Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Spiel unseres TSV 1860 München bei der U23 des SC Freiburg. Die extrem junge Mannschaft der Freiburger musste im Sommer einen großen Umbruch verdauen. Was erwartet uns am Samstag beim Nachwuchs des SCF?

Am 31.Spieltag steigt die Partie SC Freiburg II – TSV 1860 München. Gegen die zweite Mannschaft der Breisgauer sieht die Bilanz für die Sechzger absolut positiv aus. Vier von fünf Pflichtspielen konnten bisher gewonnen werden, nur einmal verloren die Löwen. In dieser Saison hat Freiburg bisher erst fünf Mal gewinnen können, ebenso oft Unentschieden gespielt und 20 Niederlagen eingesteckt.

Thomas Stamm, Trainer der Freiburger Nachwuchskicker, setzt mittlerweile auf ein 3-5-2, nachdem er in der Hinrunde und in den ersten Spielen nach Ende der Winterpause noch hauptsächlich mit einer Viererkette in der Abwehr agierte. Das 3-5-2 verschiebt sich gegen den Ball zu einem 5-3-2 bzw. 5-4-1. Schmerzlich vermissen werden die Freiburger Julian Stark, der gegen Halle die rote Karte sah.

Im Pressing ist Freiburg eher wenig aggressiv einzuordnen, die Defensivlinie steht in Erwartung gegnerischer Positionsangriffe zunächst meist mittig.
Bei eigenem Ballbesitz orientiert sich Freiburg im Positionsspiel mit variablem Kombinationsspiel auf der gesamten Breite des Feldes. Nach Eindringen ins letzte Drittel des Gegners geht Freiburg meist über die Halbpositionen kommend oft erst spät ins Zentrum.

Vor der genaueren Betrachtung der Freiburger Spielweise gibt es an dieser Stelle wie immer die statistischen Werte des kommenden Gegners.

Statistische Werte des SCF II

  • Ballbesitz 55% (Platz 3)
  • Passgenauigkeit 81%
  • defensive Zweikampfquote 63%
  • Flankengenauigkeit 33%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 9,77

Wie spielt Freiburg II?

Das mittlerweile bei Freiburg etablierte 3-5-2 bietet den Breisgauern variable Möglichkeiten, welche die intelligenten Spieler im zweitteuersten Kader der Liga auch gut ausnutzen. Variantenreich nach vorne und im Zentrum kompakt gegen den Ball sind die Hauptmerkmale beim SCF II.

Bei Ballbesitz

Beim Freiburger Nachwuchs setzt man klar auf Kombinationsspiel. Der Ball wird laufen gelassen, kurze Kombinationen über die gesamte Breite des Feldes mit hohem Tempo in Richtung gegnerischem letzten Drittel dominieren das Geschehen. Falls über die Außenpositionen eröffnet wird, geht Freiburg dort auch gerne die Linie am Flügel entlang. Dies erfolgt allerdings immer über möglichst viele Stationen. Das Spiel in die Halbräume, von wo auch immer der jeweilige Angriff lanciert wurde, erfolgt beim Eintritt bzw. kurz nach dem Eindringen ins letzte Drittel. Kann sich der Spieler dort dann durchsetzen, wird das Spiel erst möglichst spät wieder ins Zentrum verlagert. Hier zeigten sich bei der Beobachtung der Spiele der Breisgauer mehrere Varianten.

Varianten in der Offensive

Wenn das Anspiel über einen langen Diagonalpass kommt, folgt meist ein tiefer Lauf auf der Halbposition weit in den Sechzehnmeterraum des Gegners hinein und von dort ein Anspiel in die Mitte oder den zentralen Rückraum.

Wird der Spieler auf der offensiven Halbposition aus dem Zentrum heraus angespielt, versucht man das Momentum der Verschiebung beim Gegner in diese Richtung auszunutzen, indem ein Pass oft knapp vor dem Strafraum wieder in die Mitte kommt. Dort wird entweder gleich der Abschluss gesucht oder der Spieler auf der anderen Halbposition, der dann oft Platz vor sich vorfindet. So kann er in Szene gesetzt und ihm ein Lauf in die Tiefe des Sechzehners ermöglicht werden.

Kommt Freiburg über den Flügel ins gegnerische letzte Drittel, versucht der ballführende Spieler entweder wie in der ersten erwähnten Variante das weite diagonale Abspiel oder aber er sucht selbst die Tiefe, wenn Platz vorhanden ist, um über Flankenläufe zu arbeiten, die dann meist aber entweder mit inversen Läufen oder über Kombinationsspiel in der Tiefe gelöst werden. Seltener sieht man bei Freiburg die hohen Flanken vom Flügel ins Zentrum. Die Variante von außen zunächst in die Randpositionen der Box zu kommen und von dort mit flachen Flanken zu arbeiten wird eindeutig häufiger gewählt.

