Unser Vorbericht zum Spiel der Löwen beim Aufsteiger  im Olympiastadion

Coming home? – Besser: Coming back

Der TSV 1860 kehrt für das Spiel gegen Türkgücü zurück. An den Ort, an dem für einen sehr großen Teil der heute aktiven Anhängerschar die größten selbst miterlebten sportlichen Erfolge gefeiert wurden: Derbysiege vor und nach der Jahrtausendwende, ein Championsleague-Qualifikationsspiel gegen Leeds United, UEFA-Cup-Schlachten gegen den AC Parma oder Rapid Wien… Aber, Löwenfreunde: Es ist Corona-Pandemie und auch das heutige Duell gegen den Emporkömmling aus der Heinrich-Wieland-Straße findet vor leeren Rängen statt. Derjenige, der bei diesem Spiel an alter Wirkungsstätte allein schon aufgrund des Austragungsortes Euphorie empfindet, der hat das, was unseren Sport so einzigartig macht, anscheinend überhaupt nicht verstanden.

Herbst 2020: Geisterspiel im Olympiastadion

Euphorie nur für aktuelle Löwenleistungen

Euphorie löst in diesen Tagen nur die sportliche Situation der Löwen aus. Nach dem packenden 3:2 über den starken Aufsteiger SC Verl haben wir heute den nächsten  Aufsteiger vor der Brust: Türkgücü München. Und obwohl im letzten Aufeinandertreffen dieser beiden Kontrahenten im Totopokal vor nur 18 Tagen die Löwen den Kürzeren zogen, ist 1860 heute Nachmittag Favorit. Der türkische Motor ist in der Liga zuletzt ein wenig ins Stocken geraten: Nur ein Sieg aus den letzten sechs Partien und eine Serie von drei Pleiten am Stück zum Start in den März haben dazu geführt, dass sich TGM aktuell nur noch auf dem 8. Tabellenplatz befindet. Satte elf Punkte hinter den Löwen. Und die gehen mit der breiten Brust von drei Siegen in die heutige Partie. Eine solche Serie gelang Sechzig in den fast drei Spielzeiten in der 3. Liga bislang vorher noch gar nicht.

Vier Siege am Stück

Sollte heute Nachmittag im Olympiastadion gar der vierte weißblaue Triumph hintereinander realisiert werden, so würde sich das Team von Michael Köllner in einen Kreis von immerhin schon acht Teams der 3. Liga einreihen, denen dieses Kunststück in der laufenden Saison auch schon einmal gelungen ist:

Dem Tabellenführer Dresden, dem Verfolger Rostock und außerdem Saarbrücken, Wiesbaden, Viktoria Köln, Lübeck, Magdeburg und unserem heutigen Gegner. Und einige Male waren an diesen Siegesserien auch unsere Löwen beteiligt: Die vier Dresdner Erfolge en bloc im November 2020, als der Dynamo in der 3. Liga langsam ins Rollen kam, begannen mit einem 2:1 über den TSV 1860. Die sogar fünf Siege währende Serie von Hansa Rostock im Winter endeten hingegen mit einem 0:0 auf Giesings Höhen. Der Aufsteiger aus dem Saarland verbucht in der laufenden Saison sogar zweimal vier Dreier am Stück: Zu Saisonbeginn im Oktober (das letzte Spiel dieser Siegesserie war der Sieg bei den Löwen) und dann nochmal im Frühjahr, als schon wieder der TSV 1860 einer der vier Unterlegenen war. Wehen Wiesbaden eilte im kompletten Februar von Sieg zu Sieg – insgesamt fünfmal am Stück. Unser heutiger Gastgeber platzierte seine vier Triumphe hintereinander über den Jahreswechsel. Das ist also schon eine Weile her.

