Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Auswärtsspiel des TSV 1860 München bei Viktoria Köln.

Olaf Janßen, Trainer der Viktoria, lässt seine Mannschaft in Köln je nachdem, was vom Gegner zu erwarten ist, in verschiedenen Systemen antreten. 3-4-3, 4-2-3-1, 4-1-4-1, 3-4-1-2 oder 4-4-2 (Doppelsechs). Vor der Winterpause war die erfolgreichste Formation das ausgesprochen flexible 4-1-4-1, das wir ja von unseren Löwen gut kennen. Nach der Winterpause konnte die Viktoria erst zwei Spiele absolvieren, das ist immerhin eines mehr als die Sechzger.

Laut Trainer Janßen hat Köln in der kurzen Winterpause vor allem an der Defensive und dem konstruktiven Aufbau von hinten heraus gearbeitet. Gegen den Ball will Viktoria Köln Janßens Aussage nach auf der letzten Linie mehr Spieler haben als der Gegner. Darüber, wie der Aufbau besser werden soll, hat sich der Trainer in diesem Fernseh-Interview jedoch bedeckt gehalten. Ein wirkliches Geheimnis ist das aber nicht. Kommen wir nun zunächst zu den wichtigsten statistischen Werten der Kölner bisher.

Die wichtigsten statistischen Werte

  • Ballbesitz: 55% (Platz drei in der Liga)
  • Passgenauigkeit: 82% (Platz zwei in der Liga)
  • Defensive Zweikampfquote: 64% (Platz zwei in der Liga)
  • Flankengenauigkeit: 34%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 8,04

Wie spielt die Viktoria?

Sicher sein kann man sich natürlich nie, aber nachdem die Idee des 3-4-3 für die Viktoria aus Köln gegen den TSV 1860 im Hinspiel grandios gescheitert ist, rechne ich mit einem System mit Viererkette. Sowohl gegen die kampf- und spielstarken Waldhöfer als auch gegen Verl zuvor kam das in der Winterpause erfolgreich getestete 4-4-2 Doppelsechs siegreich zum Einsatz. Janßen wird seine Spieler vermutlich auch am Sonntag in diesem System antreten lassen.

Rechnet man die Testspiele in der Winterpause (gegen Gladbach und Essen) mit ein, hat Köln die letzten vier Spiele nicht verloren. Was macht die Kölner momentan so erfolgreich? Schauen wir zunächst auf die Defensive. Gegen den Ball lässt sich, nach Eindringen des Gegners in das kölsche letzte Drittel ein Sechser mit in die Abwehrkette fallen. Damit stehen fünf Mann auf der letzten Linie. Der ballferne Stürmer verstärkt im gleichen Zug das Mittelfeld gegen den Ball. So wird es für die gegnerische Mannschaft im Positionsspiel vor und in der Box der Viktoria sehr eng.

Bei eigenem Ballbesitz spielt Köln mit einer einseitig gependelten Viererkette, um Überzahl im Mittelfeld herzustellen. Es entsteht also im Spiel nach vorn zunächst ein 3-5-2. Dabei ist zu beachten, dass der ballferne Außenverteidiger derjenige ist, der ins Mittelfeld aufrückt.

Sobald sich die Kölner mit Ball in der Nähe der Mittellinie befinden, schiebt sich einer der beiden Sechser als Box-to-Box Spieler mit ins offensive Mittelfeld. Der ballferne Mittelfeldaußenspieler bewegt sich analog dazu auf die Außenposition im Sturm. Es entsteht also ein asymmetrisches 3-4-3.

Diese cleveren offensiven Verschiebungen können sehr gefährlich werden, wenn die Zuordnungen beim Gegner nicht 100%ig stimmen. Verdichtet man z.B. auf der starken Seite zu sehr, hat man es bei einem Flankenwechsel der Kölner auf die schwache Seite plötzlich mit einer doppelten Überzahl zu tun.

Stärken und Schwächen des 4-4-2 Doppelsechs

Stärken

Es wird zunächst eine starke, doppelte Abwehrkette aufgebaut. Dadurch wird es möglich den Gegner auf den Flügeln zu doppeln und trotzdem im Zentrum kompakt zu stehen. So zwingt man den Gegner oft Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Passwege können aufgrund der guten Staffelung in die Tiefe und Breite leicht zugestellt werden. Das 4-4-2 Doppelsechs deshalb allerdings als defensives System zu bezeichnen, wäre vor allem im Fall Viktoria Köln zu einfach.

In der Offensive liegen die Stärken klar auf den Außenpositionen. Sowohl die Außenverteidiger als auch die Mittelfeldaußenspieler können für großen Druck auf den Flügeln sorgen.

Von den beiden defensiven Mittelfeldspielern im Zentrum übernimmt einer den offensiven Part (Box-to-Box Spieler) und der andere bleibt auf seiner absichernden Position. So kann man die Lücke im Zentrum zu den Stürmern schließen.

Wenn das Zusammenspiel der Mannschaftsteile gegen den Ball so funktioniert wie es in diesem System gewollt ist, zwingt man den Gegner oft auf die Flügel, sodass dieser mit Flankenläufen und hohen Bällen agieren muss, um den Ball ins Zentrum vors Tor zu bringen.

