Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Auswärtsspiel unseres TSV 1860 München beim VfL Osnabrück im altehrwürdigen Stadion an der Bremer Brücke.

Daniel Scherning, Trainer des VfL Osnabrück, lässt seine Mannschaft bisher abgesehen von einer Partie immer im 4-3-3 offensiv auflaufen. Dabei ist zu beachten, dass sich der Zusatz “offensiv” bei diesem System rein auf die Systematik, aber nicht unbedingt auf die Taktik im Spiel bezieht. Mehr dazu erkläre ich weiter unten. Zunächst gibt es wie immer einen kurzen Blick auf die wichtigsten Statistiken der Niedersachsen.

Die Statistiken des VfL Osnabrück

  • Ballbesitz: 57%
  • Passgenauigkeit: 81%
  • Defensive Zweikampfquote: 63%
  • Flankengenauigkeit: 35%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 7,75

Das System der Niedersachsen: 4-3-3

Der VfL Osnabrück spielt das 4-3-3 offensiv bei eigenem Ballbesitz äußerst variabel. So kann das Team über die gesamte Breite des Platzes gefährlich nach vorne stoßen. Wo auch immer der Gegner Räume anbietet, wird die Mannschaft aus der sogenannten Friedensstadt hineinstoßen. Eine Tendenz zum rechten Flügel hin ist zu erkennen. Nicht zuletzt deshalb, weil viele Mannschaften auf der linken Abwehrseite eher schwächer sind als rechts.

Osnabrück ist zudem ein Team, das bisher in der Liga mit die meisten Positionsangriffe zu Ende spielen konnte. Dabei setzte die Mannschaft von Trainer Scherning die drittmeisten Schüsse ab. Von 199 Versuchen gingen bisher 18 ins Tor des Gegners. Das macht Osnabrück gleichzeitig zur zweitschlechtesten Mannschaft was die Zielgenauigkeit der Schüsse anbelangt. Zudem schießen sie so oft wie kein anderes Team aus der zweiten Reihe. Von dort treffen sie allerdings auch. Knapp ein Viertel der Tore des VfL ist Schüssen von außerhalb des Strafraums zu verdanken.

Die hohe Flankengenauigkeit von 35% liegt unter anderem daran, dass die Niedersachsen viele relativ große Spieler in ihren Reihen haben. Allen voran ist hier Stürmer Marc Heider zu nennen, der die drittmeisten Kopfballduelle in der Liga führt und dabei als Luftkampfgegner mit 43% Erfolgsquote im Strafraum durchaus eine schwere Aufgabe für den ein oder anderen Innenverteidiger darstellen dürfte. Der sieben Zentimeter größere Felix Higl kommt auf eine noch bessere Quote, ist aber als Außenstürmer seltener Adressat der zielgenauen Osnabrücker Flanken.

Defensiv wird das 4-3-3 verschoben

Oben schrieb ich, dass der Zusatz “offensiv” beim 4-3-3 rein systematische Bedeutung hat und sich nicht zwangsläufig auf die Taktik bezieht. Wichtig ist immer zu sehen, wie und wann verschiebt die Mannschaft gegen den Ball. Mit einem zentralen Mittelfeldspieler, der wie bei uns meist Dennis Dressel als Box-to-Box Spieler fungiert, und einem echten Sechser verschieben die Osnabrücker gegen den Ball, wenn das mannorientierte Pressing, das in den von mir beobachteten Spielen eher auf direkten Ballgewinn ausgelegt ist als auf Angriffssteuerung, überspielt wird zunächst aus dem 4-3-3 in ein 4-2-2-2 und im eigenen letzten Drittel auf 4-5-1.

Diese Verschiebungen sind sehr laufintensiv. Gegen Ende einer jeweiligen Partie geht dem ein oder anderen Spieler des VfL Osnabrück schon mal die Luft aus und es kommt zu Unkonzentriertheiten.

Die Osnabrücker spielen aggressiv gegen den Ball immer mit Fokus auf direkten Ballgewinn. Bei Ballgewinnen über abgefangene Pässe liegen die Niedersachsen knapp über dem Ligadurchschnitt.

Insgesamt ist die Intensität, mit der verteidigt wird, trotz der offensiven Systematik bei Osnabrück sehr hoch und deshalb die Defensive schwer zu durchbrechen solange die Kraft beim VFL reicht.

Stärken und Schwächen des 4-3-3

Die Stärken des 4-3-3

Im Offensivspiel kann eine Mannschaft, die ein 4-3-3 praktiziert, sehr variabel auftreten. Durch die drei Stürmer wird Stress für die Abwehr des Gegners ausgelöst. Das rührt daher, dass durch die Variabilität mittels drei Spitzen in Puncto Breite oder Enge des Spiels und dem Wechselspiel beider Varianten die Angreifer schwer ausrechenbar sind. Somit können in jedem Spielzug andere Laufwege zum Tragen kommen. Dadurch überlagern sich manchmal die im Raum zu verteidigenden Schnittstellen, wodurch eine Überzahl für die Angreifer bei kreuzenden Stürmern entstehen kann.

Wenn die Mannschaft, die 4-3-3 spielt, obendrein auf Ballbesitzfußball mit hohem Pressing gegen den Ball setzt, ist die Chance für andauernden Druck auf den Strafraum bzw. das Tor des Gegners sehr hoch.

Dadurch, dass die beiden Außenstürmer mit relativ wenig Energieleistung zwischen Sturm und Mittelfeld pendeln können, ist auch eine gute Anpassung an das Spielsystem des Gegners möglich. Es kann gegen den Ball leicht eine Überzahl generiert werden, die für den Gegner zu Ballverlusten führen kann, wenn die Räume gut verteidigt werden. Dafür müssen beide Außenstürmer gegen den Ball konsequent nach hinten mitarbeiten.