Dass Freiburg, obwohl sie den vierthöchsten Ballbesitz der Liga verzeichnen, nur auf Platz 15 steht was die eigene Flankenhäufigkeit betrifft zeigt ebenfalls, dass im letzten Drittel des Gegners das Spiel im Zentrum und den Halbräumen deutlich bevorzugt wird.

Probleme vor dem Tor

Generell ist allerdings das Spiel vor dem gegnerischen Tor bei Freiburg problematisch. Oft ungenau und hektisch agierend erspielt sich Freiburg die wenigsten Schussmöglichkeiten der Liga in der gegnerischen Box.

Die Zuspiele in die Box haben bei Freiburg im Schnitt diese Saison ähnlich gute Zahlen wie beim jeweiligen Gegner. Der Erfolg dabei liegt allerdings um 25 Prozent unter dem der Kontrahenten. Etwa die Hälfte der Schüsse Freiburgs kommen von jenseits der Strafraumgrenze.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Freiburg bis ins letzte Drittel des Gegners hinein grundsätzlich immer ein gutes hochwertiges Spiel zeigt, dort dann aber oft Ideen und Durchschlagskraft sowie Passgenauigkeit zu wünschen übrig lässt. In einigen Spielen nach der Winterpause war aber dieses Manko stark verbessert, weshalb man sich auch gegen Freiburg nie in Sicherheit wiegen darf.

Gegen den Ball

Ist der Gegner in Ballbesitz, zieht sich Freiburg schnell und diszipliniert zurück. Hohes Pressing wird im Normalfall nur dann eingesetzt, wenn der SCF II in Rückstand gerät.

Die Pressinglinie setzen die Breisgauer bisher meist mittig in der gegnerischen Spielfeldhälfte. Die Defensivlinie wird meist auf mittlerem Niveau aufgestellt, um im Mittelfeld nicht zuviel Platz zu lassen.

Schafft es der Gegner sich nach Überspielen der Pressinglinie bis ins letzte Drittel der Freiburger durchzukämpfen, erwartet ihn dort eine 5-3 oder 5-4 Formation vor der Freiburger Box. Je nachdem, wie die Raumaufteilung beim Gegner aussieht, passt Freiburg sich da an. Der ballferne Mittelfeldaußen kippt auch oft nur sehr spät in die Kette ab, was dort dann eine leichte Asymmetrie zur Folge hat.

Grundsätzlich sind die jungen Breisgauer gegen den Ball weder zimperlich noch zurückhaltend. Man könnte aufgrund des hohen Ballbesitzes der Nachwuchstruppe ja grundsätzlich vermuten, dass a) wenig Zweikämpfe geführt würden und b) auch die abgefangenen Pässe deutlich niedrigere Zahlen aufweisen als die der Gegner im Schnitt. Dem ist allerdings absolut nicht so. Bei den Zweikämpfen gegen den Ball kommt Freiburg im Schnitt auf eine höhere Anzahl als ihre Gegner und bei den abgefangenen Pässen stehen nur um knapp neun Prozent weniger auf dem Konto als bei deren bisherigen Kontrahenten. Rechnet man das auf die Ballbesitzanteil der Gegner herunter, gleicht sich das nahezu aus.

Wie kann man Freiburg knacken?

Bei Ballbesitz

Wichtig wird es für den TSV 1860 sein gegen den SC Freiburg vor allem im Zentrum präsent und extrem präzise zu sein. Die eigenen Flügel deckt Freiburg durch gute vertikale und horizontale Verschiebung meist gut ab. Ballfern rücken die Freiburger Mittelfeldaußen gern auf die Halbposition ein, um auch das Zentrum eng und schwer bespielbar zu machen. Wenn überhaupt kippt der ballferne Mittelfeldfeld außen nur bei einem Flankenwechsel des Gegners auf seine eigentliche Defensivposition ab.

Schnelle Kombinationen mit hoher Präzision vor allem im letzten Drittel und bei der Penetration der Box, Doppelpassspiel, das Mitaufrücken aus dem defensiven Mittelfeld und eines Außenverteidigers wird nötig sein, um die für gelungene Kombinationen ausschlaggebende Überzahl herzustellen.

Gegen den Ball

Genau wie in der Offensive ist gegen den SC Freiburg II für den TSV 1860 München auch für die Defensive eine starke Zentrale wichtig. Freiburg kommt wie erwähnt im letzten Drittel gern über die Halbpositionen oder durch die Mitte.

Kommt Freiburg über den Flügel, ist aufgrund der hohen technischen Fähigkeiten der Außenspieler der Freiburger das Abkippen in die Kette aus dem Mittelfeld sehr zu empfehlen. Ob das diagonal von der Außenposition nach innen geschieht oder die Spieler in zentraleren Positionen diese Aufgabe bekommen, muss situationsbedingt auf dem Platz entschieden werden. Gute Kommunikation ist wichtig, damit sich dabei keine Missverständnisse ergeben.

Stärken und Schwächen des Systems 3-5-2

Stärken

Das System ermöglicht bei Ballbesitz eine gute Staffelung in der Breite und Tiefe. Dadurch kann eine für Passkombinationen gute Raumaufteilung entstehen.

