Ein herzliches Grüß Gott zur TAKTIKTAFEL vor dem Spiel TSV 1860 München gegen den FSV Zwickau.
Trainer Joe Enochs vom FSV setzte in dieser Saison bis zum 12. Spieltag auf ein 3-5-2. Seit dem 12. Spieltag ist jedoch, mit Ausnahme des Spiels gegen Ingolstadt, in der Grundaufstellung aus der Dreierkette eine Viererkette geworden. 4-4-2 oder 4-2-3-1 ist seither die Maxime bei den Schwänen. Die Umstellung hat sich gelohnt: seitdem setzte es nur noch zwei Niederlagen für die Westsachsen. Vom 20. auf den 11. Rang und damit neun Tabellenplätze kletterte der FSV mit der neuen taktischen Marschrichtung nach oben. Daher wird das Spiel für den TSV 1860 gegen den FSV Zwickau bestimmt kein Selbstläufer.
Die statistischen Werte des FSV Zwickau
- Ballbesitz 42%
- Passgenauigkeit 76%
- Gewonnene Defensivzweikämpfe 62% (viertbester Wert der Liga)
- Flankengenauigkeit 37,7% (zweitbester Wert der Liga)
- PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion) 12,1
Das taktische System von unseren Gästen
Das 4-4-2 lässt Joe Enochs gegen den Ball immer mit Doppelsechs spielen. Bei eigenem Ballbesitz verschiebt die Mannschaft so gut es geht zuerst in die Flache vier und dann auf 4-1-3-2 im Mittelfeld.
Beim 4-2-3-1 ist im Fünfermittelfeld die Doppelsechs ebenso präsent. Allerdings müssen bekanntermaßen ein oder zwei Spieler aus dem Mittelfeld bei Angriffen der Zwickauer in den Sturm aufrücken, sodass es bei Ballbesitz spätestens im letzten Drittel zur Verschiebung in ein 4-4-2 oder ein 4-3-3 kommt.
Man könnte nun argumentieren, dass die jüngsten Erfolge des FSV damit zusammenhängen, dass die Gegner, gegen die seither gewonnen wurde, hauptsächlich in der gleichen Tabellenregion angesiedelt sind wie Zwickau. Gegen Mannschaften aus der oberen Hälfte konnte man seit dem Systemwechsel auch nur einmal Unentschieden spielen. Dieser Ansatz wäre aber falsch. Sechs Spiele hat der FSV seit der Niederlage gegen Magdeburg (13.Spieltag) in diesen beiden Systemen absolviert. Im Duell mit Ingolstadt versuchte Enochs noch einmal das 3-5-2. Das ging aber mächtig in die Hose.
Die Statistiken der verschiedenen Formationen
Wenn man sich nun die Spiele mit Viererkette ansieht, merkt man eine völlig neue Kompaktheit in der Hintermannschaft des FSV. Speziell in Spielen, die im 4-4-2 absolviert werden, kann der FSV ein Abwehrbollwerk vor dem eigenen Sechzehner errichten. Bei insgesamt deutlich weniger Ballbesitz schaffen es die Zwickauer mehr Schüsse als ihre Gegner aufzuweisen. Zwickau hatte in diesen Spielen durchschnittlich 36% Ballbesitz, dabei ein Schussverhältnis von 43:37 und ein Torverhältnis von 7:3.
Im 4-2-3-1 steigt der Ballbesitz zwar merklich auf 48%, aber das Torverhältnis ist mit 3:4 sogar negativ. Das Schussverhältnis liegt bei 36:25.
Die 4-4-2 Doppelsechs-Variante mit vorwärts pendelnden Flügeln im Mittelfeld, die offensiv auf 4-3-3 oder 4-4-2 Raute verschiebt, ist mit der Spielweise von Zwickau eine übermäßig effiziente Waffe.
Mit den schnellen Mittelfeldaußen, die nun nicht mehr den ganzen Flügel beackern müssen und deshalb auch über die gesamten 90 Minuten Gefahr ausstrahlen, der zweitbesten Flankengenauigkeit in der Liga und ihren alten mit allen Wassern gewaschenen Haudegen wie König im Sturmzentrum und dem schnellen Schröter auf dem rechten Flügel, darf man die Sachsen keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Auch sollte man den FSV Zwickau nicht mit der Mannschaft vergleichen, die noch in der Hinrunde mit 1:2 denkbar knapp und auch ein wenig unglücklich in der heimischen GGZ Arena gegen den TSV 1860 München verlor.