Mit drei Stürmern geht vom 4-3-3 obendrein eine hohe Gefahr für Kontergegenstöße nach Ballgewinn aus. Es kann schnell umgeschaltet werden und die Sturmreihe wird, auch wenn sich die Außenstürmer in der Rückwärtsbewegung ins Mittelfeld haben fallen lassen, schnell wieder besetzt sein, da der Außenstürmer vom Anforderungsprofil ein sehr schneller Spieler ist.

Schwächen des 4-3-3

Wenn der Gegner schnell spielt, entstehen Lücken im Raum, die dann durch entstehende Überzahl ausgenutzt werden können.

Schnelle Spieler im Mittelfeld gepaart mit vertikalem Spiel helfen den Gegnern diese Räume gegen ein 4-3-3 zu schaffen. Man erinnere sich an das Pokalfinale vor einigen Jahren. „Bruder… spiel den Ball lang!“ war die Devise der Frankfurter gegen den Gegner aus der Säbener Straße, der damals dieses System auf den Platz brachte. Siehe da: Frankfurt gewann damit 3:1. Das ist zwar nicht gerade attraktiv, aber höchst effizient.

Im Defensivspiel gegen Positionsangriffe sind die Halbräume und/oder Außenbahnen eine Schwäche des 4-3-3, da diese mit nur drei Mittelfeldspielern ohne Unterstützung der Außenstürmer nie vollständig zugestellt werden können.

Auch gegen diagonales Spiel (Seitenwechsel) ist das System anfällig, wenn die Defensivunterstüzung durch die Außenstürmer nicht konsequent geboten wird, da in diesem Fall im Mittelfeld ein Spieler abgeht, um beide Flanken abzudecken.

Die Schlüsselspieler

Torhüter Phillip Kühn (#22) ist momentan den statistischen Werten nach der drittbeste Keeper in der 3.Liga. Er hat starke Reflexe, ist auch im eins gegen eins ein sicherer Rückhalt und konnte bisher in 14 Spielen vier mal die Null halten. Die Osnabrücker Art und Weise gegen den Ball zu agieren, macht ihm das Leben in seinem Kasten allerdings auch relativ leicht.

Maurice Trapp (#18) in der Innenverteidigung ist was die defensive Zweikampfquote angeht der zweitbeste Spieler der Liga. Von zehn direkten Duellen verliert er gerade mal zwei. Auch im Spielaufbau ist er passsicher. Eine leichte Schwäche ist bei ihm in der Luft zu erkennen. Für einen Innenverteidiger lässt seine Quote bei gewonnenen Kopfballduellen mit 40% etwas zu wünschen übrig.

Im defensiven Mittelfeld ist Ex-Löwe Ulrich Taffertshofer (#8) der optimale Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive. Im Spiel nach vorn ist er der Spieler, über den fast jeder Positionsangriff aufgebaut wird. Gegen den Ball hat er solide Werte zu Buche stehen. Alles in allem gehört er wohl momentan zu den drei besten Spielern auf dieser Position in Liga drei. Zudem ist er ein Spieler der fast ohne Fouls auskommt.

Sebastian Klaas (#26) ist das perfekte Gegenstück zu Taffertshofer im offensiven Mittelfeld. Ein überragender Offensivspieler. Dribbelstark, torgefährlich aber trotzdem mit gutem Auge für den Mitspieler und sich fehlerhaft verhaltende Abwehrreihen, ist er zusammen mit Taffertshofer das Herzstück der Osnabrücker Mannschaft.

Kapitän und Mittelstürmer Marc Heider (#20) ist mit bisher sechs Treffern der beste Schütze in den Reihen der Niedersachsen. Zudem hat er als Vorlagengeber drei weitere direkte Torbeteiligungen vorzuweisen. Wie weiter oben schon beschrieben ist er sehr kopfballstark. Ihn unter Kontrolle zu halten wird einer der Schlüssel zum erfolgreichen Abschneiden unserer Sechzger an der Bremer Brücke sein.

Fazit

Es wird sicherlich kein Spaziergang für die Mannschaft von Michael Köllner in Osnabrück. Nichtsdestotrotz bin ich fest davon überzeugt, dass der TSV 1860 München dazu in der Lage ist jedes Team in dieser Liga zu schlagen – egal ob zuhause oder auswärts.

Wenn die Löwen mit dem Selbstbewusstsein, das sie sich in den letzten Partien erworben haben und der nötigen Konzentration ans Werk gehen, sind drei Punkte auf alle Fälle drin. Der VfL Osnabrück steht zwar grundsätzlich sicher gegen den Ball. Die Tatsache, dass sie ihre Defensivaufgaben aber eher in direkten Duellen zu lösen versuchen, wird Sechzig in die Karten spielen.

Wir haben viele technisch sehr starke Spieler in unseren Reihen und nach vorne ein gutes Kombinationsspiel. Wenn es uns in den Umschaltsituationen gelingt sofort Tempo aufzunehmen und vertikal und schnell zu spielen, wird Osnabrück Probleme bekommen.

Natürlich sind aber die Osnabrücker aufgrund der Tabellensituation und aufgrund der Tatsache, dass sie als Zweitligaabsteiger in jedem Spiel Favorit sind, auch hier auf keinen Fall zu unterschätzen. Generell wäre ich vor dem Spiel natürlich mit einem Punkt zufrieden. Aufgrund dessen wie die Löwen aber in den letzten beiden Spielen aufgetreten sind, bin ich der Meinung, dass ein Sieg sicherlich machbar ist. Voraussetzung dafür ist natürlich volle Konzentration, wenn die Osnabrücker in Ballbesitz sind.

So könnte der VfL Osnabrück am Samstag beginnen

 

Datenquelle: wyscout

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