Zwei Stürmer in der Spitze bringen starke Präsenz im Zentrum des gegnerischen Abwehrdrittels. Durch ein kompaktes Mittelfeldzentrum lässt man dem Gegner gegen den Ball wenig Raum.

Schwächen

Es ergeben sich bei Ballverlust teilweise weite Abstände, die der Gegner bei schnellem Spiel gut ausnutzen kann.

Die für die Flügelspieler langen Laufwege können in einem dynamischen Spiel mit viel Ballbesitzwechsel zu verfrühtem Kraftverlust der Außenspieler und damit zum Erlahmen des Drucks führen, der über die Flügel aufgebaut werden soll.

Die Flügel sind nur einfach besetzt. Deshalb können entweder Defensive oder Offensive dort schwächeln.

Gegen Systeme, in denen mit zwei oder mehr Stürmern agiert wird, kann es bei Kontern des Gegners oder zügigen Positionsangriffen leicht zu einer Unterzahl in der Hintermannschaft kommen.

Schlüsselspieler

Tor

Ratespiel im Tor. Benjamin Uphoff (#1), der des Öfteren auch in der ersten Mannschaft auf der Bank sitzt, oder doch die Winterleihgabe von den Nachbarn aus der Seitenstraße Lukas Schneller (#38)? Ich persönlich vermute, dass Uphoff zu seinem 18.Einsatz für den SCF II in dieser Saison kommen wird. Mit seinen 30 Jahren ist Uphoff ein routinierter Keeper, der seiner Hintermannschaft Sicherheit vermitteln kann und in dieser Saison mit seinen Paraden schon einige Gegentore verhindern konnte. Seine Strafraumbeherrschung sowie seine Reflexe bewegen sich auf überdurchschnittlichem Niveau. Im eins gegen eins hat man statistisch gesehen diese Saison eine 50/50 Chance ihn zu überwinden.

Abwehr

Ob der nach einer Sprungelenksverletzung wiedergenesene Serge Müller (#13) seinen Stammplatz in der Abwehr wieder einnimmt, wird man sehen. Sollte er spielen, nimmt der schnelle und auch kopfballstarke Verteidiger vermutlich die zentrale Position in der Abwehrkette ein. Der zweikampfstärkste Verteidiger der Breisgauer ist zur Zeit Joél Bichsel (#25) der – sofern er spielt – auch für den Aufbau aus der Defensive heraus zuständig ist.

Mittelfeld

Julian Stark (#11) wird dem SC Freiburg II im Spiel gegen den TSV 1860 München wegen einer Rotsperre fehlen. Mit Mika Baur (#22), der einer der Top Spieler im zentralen Mittelfeld in Liga drei ist und auch schon viermal im Kader der ersten Mannschaft der Breisgauer stand (allerdings ohne Einsatz), hat Thomas Stamm in der gestalterischen Position auf dem Spielfeld für Stark einen adäquaten Ersatz am Start. Technisch exzellent ausgebildet, dribbelstark und äußerst passsicher kann der erst 19-Jährige extrem gefährliche Situationen kreieren. Wenn er schießt ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Ball aufs Tor geht überdurchschnittlich hoch. Auch gegen den Ball ist er sehr einsatzfreudig und gewinnt dabei deutlich mehr Duelle als er verliert.

Sturm

Maximilian Breunig (#29), der auch zum erweiterten Kader der Bundesligamannschaft der Breisgauer zählt, kommt auf bisher zehn Treffer. Sieben davon hat er in den letzten fünf Spielen erzielt. Der Mittelstürmer hat momentan einen wirklich guten Lauf. Er ist also derzeit extrem torgefährlich, dazu obendrein Kopfballstark und kann auch im eins gegen eins seine Gegenspieler aussehen lassen wie Slalomstangen. Höchste Vorsicht ist geboten, wenn Breunig in der Box angespielt wird.

Fazit

Die nach der Winterpause erstarkten Freiburger muss man auf alle Fälle sehr ernst nehmen. Freiburg hat nichts zu verlieren und kann ungehemmt aufspielen. Es wird kein leichtes Spiel für die Mannschaft des TSV 1860 München im Dreisamstadion gegen den SC Freiburg II. Das ist klar.

Allerdings denke ich, dass man dort punkten muss und kann. Vor allem unsere Offensive sollte gegen Freiburg zeigen können, dass man dominant spielen kann. Man muss das Heft selbst in die Hand nehmen.

Gelingt das, sind drei Punkte möglich. Vor Freiburg braucht man nicht in Ehrfurcht erstarren, aber natürlich ist aufgrund der technischen Fähigkeiten der Spieler auf allen Positionen immer Vorsicht geboten, wenn Freiburg beginnt sein Kombinationsspiel aufzuziehen.

Ich bin zuversichtlich, dass unsere Sechzger Punkte aus dem Breisgau mitnehmen.

So könnte der SC Freiburg II gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

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