Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Spiel TSV 1860 – MSV Duisburg.

Der seit drei Ligaspielen im Amt befindliche Trainer Hagen Schmidt ist, abgesehen von den bisherigen drei Spielen als Trainer beim MSV Duisburg, ein unbeschriebenes Blatt im Profifußball. Es ist daher bestimmt nicht leicht, die zu erwartende taktische Ausrichtung der Duisburger vorherzusagen. Einige Schlüsse kann man jedoch aus den bisherigen Spielen des MSV unter seiner Führung ziehen.

In den ersten beiden Spielen gegen Kaiserslautern und Halle, die der MSV seit seinem Einstand bestritt, ließ er das System noch beim 4-2-3-1, das auch unter Pavel Dotchev gespielt wurde. Gegen die spielstarke Viktoria aus Berlin stellte er auf 4-1-3-2 um und auch im Landespokal gegen den SV Sonsbeck wurde so agiert. Ich vermute deshalb, dass dieses das wahrscheinlichste System gegen unsere Löwen sein wird.

Die wichtigsten statistischen Werte des MSV Duisburg

  • Ballbesitz: 50%
  • Passgenauigkeit: 81%
  • Defensive Zweikampfquote: 60%
  • Flankengenauigkeit: 39%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 8,62

Taktische Ausrichtung des MSV Duisburg

Taktisch gibt es gravierende Veränderungen im Vergleich zu Vorgänger Dotchev. Ließ der Bulgare noch ein aggressives Pressing mit Fokus auf direkte Balleroberung spielen, so ist unter Schmidt die Angriffssteuerung im Fokus.

Die Spieler, die ins Angriffspressing involviert sind, stellen Passwege und Räume zu, sodass dem Gegner wenig Möglichkeiten zum Abspiel übrig bleiben. Der MSV kann den Gegner also eher dort verteidigen, wo er den Ball haben will und muss nicht darauf reagieren, wie der Gegner das Spiel gerne hätte.

Bei eigenem Ballbesitz legt Schmidt das Hauptaugenmerk auf schnelles und direktes Spiel nach vorne. Vertikale Pässe in allen Zonen des Spielfelds bis auf die Höhe des gegnerischen Strafraums dominieren seither das taktische Bild bei Ballbesitz des MSV. Hintenrum spielen und Quergeschiebe sieht man daher unter Schmidt viel weniger als noch bei seinem Vorgänger.

Das tut der Offensive des MSV Duisburg sichtlich gut. Vor allem die Ausgeglichenheit der Angriffsverteilung im Vergleich mit dem, was unter Dotchev abgeliefert worden war, fällt ins Auge. War das Spiel des MSV unter Schmidts Vorgänger noch sehr rechtslastig, so ist es nun auf beide Flügel verteilt mit einer nur noch leichten Tendenz zur rechten Seite.

Diese gesteigerte Variabilität brachte auch eine Erhöhung bei den eigenen Abschlüssen des MSV mit sich. Von im Schnitt 10 Schüssen pro Spiel unter Dotchev stieg dieser Wert auf knapp 14 pro Spiel nach seiner Entlassung.

Das System 4-1-3-2

Defensive Ausrichtung

Gegen den Ball wird das 4-1-3-2 schnell zu einem 4-4-2 flach verschoben. Somit ist es leicht gegen den Ball sehr kompakt zu stehen und dem Gegner die Räume eng zu machen. Lässt sich ein Stürmer zusätzlich zurückfallen, entsteht vor der Vierer-Abwehrkette ein Fünfermittelfeld, das ein Durchdringen in die Box für das angreifende Team sehr schwer macht.

Offensive Ausrichtung

Der Sechser ist zusammen mit den Außenverteidigern das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive. Mit schnellem, vertikalem Spiel dort wo der Gegner Räume anbietet, wird versucht das Mittelfeld schnell zu überbrücken, um dann mit fünf offensiv ausgerichteten Spielern hohen Druck über Kombinationsspiel vor und in der Box auf die gegnerische Defensive auszuüben.

