Herzlich Willkommen zur TAKTIKTAFEL-Analyse des Auftaktheimspiels unseres TSV 1860 München gegen die Würzburger Kickers.

Wie erwartet spielten die Kickers aus Unterfranken ein 3-5-2 System, das sich gegen den Ball zu einem 5-3-2 verschob. Dem setzte der TSV 1860 offensichtlich ein 4-1-3-2 entgegen, wenn man die Hauptpositionen in der Startaufstellung ansieht. Genauso formierte sich die Elf von Michael Köllner auch beim Anstoß der Gäste.

Die Verteidigung der Löwen

Tatsächlich war aber die Defensivtaktik der Löwen sehr flexibel angelegt, sodass das 4-1-3-2 bei Positionsangriffen des Gegners oft zu einem 5-3-2 wurde. Hier gab es dann mehrere Varianten wie defensiv verschoben wurde. Einerseits verteidigte, der sich aus dem Mittelfeld zurückfallen lassende, Erik Tallig bei Angriffen über die linke Seite neben dem nach innen einrückenden Phillipp Steinhart den linken Flügel sehr effektiv als Außenverteidiger. Andererseits ließ sich Quirin Moll bei Angriffen über rechts situationsabhängig entweder zwischen die beiden Innenverteidiger oder zwischen den rechten Innenverteidiger und den rechten Außenverteidiger fallen, um die Abwehrreihe zu stabilisieren. Bei Angriffen durch die Mitte wurde mit zwei defensiven Mittelfeldspielern vor der Kette versucht das Vordringen des Gegners zu verlangsamen bzw. zu stoppen. Dahinter verteidigte dann die nominelle Viererkette mit Steinhart, Salger, Belkahia und Deichmann.

Diese Verschiebungen in die Abwehrkette hinein sorgten natürlich auch für starke Verschiebungen nach hinten aus der vorderen Mittelfeldreihe. Sowohl Richy Neudecker, dem die Rolle des Box-to-Box Spielers zukam, als auch Merveille Biankadi und wie oben schon erwähnt Erik Tallig mussten mit nach hinten arbeiten, um dem Gegner den Raum so eng wie möglich zu machen.

Wenn Moll sich in die Abwehrreihe fallen ließ, nahmen Tallig und Neudecker die Rolle auf der Sechser Position ein.

Dies gelang der Löwendefensive bravourös. Nur drei Schussmöglichkeiten hatten die Kickers in der Box. Keine davon war dergestalt, dass Tom Kretzschmar hätte eingreifen müssen. Überhaupt brachten die Unterfranken im ganzen Spiel nur zwei mal den Ball so aufs Tor, dass der Torwart der Löwen parieren musste. Nur bei Heinrich’s gefährlichem Konter in der 8. Spielminute und Strohdieks Weitschuss aufs Kreuzeck in der 30. gab es direkte Abwehrarbeit für den Keeper der Löwen.

Auch in der Offensive eine gute Leistung

Bei eigenem Ballbesitz gab es im Positionsspiel ebenfalls mehrere Varianten, wie sich die Löwen zum Aufbau formierten. So wurde einerseits die sogenannte dynamische Dreierkette gezeigt, bei der beide Außenverteidiger nach vorne schieben, der Box-to-Box Spieler etwas zurückhängt und sich der defensive Mittelfeldspieler zwischen oder neben die beiden Innenverteidiger zurückzieht. Andererseits gab es im Spielaufbau die 2-3-3-2 Formation zu sehen, bei der das Mittelfeld mit Hilfe der Außenverteidiger überladen wird.

Sehr positiv herausgestochen hat Merveille Biankadi. Er hatte vom Trainer für die Offensive offensichtlich sämtliche Freiheiten bekommen. So war er während der 90 Minuten ein ständiger Unruheherd und Ausgangspunkt vieler vielversprechender Offensivaktionen.

Die Gäste hingegen hatten mit den zentralen Verschiebungen zwischen Meisel, Perdedaj und Kopacz verglichen mit dem, was die Löwen zeigten, kein sehr variantenreiches Spiel zu bieten.

Doppelwechsel in der zweiten Halbzeit

Nach den Einwechslungen von Dennis Dressel und Keanu Staude (68.) für Neudecker und Tallig veränderte sich systematisch in der Offensive wenig.

Gegen den Ball spielte fortan Dressel in seiner Paraderolle des Box-to-Box Spielers. Die defensiven Zuordnungen waren klarer als zuvor. Weil Staude sich im Gegensatz zu Tallig nicht wirklich für die Defensivarbeit auf dem Flügel eignet, spielten die Löwen jetzt ein klar als solches zu erkennendes 4-1-3-2.

Der schon vor der Halbzeitpause für den am Sprunggelenk verletzten Belkahia eingewechselte Niklas Lang löste seine Aufgaben ebenfalls bravourös. Er war ein solider Ersatzmann für den hoffentlich bald wieder genesenen Innenverteidiger mit der Nummer 27.

Kurz vor Spielende wurde noch Stefan Lex eingewechselt. Mit einem meiner Meinung nach sehr wichtigen taktischen Foul gegen die Kickers nahe der Mittellinie, bei dem er sich die einzige Gelbe Karte für die Spieler des TSV 1860 München abholte, hatte auch Lex einen zumindest halbwegs gelungenen Einstand in die Saison.

Unterm Strich kann man über die Wechsel beim Gegner sagen, dass keiner davon den gewünschten Effekt hatte. Weder Pourié der nach der Halbzeitpause ins Spiel gekommen war noch die in der 65. Minute ins Rennen geschickten Sane oder Adigo konnten das Spiel entscheidend zu Würzburger Gunsten beeinflussen.