Schwächen

Die große Schwäche in diesem System ist normalerweise die Lücke zwischen Mittelfeld und Sturm. Sowohl bei eigenem Ballbesitz aber auch nach einem Ballverlust ist es wichtig diesen Raum schnell zu schließen.

Es fehlt ein Kreativspieler im Zentrum. Deshalb ist das zentrale offensive Mittelfeld ein Schwachpunkt. Offensive Kreativität entwickelt sich im 4-4-2 mit Doppelsechs vornehmlich auf den Außenpositionen.

Durch das Fehlen des “Zehners” wird dem Box-to-Box Spieler eine hohe Laufleistung abverlangt, damit sowohl offensiv als auch defensiv die Lücken zwischen den Mannschaftsteilen schnell geschlossen werden.

Schlüsselspieler von Viktoria Köln

Im Tor steht Moritz Nicolas (#22). Die Leihgabe von Borussia Mönchengladbach ist die klare Nummer eins bei der Viktoria. Mit einer guten Strafraumbeherrschung und schnellen Reflexen gibt er seinen Vorderleuten durchaus Sicherheit. Er weist allerdings leichte Schwächen im eins gegen eins auf. Generell ist die Abwehrleistung der Viktoria bisher eher dürftig gewesen. Von zehn gegnerischen Schüssen, die aufs Tor gehen, landen vier im Kasten.

Innenverteidiger Christoph Greger (#15) kam zu Saisonbeginn von dem Verein mit dem Bob im Wappen zur Viktoria. Er ist der zweikampfstärkste Innenverteidiger der Kölner. Passsicherheit im Aufbau und bei langen Bällen zeichnen den 25-Jährigen gebürtigen Münchener aus, der zwischen 2014 und 2017 an der Grünwalder Straße 114 seine Fußballschuhe schnürte. Schwächen hat er in für Innenverteidiger wichtigen Kategorien keine.

Jeremias Lorch (#4) im defensiven Mittelfeld ist einer der passsichersten Spieler der Liga. Vor allem beim Spiel ins letzte Drittel macht ihm so schnell kein anderer auf seiner Position etwas vor. Defensiv ist im Mittelfeld sein momentan mit einem Infekt ausfallender Kollege Moritz Fritz allerdings das Maß aller Dinge bei der Viktoria. Der zweite Mann auf der Doppelsechs Patrick Sontheimer (#6) ist defensiv verglichen mit Lorch kein Faktor, aber offensiv ein echter Wirbelwind. Seine Passgenauigkeit lässt allerdings etwas zu wünschen übrig. So macht er sich oft selbst die Früchte seiner erfolgreichen eins gegen eins Duelle zunichte.

Einen wirklichen Schlüsselspieler im Sturm vermissen wir dieses mal. Nach der Verletzung des, von den sogenannten Amateuren des Münchener Fußball Clubs, der sich durch eine hohe Anzahl an verurteilten Straftätern im näheren Umfeld auszeichnet, vor dem siebten Spieltag zur Viktoria gewechselten Lenn Jastremski (#14) bleiben, nachdem Timmy Thiele (#9) ebenfalls verletzt ist, entweder Albert Bunjaku (#12), der jedoch in Janßens Planungen keine Rolle mehr spielt, oder Federico Palacios (#11) als Alternativen neben dem 18jährigen Seok-Ju Hong (#39), der noch nicht zu einem Spieler gereift ist, der das Prädikat Schlüsselspieler verdient hätte.

Fazit

Es fällt mir aufgrund der unsicheren Gesamtlage bei den Sechzgern hinsichtlich dessen, wer überhaupt als Spieler zur Verfügung stünde, schwer ein Fazit zu ziehen. Auf alle Fälle wird es für die Löwen kein Zuckerschlecken im Sportpark Höhenberg zu Köln.

Egal wer aufläuft: Ich will eine kämpferische Leistung des TSV 1860 gegen die Viktoria sehen. Muss man dort dezimiert und mit Trainingsrückstand antreten, ist das Ergebnis für mich zweitrangig, solange Einsatzwille und Kampf stimmen.

Ein längeres bzw. optimistischeres Fazit zu ziehen ist in der momentanen Situation für mich leider nicht möglich. Lassen wir uns also überraschen, wer bei den Sechzgern überhaupt einsatzbereit sein wird und wie sich die dezimierte Rumpftruppe dann in Köln schlagen wird.

So könnte Viktoria Köln am Sonntag beginnen

Datenquelle: Wyscout

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Aschlegel

Wow, danke, für die extrem ausführliche und genaue Beschreibung des Gegners. Früher hieß es ja immer, dass man die taktische Ausrichtung einer Mannschaft genau zwei Mal im Spiel sieht: Beim Anpfiff zur ersten und beim Anpfiff zu zweiten Halbzeit. Aber der Spruch scheint inzwischen etwas Patina angesetzt zu haben. Auch in der 3. Liga gibt es inzwischen ausgeklügelte Spielsysteme.

Auf jeden Fall eine prima Einrichtung, die Taktiktafel. 👍