer Mittelstürmer und kam im Sommer als Leihspieler vom HSV. Diese Leihe zahlt sich bisher aus. Sechs Tore und eine Vorlage hat er aktuell auf seinem Konto. Er verzeichnet also knapp jedes dritte Spiel einen Scorerpunkt. Meißner zeichnet sich vor allem durch seinen Torriecher aus. Sein Nachteil ist, dass Köln generell wenige Chancen kreiert und er somit im Vergleich mit anderen Stürmern der Liga eher selten zum Abschluss kommt.

Fazit

Das Fazit fällt heute besonders kurz aus.

Sieg, Niederlage, Unentschieden? Was wird es werden, wenn am Samstag der TSV 1860 München im Sechzgerstadion auf Viktoria Köln trifft? Ehrlich gesagt ist mir das Ergebnis im Vorfeld erst mal egal. Ich will eine Löwenmannschaft sehen, die das Wappen auf der Brust zu tragen verdient hat.

Ich wünsche unserem neuen Trainer Maurizio Jacobacci alles Gute für seinen Weg beim TSV 1860 München an der Grünwalder Straße 114. Möge er uns lange erhalten bleiben – denn je länger ein Trainer bleibt, desto erfolgreicher spielt seine Mannschaft.

So könnte Viktoria Köln gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

5 1 vote
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
3 Comments
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
brainwashed

Welches Wappen meinst…den guten alten Löwen oder das neue, unsichtbare, aber doch bei schon fast jedem bekannten MfS München Wappen?

Welches wird sich durchsetzen?

Andi, wir schaffern das!

Holger1860

“Möge er uns lange erhalten bleiben – denn je länger ein Trainer bleibt, desto erfolgreicher spielt seine Mannschaft.”
Bei 60 könkte es allerdings auch heißen: Je länger ein Trainer bleibt, desto länger brauchen die Gesellschafter, sich auf eine Entlassung bzw. einen Nachfolger zu einigen…
(Leider!)

andreas de Biasio

voll ist aus meiner Sicht ein sehr guter Torwart. Meißner ist nicht zu unterschätzen zwei Schlüsselspieler. ja. das sehe ich auch so. unserem neuen Trainer kann man nur das Beste wünschen. alles was ich über ihn bisher lesen konnte kann es (wenn man ihm auch wirklich Zeit einräumt) sehr interessannt werden.