Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Auswärtsspiel unseres TSV 1860 München beim VFL Osnabrück.

Osnabrück wird seit Ende August von Tobias Schweinsteiger trainiert. Er lässt dabei mit dem 4-3-1-2 eine Variante seines Lieblingssystems, dem 4-3-3 spielen. Das Wichtigste für den TSV 1860 München an diesem Samstag wird aber in erster Linie sein sich mit den eigenen fußballerischen und spielerischen Qualitäten auseinanderzusetzen und nicht damit, was der VfL Osnabrück auf den Platz bringt. Nichtsdestotrotz darf man das aber auch nicht gänzlich ignorieren. Hier also die Taktiktafel mit den Informationen, wie der Gegner das Spiel aufzieht und worauf man achten muss.

Trainer Tobias Schweinsteiger lässt seine Osnabrücker vornehmlich im 4-3-1-2 auflaufen. Das bedeutet, dass im Gegensatz zum 4-3-3 die vorderen Spitzen enger positioniert werden und der dritte Stürmer hinter den Spitzen als hängende Spitze oder Schattenstürmer agiert. Es ist im Prinzip eine offensivere Version eines 4-4-2 Raute-Systems.

Mit bisher erst drei Siegen, jeweils vier Unentschieden und Niederlagen hinken die Osnabrücker der Musik noch etwas hinterher. Grundsätzlich spielt der VFL aber solide. Trainer Schweinsteiger legt Wert auf Ballbesitz und genaues Passspiel. Das beherrschen die Osnabrücker auch immer besser. Osnabrück möchte sich den Gegner sozusagen zurechtlegen, bevor sie den Abschlus suchen.

Der Trainerwechsel einen Monat nach Beginn der Saison, weil Schweinsteigers Vorgänger Scherning zur Arminia nach Bielefeld in die zweite Liga wechselte, hat möglicherweise auch einen gewissen Anteil daran, dass die Lila-Weißen noch nicht ganz da sind, wo sie gerne wären. Abgesehen von der Niederlage vergangnen Sonntag gegen Dresden und einer Niederlage zum Einstand im Derby gegen Oldenburg hat Schweinsteiger mit Osnabrück noch kein Spiel verloren. Zudem konnte der VfL Osnabrück an der Bremer Brücke bisher nur von Ingolstadt bezwungen werden.

Kommen wir nun, bevor wir uns der Spielweise Osnabrücks widmen, zu den wichtigsten statistischen Werten des VfL Osnabrück.

Die wichtigsten statistischen Werte des VfL Osnabrück

  • Ballbesitz 56% (Platz drei in der Liga)
  • Passgenauigkeit 83% (Platz zwei)
  • Defensive Zweikampfquote 63%
  • Flankengenauigkeit 28%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 8,05 (Platz zwei)

Wie spielt der VfL Osnabrück, womit muss der TSV 1860 rechnen?

Bei Ballbesitz

Offensiv ergibt sich im Positionsspiel zunächst eine Raute. Die beiden äußeren Mittelfeldspieler besetzen die Halbpositionen. Während der ballferne Außenverteidiger eine absichernde Position einnimmt, hinterläuft der ballnahe Außenverteidiger die Pressinglinie. Somit entsteht Überzahl auf dieser Seite. Ist die Pressinglinie überspielt, sichert Osnabrück oft mit nur zwei Mann auf der letzten Linie ab und beide Außenverteidiger schalten sich ins Offensivspiel ein.

Vor dem letzten Drittel bzw. an seiner Grenze entsteht so ein Druckriegel aus vier Spielern, der durch den sich zwischen dieser Linie und den beiden Innenverteidigern positionierenden Sechser abgesichert wird. Vor dieser Viererlinie, die aus den beiden Mittelfeldaußen und den Außenverteidigern besteht, lauert hinter den beiden Spitzen der dritte Stürmer. Der ballferne Stürmer rückt dabei mit ins Zentrum. So entsteht in der Box des Gegners im Idealfall ein Sturmdreieck, bei dem ein Stürmer auf dem langen Pfosten, einer auf dem kurzen und der Schattenstürmer zentral im Rückraum lauernd darauf warten mit Pässen oder Flanken bedient zu werden – und das werden die Osnabrücker Goalgetter durchaus. Mit 210 Ballkontakten im gegnerischen Strafraum befinden sich die Osnabrücker auf Platz zwei dieser Statistik ligaweit.

Ballbesitz und Passgenauigkeit sind dabei das A und O für Osnabrück um sich den Gegner zurechtzulegen und den Weg zum Abschluss zu finden.

Gegen den Ball

Befindet sich der Gegner im Positionsspiel, presst Osnabrück im Normalfall nicht besonders hoch, aber ab der Pressinglinie, die je nach Gegner und Spielsituation variiert, durchaus aggressiv. Die Niedersachsen beherrschen es auch sehr gut das Mittelfeld eng zu machen und den Gegner dort zu schnellem Spiel zu zwingen. Die Abstände zwischen Defensiv- und Pressinglinie sind eher klein als groß, wenn sich die Osnabrücker im Spiel gegen den Ball befinden. Der dadurch entstehende hohe Defensivdruck auf den Gegner sorgt bei diesem immer wieder zu Ungenauigkeiten. Somit leiten die Osnabrücker durch ihre Art das Mittelfeld eng zu machen oft gefährliche Umschaltsituationen für sich ein.

Im eigenen letzten Drittel kann Osnabrück noch nicht mit Stabilität glänzen. Durch zu viele unnötige Fehler fängt Osnabrück sich bisher mehr Tore als statistisch gesehen nötig.