Der ohne klare Linie pfeifende Schiedsrichter Franz Bokop verteilte insgesamt fünf gelbe Karten. Vier davon gingen an die Würzburger.

Wichtige statistische Werte beim Duell TSV 1860 – Würzburger Kickers

TSV 1860 Würzburger Kickers
Ballbesitz 52% 48%
Passgenauigkeit 82% 79%
Defensive Zweikampfquote 64% 59%
Schüsse 13 9
davon aufs Tor 5 2
PPDA* 9,85 12,15
*(zugelassene Pässe pro Defensivaktion)

 

Abgesehen von der Schlussviertelstunde der ersten Halbzeit, in der die Kickers den TSV 1860 München sehr stark unter Druck setzen konnten, und der ersten halben Stunde, als die Löwen klar das Heft in der Hand hatten, haben wir ein absolut ausgeglichenes Spiel zwischen den beiden Strafräumen gesehen.

Nehmen wir die Strafräume mit in die Rechnung ein, liegen die Vorteile klar bei den Sechzgern. Die Elf vom Giesinger Berg brachte den Ball achtzehn Mal in die gegnerische Box und hatte dort sechzehn Ballkontakte, die zu sieben Schüssen von innerhalb des Sechzehners führten.

Der Gegner konnte den Ball sogar neunzehn Mal in die Box der Löwen bringen. Die Ausbeute dort mit 10 Ballkontakten und nur drei Schüssen ist allerdings arg verbesserungswürdig. Zwei der zehn Ballkontakte und einer der Schüsse waren übrigens einem indirekten Freistoß im Strafraum geschuldet.

Ob diese Zahlen jetzt eher für die gute Defensive der Löwen sprechen oder ob sie zeigen, dass die Offensive der Würzburger noch nicht dort ist, wo sie hin möchte, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Das Tor für die Löwen

In einem sehr gut ausgespielten Umschaltmoment mit ein wenig Hilfe der gegnerischen Abwehr konnten die Löwen schon früh den Siegtreffer erzielen.

Einen weiten Abschlag von Torhüter Bonmann konnte Moll mit dem Kopf auf die halbrechte Seite zu Deichmann ablegen, der den Ball sofort an Biankadi weiterleitete. Biankadi, der ebenfalls schnell weiter nach vorne abspielen wollte, wurde bei seinem Passversuch von einem Würzburger Abwehrspieler gestört. Zum Leidwesen der Kickers landete diese Abwehr jedoch bei Erik Tallig, der zentral am Mittelkreis sofort Marcel Bär mit einem schönen Steilpass in die Tiefe des Raums schickte. Dietz versuchte noch, Bär hinterher zu kommen, war aber nicht schnell genug. So schloss Bär alleine zentral im Strafraum vor Bonmann aus sieben Metern eiskalt ins rechte Eck ab und erzielte das goldene Tor des Tages.

Eine kongruente Situation wenig später vergab er leider aus halbrechter Position vor dem Tor, als er dem herausstürzenden Bonmann an den Kopf schoss.

Fazit zum Sieg des TSV 1860 gegen die Kickers aus Würzburg 

In einem packenden und stimmungsvollen Spiel vor ca. 3700 Fans im Sechzgerstadion erkämpfen sich bissige Löwen gegen sich redlich mühende Kickers einen absolut verdienten 1:0 Heimerfolg zum Auftakt in die neue Saison.

Der große Wermutstropfen ist und bleibt die Verletzung von Youngster Semi Belkahia, dem ich eine gute Besserung und baldige Genesung wünsche.

Die mittelprächtige Schiedsrichterleistung, die den Löwen zumindest einen klaren Elfmeter verweigerte und auch sonst eine klare Linie in seiner Spielleitung vermissen ließ, war bei diesem Ergebnis Gott sei Dank nicht spielentscheidend gewesen. Der indirekte Freistoß war jedoch, wenn man die Regel 16 im DFB Regelwerk liest, offensichtlich korrekt.

Ersatzkeeper Tom Kretzschmer machte eine gute Figur in den wenigen brenzligen Situationen, die er zu meistern hatte.

Somit ist es ein gelungener Auftakt in eine neue Saison mit unseren Löwen. So darf es gerne weitergehen.

 

Datenquelle: wyscout

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Bernd Winninger

Ich bin direkt auf Höhe der Torlinie gesessen in Block O und die Bewegung des Balles war zwar nur minimal aber leider eindeutig.

Steffen Lobmeier

Das sehe ich auch so. Das hat der Schiedsrichter regelkonform entschieden, wenn auch etwas kleinlich.

Siggi

Zu Aussage: “Der indirekte Freistoß war jedoch, wenn man die Regel 16 im DFB Regelwerk liest, offensichtlich korrekt.” habe ich nach dem aktuellen Regelwerk 21/22 gesucht. Dort steht hierzu u.a.:

1. Ausführung
• Der Ball muss ruhig am Boden liegen und wird von einem beliebigen Punkt im Torraum von einem Spieler des verteidigenden Teams mit dem Fuss gespielt.
• Der Ball ist im Spiel, wenn er mit dem Fuss gespielt wurde und sich eindeutig bewegt.
• Alle Gegner müssen ausserhalb des Strafraums bleiben, bis der Ball im Spiel ist.

2. Vergehen/Sanktionen
Wenn der ausführende Spieler den Ball, nachdem dieser wieder im Spiel ist, erneut berührt, bevor ein anderer Spieler ihn berührt hat, wird ein indirekter Freistoss verhängt.

Fazit: Der Ball war NICHT im Spiel und somit der indirekte Freistoß nicht korrekt gepfiffen.

Siggi

Zur Aussage…
(sorry)