Mit einer überraschenden Nachricht ging Hans-Joachim Watzke, der Sprecher des DFL-Präsidiums Mitte der Woche an die Öffentlichkeit. Die DFL habe die Suche nach einem Investor eingestellt. “Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich”, sagt er. Anhaltende Proteste der Fans und harte Diskussionen hätten die Vereine und den deutschen Profifußball nach Worten Watzkes vor eine “Zerreißprobe” gestellt. Nun habe man die Verhandlungen beendet und das Vorhaben ad acta gelegt. Ein Sieg für die Fans in den Stadien der deutschen Profiligen, die in den letzten Wochen immer wieder gegen den Einstieg eines Investors protestiert hatten.

Irritierende Nachrichten noch am Tag zuvor

Noch tags zuvor hatte die DFL kein Verständnis für die Fans gezeigt, die immer kreativere Formen des Protests in die Stadien getragen und für zahlreiche Spielunterbrechungen gesorgt hatten. Man denke über neue Szenarien und Abstimmungen nach, hatte es damals geheißen. Da es scheinbar keine Alternativen gab, wurde die Investorensuche nun beendet. Wir hatten noch Anfang der Woche berichtet, wie wichtig und richtig die Proteste der Fans waren.

Ein kurzer Blick zurück

Bereits im Mai 2023 wurde über den Einstieg eines Investors abgestimmt. Damals scheiterte das Projekt an der fehlenden Zwei-Drittel-Mehrheit der Vereine. Ende Dezember wurde erneut abgestimmt und dabei genau die erforderliche Quote von 24 der 36 Stimmen erreicht. Für Diskussionen sorgte aber das Stimmverhalten von Martin Kind, der entgegen der Anweisung des Vereins von Hannover 96 für den Einstieg gestimmt hatte. Im Anschluss begannen die Proteste, aber nicht nur in Hannover. In der ganzen Republik, protestierten die Fans mit Tennisbällen, die auf den Rasen flogen, bis hin zu ferngesteuerten Autos, die für Unterbrechungen sorgten.

Keine Verhältnisse wie in Spanien oder England

Ein Investoren-Einstieg, acht Prozent der Vermarktungsrechte hätten an CVC oder Blackstone (das sich vorzeitig aus dem Bieterprozess zurückgezogen hatte) veräußert werden sollen, zum Preis von etwa einer Milliarde Euro, hätte mit Sicherheit zu einer weiteren Kommerzialisierung des Profifußballs geführt. Dies haben die Fangruppen nun gemeinschaftlich unterbunden. In Spanien, wo CVC ein Gesellschafter ist, finden beispielsweise an einem Spieltag gestreckt über vier Tage zehn Spiele zu zehn unterschiedlichen Spielzeiten statt. Das pure Produkt Fußball für die Zuschauer am TV ohne Rücksicht auf die Fans in den Stadien. In England oder Frankreich können sich die eigentlichen Fans die Tickets nicht mehr leisten. Entsprechend leer sind oftmals die Stadien und entsprechend mau ist auch die Stimmung.

Tradition vor Seelenverkauf

Auch das Argument, die deutschen Vereine seien ohne den Einstieg eines Investors international nicht konkurrenzfähig, kann man getrost vom Tisch wischen. Sechs von sieben deutschen Clubs stehen in den internationalen Wettbewerben der UEFA in der K.O.-Runde. Die deutsche Bundesliga muss nicht den Anspruch für sich haben, dass dort die zehn teuersten Stars Europas spielen. Denn das endet in einem Verkauf der Seele und in einem Verlust der Identität der Clubs, die dann aus dem Ausland gelenkt werden. Und zwar von Leuten denen die Sachkenntnis und die Verbindung zu der Situation vor Ort fehlt. Dann lieber weiterhin Traditionsduelle, tolle Stimmung und volle Stadien. Auch ohne einen Mbape, Benzema oder Haaland in der Bundesliga. Nicht umsonst hat die höchste deutsche Liga aktuell die besten Zuschauerzahlen aller europäischen Top-Ligen.

Isamaik sieht eine Niederlage des deutschen Fußballs

Hasan Ismaik, Investor beim TSV 1860 München, kommentierte die Entscheidung in den sozialen Medien folgendermaßen: “Es ist zweifelsfrei ein Sieg für die Ultras, aber eine große Niederlage für die weitere Entwicklung des deutschen Fußballs.”. In Anbetracht der Zahlen die dem klar widersprechen, kann man dieses Zitat wohl unkommentiert so stehenlassen.

Klares Bekenntnis zu 50+1

Das klare Bekenntnis der DFL zur 50+1-Regel und nun die Absage an einen Investoren-Deal dürften hingegen eine klare Ansage an mögliche Investoren bei allen deutschen Profi-Clubs sein, dass ihnen die Möglichkeit eines Investments weiterhin offen steht, allerdings mit der Einschränkung, dass die Entscheidungsvollmacht bei den Muttervereinen bleibt – und das ist auch gut so für die Zukunft des Deutschen Fußballs.

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Alexander Schlegel

Das Hauptargument für diese totale Kommerzialisierung über Investoren ist ja immer, dass der deutsche Fußball in Europa nicht mehr konkurrenzfähig sei. Erstens stimmt das nicht – wie im Bericht ja schon erwähnt – und zweitens treibt es die Schere der Vereine noch weiter auseinander. Wollen wir in Zukunft, dass die Nebensträßler mit der B-Mannschaft in Bochum 6:0 gewinnen? Genießen wir es nicht alle, dass an einem guten Tag in der Bundesliga jeder jeden schlagen kann? Weitere Abermillionen von Euro, die über Investoren reinkommen, sorgen nur wieder für weitere Chancenungleichheit. Denn Investoren mit viel Geld gehen hauptsächlich zu Vereinen mit viel Geld. Das heutige Gefälle vergrößert sich damit eher noch, weil – von Ausnahmen abgesehen – die großen Vereine davon mehr profitieren werden. Damit wären fußballerische Märchen wie bei Union Berlin oder in Freiburg in Zukunft kaum mehr möglich

Außerdem: Was geht uns ein weiterer Champions-League-Sieg der Roten an? Eben, gar nichts. Es gibt so viele fußballverrückte Länder, die alle keine Champions-League-Siege feiern können. Und, lähmt das die Fußballbegeisterung in Portugal, in der Türkei, in den Niederlande oder Belgien deswegen? Natürlich nicht …

Joerg

Das ganze ist doch sowieso nur eine mögliche Kreditaufnahme gewesen, wenn man 20 Jahre lang zukünftige Einnahmen verpfändet….
Ausserdem hätte eine offene Abstimmung für Transparenz gesorgt, den ganzen Ärger hätte man sich ersparen können…….
Tja und unser “Fußballexperte” aus dingsda muss natürlich seinen unqualifizierten Facebook Post dazu abgeben, na dann…….

Alexander Schlegel

Das ist schon genau das richtige Stichwort: Wenn man Geld braucht, kann man sich das ja auch bei der Bank leihen. Da dürfte man ähnliche Konditionen herausholen können und müsste hier nicht einen weiteren Partner mit ins Boot holen. Die ganze Geschichte ist von vorn bis hinten dubios und jeder spürt doch, dass der Zug schon seit längerem in die falsche Richtung fährt.

Ich hoffe wirklich, dass vielleicht die Fans in England jetzt mal langsam aufwachen und sich den Protesten anschließen.