Stärken und Schwächen des 4-3-3 (4-3-1-2)

Stärken

Die Verteilung der Spieler über das komplette Spielfeld sowie die doppelte Besetzung der beiden Flügel und somit leichte Durchführbarkeit von Seitenwechseln sind große Vorteile, die einem dieses System offensiv bietet. In der Variante, die Osnabrück auf den Platz bringt – mit einem defensiven und zwei halbzentralen Mittelfeldspielern davor sowie situativ offensiv agierenden Flügelverteidigern – entfesselt dieses System geballte Angriffskraft.

Schwächen

Die Spielweise ist für den Gegner meist leicht auszurechnen. Bei Ballverlust kommt es überdies schnell zu einer Unterzahl im Mittelfeld, die passsichere Mannschaften dann ausnutzen können. Bei Positionsangriffen fehlen bei einem 4-3-3 aufgrund der sehr offensiven Ausrichtung oft Anspielstationen im Mittelfeld. Osnabrück versucht dieses Manko mit offensiv aufrückenden Flügelverteidigern und dem Schattenstürmer zu kompensieren, der je nach Situation stärker oder schwächer abkippt.

Wie kann man Osnabrück knacken?

In erster Linie müssen die Spieler des TSV 1860 München auf sich selbst schauen und nicht auf den VfL Osnabrück. Das eigene Offensivspiel wieder auf Vordermann zu bringen steht im Fokus. Laufen, laufen und noch mehr laufen muss die Devise heißen. Das statische Spiel der vergangenen Wochen muss ad acta gelegt werden.

Mit viel Bewegung in der horizontalen Ebene muss man das Stellungsspiel der Osnabrücker auseinanderziehen. Man muss über viele Verschiebungen versuchen in jeder Spielsituation für den ballführenden Spieler mindestens zwei Anspielstationen anzubieten, sodass die Spieler der Osnabrücker gegen den Ball aus ihren Positionen gezogen werden. Dann kann man Räume finden, über die ein Angriff aufs Tor des Gegners laufen kann.

Die Osnabrücker spielen nicht nur mit viel Ballbesitz, sondern auch sehr schnell und präzise. Das bedeutet auch gegen den Ball wird vom TSV 1860 viel Laufarbeit gefragt sein.

Schlüsselspieler

Philipp Kühn (#22) ist ein reflexstarker Torhüter, dem auch bei der Strafraumbeherrschung so schnell keiner etwas vormacht. Er wird eher von seinen Vorderleuten im Stich gelassen, als dass er selbst Fehler machen würde. Leichte Schwächen hat er wenn überhaupt im eins gegen eins.

Timo Beermann (#33) ist ein abgebrühter Verteidiger und Kapitän, wenn Sturmoldie Heider nicht von Beginn an auf dem Platz steht. Er hat in allen Defensivkategorien keine Schwächen vorzuweisen und kann aufgrund seiner für einen Verteidiger durchaus hohen Schnelligkkeit auch im Aufbau für Überraschungsmomente sorgen.

Sven Köhler (#6) ist auf der Position des Sechsers gesetzt. Seine Rolle dort variiert von Spiel zu Spiel. Osnabrück spielt bisweilen mit der sogenannten dynamischen Dreierkette. Allerdings kippt Köhler nicht ganz bis zwischen die beiden Innenverteidiger ab, sondern sucht sich seinen Platz etwas weiter vorn. Köhler ist überaus zweikampfstark, er organisiert die Defensive und hat ein überragendes Stellungsspiel. Um ihn gegen den Ball aus dem Spiel zu nehmen, braucht es kreative Momente.

Ba-Muakah Simakalla (#11) ist der Mann mit Freifahrtschein im taktischen Korsett des VfL. Simakalla ist der Unruheherd in der Spitze. Vorbereiten oder selbst vollenden, beides ist Simakalla in die Wiege gelegt. Als Vorbereiter ist der Stürmer oft der Mann für den vorletzten Pass, als Vollstrecker agiert er eiskalt vor dem gegnerischen Kasten.

Fazit

Es steht dem TSV 1860 beim VfL Osnabrück ein schweres Spiel bevor. Schwer vor allem deshalb, weil das Spiel für einige Akteure ein Charaktertest sein wird. Eine Vorhersage für dieses Spiel zu treffen ist nicht leicht. Alles hängt davon ab, ob die Spieler des TSV 1860 München Charakter zeigen oder nicht. Bringt jeder, der auf dem Platz steht 100% Leistung offensiv wie defensiv, ist mir jedes Ergebnis recht – dann darf man auch verlieren. Lässt man sich aber wieder zu pomadigem Spiel hinreißen, bei dem unliebsame Aufgaben auf einzelne Spieler abgewälzt werden, weil sich der ein oder andere Herr zu fein ist sich zu bewegen, ist das nicht länger akzeptabel und muss dann Konsequenzen für diese Spieler haben.

Der Matchplan wird mit Sicherheit der richtige und auch für die Mannschaft umsetzbar sein. Osnabrück ist keine Ãœbermannschaft. Ob unsere Mannschaft willens ist den Matchplan umzusetzen oder nicht werden wir sehen. Ich für meinen Teil will am Samstag keinen Spieler in weiß-blau sehen, der nach dem Schlusspfiff nicht von sich sagen kann “ich hab alles, was in mir steckt, gegeben”. Ob es dann für einen Sieg reicht oder nicht ist zweitrangig. Wichtig ist Einsatz, Einsatz, Einsatz. Wenn dieser sowie Kampf und Wille stimmen, ist das Ergebnis zweitrangig.

Hoffen wir auf drei Punkte, rechnen wir mit nichts. Damit dürften wir für Samstag gut gerüstet sein.

So könnte der VfL Osnabrück gegen den TSV 1860 morgen beginnen

Datenquelle: Wyscout

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