25 Jahre Kampf ums Sechzgerstadion – Veranstaltung am 04.03.2020
Zur gestrigen Veranstaltung in dem was heutzutage die Stadionwirtschaft im Sechzgerstadion ist, muss man vorab eines sagen. Ein Abend – und wenn er noch so gut organisiert ist wie der gestrige – kann natürlich unmöglich alle Facetten von „25 Jahren Kampf ums Grünwalderstadion“ abdecken.
Wie sagte ein Besucher gestern so schön zu Roman Beer: „Wenn wir zwei uns über die letzten 25 Jahre austauschen, dann wird das 50 Jahre dauern“.
Wenn ich also noch die eine oder andere Anmerkung schreibe zu dem, was mir persönlich gestern zu kurz gekommen ist oder gefehlt hat, dann ist das in keinster Weise als Kritik an der Veranstaltung gestern zu verstehen. Es ist lediglich eine weitere Ergänzung zu „25 Jahren Kampf ums GWS“.
Eingeladen hatten die im April 2019 gegründete Initiative „Sechzig im Sechzger“ und die „Freunde des Sechzgerstadions“. In beiden Initiativen sind Leute, die sich zum Teil seit über 20 Jahren für den Erhalt des Sechzgerstadions bzw. dem Stadion als Spielstätte für die erste Mannschaft des TSV 1860 engagieren und stark machen. Ein (positiver) Wahnsinn.
Der Abend in der Stadionwirtschaft im Sechzgerstadion
Auch der Münchner Boulevard hatte zumindest in Teilen Notiz von der Veranstaltung vernommen, so dass in der Abendzeitung vorab ein Interview mit Alexander Zeilhofer zu lesen war. Nicht zuletzt deshalb war die Stadionwirtschaft bis auf den letzten (Steh)platz gefüllt und es waren sehr viel alte Recken aus 25 Jahren Stadionkampf erschienen.
Nicht vergessen darf man an dieser Stelle jedoch die, die sich über die Jahre leider verabschiedet haben und gestern nicht da waren. Viele hat der Kampf ums Grünwalderstadion aufgerieben oder sie haben einfach so das Interesse am Fußball oder den Löwen verloren. Manche sind weggezogen, hatten gestern keine Zeit oder sie haben am gestrigen Tag vom Löwenhimmel aus zugesehen.
Mindestens die gleiche Anzahl wie die der gestrigen Anwesenden haben mir alleine schon an „aktiven“ gefehlt. Aber wenn alle aus den letzten 25 Jahren gekommen wären, dann hätte man statt der Stadionwirtschaft auch eher die Haupttribüne im Sechzgerstadion nehmen müssen.
Stark besetztes Podium
Auf dem Podium gestern eine Auswahl aus 2,5 Jahrzehnten Stadionkampf quasi in der Reihenfolge wie sie dazugekommen sind. Ein Mann der ersten Stunde – der Flo, daneben der Roman Beer der kurz darauf schon dazu stieß, neben ihm X(XX)-Tausend-Organisator Jompi1860 (so sein Name im Löwenforum), der im AZ-Interview vorgestellte Zeili sowie Haasi & Mauri.
Die letzten hatten ob ihrer späten Geburt das „Vergnügen“, sich überwiegend in der Arena unter anderem mit phantastischen Choreographien für das Sechzgerstadion einzusetzen – doch dazu später mehr. Beginnen wir in der richtigen Reihenfolge mit den Anfängen, von denen der Flo erzählte.
Die 90er Jahre
Zum Beispiel aus dem Jahre 1994. Der TSV 1860 war gerade sensationell in die erste Liga durchmarschiert und spielte mit der 13+4 Lösung. Die vier Spitzenspiele wurden im Olympiastadion ausgetragen, die 13 restlichen in der Löwenheimat Sechzgerstadion – die wohl (nicht nur) damals sinnvollste Lösung. Von der Stadt gab es damals Pläne und ein bereits zurückgestelltes Budget, um die Ostkurve im Sechzgerstadion auszubauen.
Pläne, die laut Flo den jetzt erst vorgestellten Plänen sehr ähneln würden, doch die damalige Vereinsführung hatte größeres im Sinn. Man ging davon aus, „dass man im Olympiastadion durch die größere Stadionkapazität 30 000 Fans dazugewinnen könne“ und nahm dafür auch in Kauf, „500 oder 1000 Fans zu verlieren“. Dieses Zitat wird Karl-Heinz Wildmoser zugeschrieben.
