1860 scheitert nach großem Spiel an Real Madrid

30.11.1966. Europapokal der Landesmeister. Achtelfinale. Rückspiel. 55.000 Zuschauer. Der TSV 1860 ist30 zu Gast auf dem heiligen Rasen des Estadio Santiago Bernabeu, beim großen Favoriten Real Madrid.  Zwar hatte das Real der Sechziger-Jahre nicht mehr die absolute Dominanz vergangener Tage, als das „Weiße Ballett“ von 1956 bis 1960 die europäische Konkurrenz nach Belieben beherrschte und fünfmal hintereinander den Europapokal der Landesmeister abstauben konnte, aber die Königlichen hatten nach einer europäischen Durststrecke als Sieger dieses Wettbewerbs im Mai 1966 wieder zu alter Stärke zurückgefunden.

Mit einem knappen Hinspielsieg nach Spanien

Real Madrid, ein übermächtiger Gegner? Nicht für die Löwen. Bravourös hatten sich die Münchner 14 Tage vorher im Hinspiel zu Hause vor 45 000 Zuschauern im ausverkauften Stadion an der Grünwalder Straße geschlagen: 1:0 hieß es nach 90 Minuten, in denen die Sechzger die bessere Mannschaft waren und durch ein Tor von Hennes Küppers verdient gewannen. Aber man wusste um die legendäre Auswärtsschwäche und die enorme Heimstärke der Madrilenen. Und so fragten sich bange Beobachter, ob dieses knappe Resultat fürs Weiterkommen reichen würde. Zudem mussten die Löwen – wie schon im Hinspiel – ohne drei wichtige Stammkräfte auskommen. So fehlte Torgarant Timo Konietzka ebenso wie Flügelflitzer Fredi Heiß. Besonders das Fehlen von Abwehrspieler Manni Wagner sollte sich jedoch höchst negativ bemerkbar machen.

Rudi Brunnenmeier nährt die Hoffnung

Das Spiel begann – um 21:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit angepfiffen – mit einem Sturmlauf der Königlichen in ihren makellos weißen Trikots. Aber 1860 konterte. 15. Minute: Hennes Küppers passt auf Rudi Brunnenmeier, der den Ball zentral 16 Meter vor dem Tor aus der Drehung volley mit rechts unhaltbar in den Torwinkel hämmert. Ein Traumtor. Der damals 9jährige, leicht löwenfanatische Autor, dem seine Mutter eine halbe Stunde längeres Aufbleiben gewährt hatte, hing wie gebannt am Radiogerät. Nach dem Führungstor für die Löwen entschlummerte er ins Land der Träume, siegessicher und glücklich. Zwei Tore Vorsprung, das würde reichen.

Die Königlichen schlagen zurück

Über dem Bernabeu-Stadion funkelten die Sterne, zum Greifen nah und sie leuchteten für die Münchner Löwen. Sollte dieser Traum wirklich in Erfüllung gehen? Noch nie hatte eine deutsche Mannschaft im Bernabeu gewinnen können. Aber ein Unentschieden hätte ja auch schon fürs Erreichen der nächsten Runde im Europapokal genügt. Eine 1:2 Niederlage allerdings nicht, da es damals die Auswärtstor-Regel noch nicht gab. Immerhin hätte der TSV 1860 dann noch die Chance auf ein Entscheidungsspiel gehabt. Alles schien jetzt möglich, die Tür zu einem ganz großen internationalen Erfolg stand einen Spalt offen, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Denn dann schlug Real durch Tore von Grosso in der 25. Minute und Veloso in der 38. Minute gegen die ersatzgeschwächte Löwen-Abwehr erbarmungslos zu. Pirri brachte die Madrilenen in der 52. Minute mit seinem noch abgefälschten Torschuss zum 3:1 endgültig auf die Siegesstraße. Dabei blieb es bis zum Schluss.

Max Merkel als Schuldiger?

Zeitzeuge Manni Graf führt das Ausscheiden der Sechzger aus dem Europapokal vor allem auf Fehler von Trainer Max Merkel zurück, der die Löwenabwehr auf den Madrider Sturmlauf nicht gut eingestellt habe. Dennoch zeigte der ersatzgeschwächte TSV 1860 gegen die Stars aus der spanischen Hauptstadt eine beachtliche Leistung.

Nach der Niederlage in Madrid, die mit einer besseren Taktik durchaus vermeidbar gewesen wäre, war die Zeit des Diktators und Löwendompteurs Max Merkel als Trainer des TSV 1860 München vorbei. Seinen von verbalen Entgleisungen, Rücksichtslosigkeit und Rechthaberei geprägten Umgang mit den Spielern ließen sich charakter- und meinungsstarke Persönlichkeiten wie Petar Radenkovic und Peter Grosser nicht länger gefallen. Es kam zum endgültigen Zerwürfnis. Die Mannschaft stimmte ganz einfach demokratisch über den Verbleib ihres Trainers ab. Nur wenige Spieler hielten noch zu Merkel. Wenn schon nicht gegen Real Madrid, so hatte die Mannschaft am Ende doch wenigstens über Max Merkel gesiegt. Ergebnis: 12:3. Präsident Adalbert Wetzel blieb nichts anders übrig, als den vormaligen Meistertrainer zu entlassen.

Das Sechzger-Spiel des Monats

Einmal im Monat entführt Euch Thomas Bohlender in die Vergangenheit des TSV 1860 München und stellt ein – aus seiner Sicht – besonderes Spiel näher vor. Der Autor ist Mitglied der Abteilung Vereinsgeschichte des TSV 1860 München e.V.!

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