Die Variabilität der offensiven Mittelfeldspieler, die im Idealafall viel rotieren und beim Spiel mit Ball keine festgeschriebenen Positionen bekleiden, soll die gegnerische Defensive verwirrren und so dafür sorgen, dass Defensivakteure aus ihren Positionen herausgezogen werden. In diese, dann frei werdenden, Räume effektiv hineinzukommen und abzuschließen ist das Ziel, um erfolgreich Angriffe durchzuführen.

Stärken und Schwächen des 4-1-3-2

Stärken

Durch die gute Staffelung im Mittelfeld entstehen viele Passdreiecke. Mit präzisem Kurzpassspiel kann so in der Angriffszone hoher Druck auf den Gegner entstehen.

Da dieses System mit fünf Offensivspielern mannigfaltige Varianten im Spiel nach vorn in sich birgt, ist es in jeder Phase des Spiels gefährlich, wenn gegen den Ball gut und konzentriert gearbeitet wird.

Die doppelt besetzten Flügel sind aufgrund der Rotation der Offensivspieler nicht immer von denselben Spielern besetzt. Das kann zu Verwirrung in der gegnerischen Defensive führen und damit zu unbesetzten Räumen, wenn die Abwehrspieler sich durch die Rotation im Mittelfeld und Sturm aus der Position ziehen lassen.

Schwächen

Die für den Gegner wichtigste Schwäche befindet sich im defensiven Mittelfeld, wo nur ein Spieler präsent ist bis die Verschiebungen zum 4-4-2 flach vollzogen sind. Auf diesem liegt somit eine hohe Belastung. Er muss in allen Belangen sehr zweikampfstark sein und zusätzlich über ein gutes Stellungsspiel verfügen. Die dadurch entstehende Anfälligkeit für schnelle, direkte Angriffe durch das Zentrum können Teams mit technisch starken und passsicheren Spielern ausnutzen.

Schlüsselspieler

Der Keeper

Torhüter Leo Weinkauf (#1) hat sich offensichtlich eine Schulterverletzung zugezogen. Sollte er bis Samstag nicht fit werden, wird für ihn der Ex-Hachinger Jo Coppens auflaufen. Coppens ist möglicherweise eine Schwachstelle des MSV. 2,81 Schüsse pro Treffer brauchten seine Gegenspieler vergangene Saison. Der 30 Jahre alte, 1.90 m große Belgier, der bevor er von Haching nach Duisburg wechselte ein kurzes Gastspiel in Norwegen gab und drei Jahre bei Carl Zeiss Jena das Tor hütete, ist allerdings was die Strafraumbeherrschung angeht recht gut. Hohe Bälle sind für ihn meist leichte Beute.

Abwehr

Innenverteidiger Oliver Steurer (#28) ist der zweikampfstärkste Spieler der Meidericher. Gegen ihn im eins gegen eins zu bestehen, ist eine schwere Aufgabe für die Angreifer des Gegners. Auch beim Spielaufbau und im Stellungsspiel gehört er zu den Besseren seiner Zunft in Liga drei. Mit seinen 1,91m ist er zudem bei Standardsituationen in gegnerischer Strafraumnähe eine Waffe, die nicht unterschätzt werden darf.

Mittelfeld und der Kapitän

Wie Coppens kam auch der Sechser Niclas Stierlin (#23) vom Hachinger Bach an die Wedau. Mit seiner defensiven Zweikampfstärke und einem guten Stellungsspiel kann er den Laden vor der Abwehr gut zusammenhalten, bis sich in der Rückwärtsbewegung die flache vier gegen den Ball etabliert hat. Verbesserungsbedarf besteht bei Kopfballduellen. Des Weiteren ist er nicht unbedingt der schnellste Spieler auf dieser Position. Offensiv besticht er bei Pässen, die in die Tiefe mit hoher Passgenauigkeit kommen. Offensive Zweikämpfe sollte er jedoch meiden. Hier ist seine Performance unterdurchschnittlich.