Schon damals zweifelten viele diese Zahlen an. 30 000 Fans dazugewonnen hat man im Olympiastadion leider nie und die Zahl derer, die man mit solchen Aussagen vergrault hat, dürfte meiner Meinung nach um eine Null zu gering ausgefallen sein.
Ein “Schlag in die Magengrube”
Flo berichtete auch, dass diese Aussage für ihn und die anderen Mitstreiter ein richtiger Schlag in die Magengrube gewesen sei. Die treuesten der treuen, die den Verein nach dem Zwangsabstieg über ein Jahrzehnt in der Bayernliga die Treue gehalten hatten, auf sie wurde auf einmal verzichtet. Weil man im Olympiastadion “zigtausende dazugewinnen könnte”. Ein Irrtum, dem Wildmoser damals aufgesessen war, weil er aus der Geschichte nichts gelernt hatte.
Die Löwen waren ja schon nach der Fertigstellung des Olympiastadions anlässlich der Olympischen Spiele 1972 ins Oly (zum Teil) gezogen und stellten dort sogar den Zuschauerrekord für das am besten besuchte Zweitligaspiel auf. Gegen den FC Augsburg am 15. August 1973. Nach offiziellen Angaben waren es „nur“ 73 000 – das damalige Fassungsvermögen des Olympiastadions – zahlreiche Quellen geben aber an, dass zum Anpfiff die Eingänge des ausverkauften Stadions überrannt wurden und eher 100 000 Leute im Stadion waren. 136 Leute wurden bei dem Stadionsturm verletzt.
Trotzdem erreichte der TSV 1860 niemals in all den Jahren bis zum Zwangsabstieg einen Zuschauerschnitt im Olympiastadion, der nicht auch ins Sechzgerstadion gepasst hätte. Man hatte den Heimvorteil aufgegeben, dazu schlecht gewirtschaftet und nicht zuletzt weil der DFB bei 1860 ungewöhnlich hart durchgriff erfolgte 1982 der Lizenzentzug und der damit verbundene Zwangsabstieg in die Bayernliga. Kommt das nicht sogar den jüngeren Mitlesern bekannt vor? Ein Wahnsinn, dass es bis heute Leute gibt, die aus einem mehrfach begannen Fehler einfach nichts lernen wollen..
Rückkehr ins Sechgzerstadion
Die Löwen gingen demütig ins Grünwalder Stadion zurück und wurden hier am ersten Spieltag in der Bayernliga gegen Landshut förmlich überrascht und überrannt. Damals war Fußball noch nicht so „in“, selbst der Nachbar und Deutsche Meister des Vorjahres hatte einen Zuschauerschnitt von gerade einmal 33 000.
Die Löwen hatten in der desolaten Vorsaison gerade einmal 11 000 Zuschauer im Schnitt.
Darum waren alle umso erstaunter, dass zum ersten Heimspiel in der Bayernliga dann 14 000 Zuschauer kamen. Das Spiel musste mit Verspätung angepfiffen werden, die Löwenfans ließen ihren TSV 1860 auch nach dem Zwangsabstieg nicht im Stich. Der Mythos war geboren…
Flo war einer von denen, der nach dem Zwangsabstieg mit seiner Jahreskarte den Verein am Leben gehalten hat, auch zu einem Zeitpunkt als keiner mehr an einen Wiederaufstieg glaubte. Auf diese Leute wollte Wildmoser verzichten? Welch ein Fehler.
Der Kampf ums Grünwalderstadion begann
Die damaligen (Kommunikations-)Mittel waren begrenzt. Es gab kein Internet, keine Smartphones, kein Whatsapp. Ein Plakat oder einen Flyer zu erstellen war eine schwierige Aufgabe, denn die wenigsten hatten einen Computer daheim.
Trotzdem gab es bereits im Herbst 1993, als der Verein beschloss das Sechzgerstadion nicht auszubauen und dafür ins Olympiastadion umzuziehen die ersten Plakate und Flugblätter, auf denen eine Postfachadresse für den Kontakt angegeben war. In diesem Postfach fanden sich dann bald viele Briefe, zwei davon waren dem Flo besonders im Gedächtnis geblieben.
Einer von denen war von Rainer B. der viele Jahre „das Gesicht“ im Kampf ums Sechzgerstadion sein sollte, der andere „von einem jungen Bürscherl aus Oberaudorf“ – Roman Beer. Die, die über viele Jahre den Stadionkampf prägen sollten hatten sich ein- und zusammengefunden…
Teil II folgt