Große Ziele bei Türkgücü

Ambitionen in Richtung 2. Bundesliga bei Deutschlands – schon heute – erfolgreichstem Fußballprojekt mit Migrationshintergrund waren im tiefen Winter noch vorhanden. Daher musste Anfang Februar Trainer Alexander Schmidt nach nur sieben Monaten an der TGM-Seitenlinie seinen Hut nehmen. Sein Team war in eine kleine Krise gerutscht, hatte dreimal in Serie 0:0 gespielt und dann gegen Waldhof Mannheim und Wehen Wiesbaden verloren. Außerdem hatte der ehemalige Löwencoach wohl etwas zu klar geäußert, dass er einen Durchmarsch von Türkgücü durch die erst im Corona-Sommer am Grünen Tisch erreichte Liga nicht für realisierbar halte. Dass seine Mannschaft bis dahin nur ein einziges Mal (und zwar nach dem 2. Spieltag) einen Platz unter den Top Drei der Liga belegt hatte und ansonsten eigentlich konstant ein Stück hinter den Aufstiegsplätzen unterwegs war, spielte bei der Entscheidung für den Trainerwechsel offensichtlich keine Rolle. Seinem Frust darüber ließ wiederum Schmidt dieser Tage in der jüngsten Ausgabe des Podcasts “Giesinger Bergfest” freien Lauf.

Die Löwen im Olympiastadion

Wir kümmern uns an dieser Stelle nochmal um den heutigen Austragungsort: Eine umfassende Würdigung aller wichtigen und erinnerungswürdigen Spiele, die unser Verein am Oberwiesenfeld in der Vergangenheit erleben durfte, würde den Rahmen dieses Vorberichts sprengen. Daher konzentrieren wir uns an dieser Stelle auf zwei Premieren und eine Zahl.

1972 – die ersten Male im „Oly“

Am 2. August 1972, einem Mittwochabend liefen erstmals elf Akteure mit dem Löwen auf der Brust ins Olympiastadion ein. 79.000 Zuschauer erlebten ein 1:3 gegen den roten Stadtrivalen in der Gruppe B des sogenannten Ligapokals. Dieser wurde einmalig ausgetragen, um die Wartezeit auf die wegen der Olympischen Spiele in München erst Mitte September startende Fußballsaison zu überbrücken. Die Ligapremiere des TSV 1860 unter dem Zeltdach erfolgte dann gut drei Monate später, am 18. November 1972. Dies übrigens nur, weil fünf Tage zuvor ein Herbststurm das Dach der Stehhalle im Stadion an der Grünwalder Straße schwer beschädigt hatte. Nicht mehr als 9.000 Unentwegte wollten dem 6:1 gegen den Freiburger FC in der Regionalliga Süd beiwohnen. Die Tribüne, Gegengerade und die Südkurve sahen damals also ganz ähnlich aus, wie heute Nachmittag.

Anzahl der Löwenspiele unter dem Zeltdach

Insgesamt 344 Mal lief ein Löwenteam in den fast 33 Jahren zwischen August 1972 und dem 3. April 2005 am Oberwiesenfeld auf. Die Abschiedsvorstellung bildete ein 0:0 gegen den 1. FC Köln in einer Saison, in der nach dem Bundesligaabstieg elf Mal im Sechzgerstadion und sieben Mal im Olympiastadion gespielt wurde. In die Zahl 344 eingerechnet sind alle Bundesligaspiele, natürlich auch die Auswärtsderbys gegen den FC Bayern. Außerdem einige Zweitligakicks, Freundschaftsspiele, zwei Aufstiegsrundenpartien zur 2. Bundesliga 1984, zahlreiche DFB-Pokalschlachten und natürlich unvergessene heiße Europapokalnächte.

20. Februar 1982: Die Nordkurve beim Zweitligaspiel zwischen dem TSV 1860 und Schalke 04
3. April 2005: Das letzte Mal. Zweitligaduell mit dem 1. FC Köln
Abschiedsgruß

BR, Liveticker, Löwenradio

Für Türkgücü ist die Partie heute Nachmittag immerhin das insgesamt fünfte Spiel an diesem Ort. Der BR überträgt die Partie live ab 14 Uhr im frei empfangbaren Fernsehen. Wir versorgen Euch mit allen wichtigen Infos vom Spiel in unserem Liveticker. Das LÖWENRADIO ist ebenfalls auf Sendung. Der Löwenfan hat also wieder einmal eine breite Angebotspalette, sich zu informieren. Einzig die wünschenswerteste Variante, das Spiel zu erleben, bleibt weiterhin verwehrt: Der persönliche Besuch im Stadion. Heute irgendwie besonders bitter…

FOTOS (1860 im Olympiastadion): Wolfgang Budack

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