Moritz Stoppelkamp (#10) ist vermutlich den meisten Lesern ein Begriff. Zwischen 2012 und 2014 schnürte der ehemalige Bundesligaprofi für die Löwen seine Fußballschuhe. Mit 71 Spielen im Oberhaus und 223 Einsätzen in der zweiten Liga ist er der wohl erfahrenste Spieler in den Reihen des MSV Duisburg. Passsicher, dribbelstark sowie fleißig im Spiel gegen den Ball führt er als vorbildlicher Kapitän die Zebras aufs Feld. Seine einzige Schwäche, das defensive Stellungsspiel, macht er durch seine starke Laufarbeit wett. Ihm den Zahn zu ziehen wird unter anderem eine der wichtigsten Aufgaben der Defensive des TSV 1860 München sein.

Das Sturmduo

Mittelstürmer Orhan Ademi (#29) hat bisher bereits neun Treffer auf dem Konto. Zusammen mit dem jetzt im 4-1-3-2 neben ihm agierenden Aziz Bouhaddouz (#11) wird er sicher für große Gefahr im Strafraum der Löwen sorgen. Beide Spieler sind erfahren und torgefährlich. Ademi hat als ehemaliger Erstligaprofi in Deutschland und Österreich allerdings die besseren Meriten der Zwei vorzuweisen. Ohne Frage ist diese Doppelspitze brandgefährlich. Die Innenverteidiger des TSV 1860 dürfen sich keinerlei Unkonzentriertheiten leisten. Die werden sonst bestraft.

Fazit

Jeder Gegner in dieser Liga ist mit der richtigen Einstellung schlagbar, soviel steht fest. Am Samstag im Sechzgerstadion wird es mit dem Trainereffekt, den es durch Hagen Schmidt bei den Duisburgern sicherlich gibt, für unsere Löwen sicherlich kein Zuckerschlecken. Zudem spricht die Drittligabilanz gegen die Zebras nicht unbedingt für den TSV 1860 München. Man wird sehen, ob der zuletzt angeschlagene Torwart Leo Weinkauf zur Verfügung stehen wird. Auch die oben erwähnten Moritz Stoppelkamp und Oliver Steurer mussten zuletzt erkältungsbedingt kürzertreten.

In der Arbeit gegen den Ball darf sich vor allem die Innenverteidigung der Löwen keinen Lapsus erlauben. Zu gefährlich und erfahren ist das Sturmduo des MSV Duisburg. Fehler in der Innenverteidigung wird Duisburg bestrafen.

Der Fokus gegen den Ball sollte daher beim TSV auf Angriffssteuerung gelegt werden. Raumorientiertes Pressing, um den Gegner dorthin zu bekommen wo man ihn verteidigen will, sollte das Credo sein, um möglichst wenig Bälle im eigenen letzten Drittel verteidigen zu müssen.

In der Offensive wird es sehr darauf ankommen, ob die Sechzger die schnellen Spieler Lex und Bär gezielt einsetzen können und wie gut die Duisburger Defensive den Zielspieler der Löwen, Sascha Mölders, in den Griff bekommt – oder eben nicht.

Ein Sieg ist nahezu Pflicht für unsere Sechzger, wenn man die Tabellenkonstellation betrachtet.

Der MSV Duisburg wird uns ein hartes Duell liefern und sicherlich keinen Meter Boden verschenken. Voller Einsatz ist von allen elf Spielern im Löwendress gefragt. Wenn die Mannschaft des TSV 1860 München ihr volles Potential entfalten kann, wird es mit den drei Punkten klappen.

Datenquelle: wyscout

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coeurdelion

hab´s ja schon öfters gepostet, deine Analysen sind klasse, sehr fundiert und vor allem NACH den Spielen immer wieder schön zu lesen! merci dir

Loewengraetscher

Mal ein Lob an die Aufbereitung hier, wie auch die Spielvorschau mit dem externen Gast.

Hat mir sehr gut gefallen!