Die Stärken und Schwächen des 4-4-2
Die Stärken
Mit den doppelt besetzten Flügeln kann man großen Druck über die Außenpositionen erzeugen. Kurze Laufwege im Umschaltspiel helfen der Mannschaft im 4-4-2 kraftsparend zu spielen. Das kann am Ende einer Partie der Faktor sein, der über Sieg oder Niederlage entscheidet. Die kompakte Formation gegen den Ball kann gegnerische Mannschaften, welche kreativ limitiert sind, vor Probleme beim Eindringen in die Box stellen. Durch die Ausgewogenheit in allen Mannschaftsteilen kann man gegen manche andere Systeme mit geringen Verschiebungen für Überzahl sorgen. Mittelfeldpressing wird stark begünstigt.
Die Schwächen
Wenn die Stürmer vom Gegner gut isoliert werden, ist es für die Offensive schwer, Bindung zwischen Mittelfeldzentrum und Stürmern herzustellen. Dann muss der Aufbau über die Außenpositionen stattfinden. Im Spiel gegen Mannschaften, die ein System mit nur einer Sturmspitze spielen, kann die Ausgewogenheit in beide Richtungen auch eine Schwäche darstellen. Nämlich dann, wenn die Stürmer gegen den Ball nicht mit nach hinten arbeiten und bei Ballbesitz beide Stürmer gleich in vorderster Front anzutreffen sind.
Die Schlüsselspieler
Torwart und Kapitän Johannes Brinkies (#1): Der 27 Jährige ist das Nonplusultra der dritten Liga, was Strafraumbeherrschung angeht. Noch keinen Luftzweikampf mit einem gegnerischen Spieler hat er diese Saison verloren. Auf der Linie hat er leichte Defizite.
Die Zweikampfmaschine der Schwäne Steffen Nkansah (#25) in der Innenverteidigung ist seit der Systemumstellung gesetzt. Das sagt alles. Mit ihm kam die Stabilität in die Abwehr.
Mittelfeldaußenspieler Morris Schröter (#17) ist der torgefährlichste Zwickauer Spieler. Bereits sechs Treffer hat er zu Buche stehen. Dazu kommen drei Vorlagen. Zuletzt konnte er gegen Duisburg zweimal einnetzen. Das kurze Eck hatte er dabei zweimal zum Ziel auserkoren und konnte Torwart Weinkauf dadurch überraschen.
Ronny König (#15)
Der Mittelstürmer ist ein ständiger Unruheherd, und geht auch “dahin wo’s wehtut”. Bisher hat er zwar nur fünf Treffer auf dem Konto; dadurch dass er Räume für seine Mitspieler schafft, indem er einen Innenverteidiger bindet, ist König auch mit mäßigem Torerfolg der wahrscheinlich wichtigste Offensivspieler bei Zwickau.
Auf Felix Drinkuth (#7), der nach mehrwöchiger Corona-Quarantäne Trainingsrückstand hat, muss der FSV wohl verzichten.
Fazit
Es wird vermutlich ein zähes Spiel im Sechzgerstadion werden. Die Spiele gegen Meppen, Duisburg oder Uerdingen könnten als Schablone für das herhalten, was uns am Sonntag gegen den FSV Zwickau erwartet. Der TSV 1860 München war jeweils deutlich überlegen, verließ aber nie als Sieger den Platz. Ich hoffe natürlich, dass Joe Enochs, der ja für Fußball spielen statt mauern zu lassen bekannt ist, seiner Philosophie diesbezüglich treu bleibt. Ich rechne aber nicht damit. Wer gegen “schwache” Mannschaften in den unteren Regionen auf defensiven Konterfußball setzt, wird vermutlich gegen den Tabellenzweiten nicht zum Sturmlauf neigen.
Der TSV 1860 kann nach der Gelbsperre wieder auf Sascha Mölders zurückgreifen. Damit wird der TSV systematisch wohl wieder zum 4-1-4-1 zurückkehren. Aber mit den Erkenntnissen aus dem Auswärtsspiel in Magdeburg sehen wir vielleicht eine variablere Auslegung des Ganzen. Das könnte gegen die vermutliche Mauertaktik, die ich von Zwickau erwarte, ein funktionierender Hebel sein. Lassen wir uns überraschen mit welcher taktischen Marschroute die Löwen das angehen werden und hoffen wir, dass die Mannschaft den von Trainer Michael Köllner ausgegebenen Matchplan auch genauso umsetzt, wie der Coach sich das vorstellt.
Ein Sieg sollte absolut möglich sein. Wenn es nur zu einem Punkt reicht oder gar die Gäste gewinnen sollten, möchte ich schon im Vorfeld darum bitten die Contenance zu bewahren und nicht wieder in den sozialen Medien oder Kommentarbereichen der verschiedenen Berichterstatter über unseren geliebten Verein den Weltuntergang auszurufen. Mit Zwickau kommt kein Fallobst nach Giesing, das man einfach so im Vorbeigehen weghaut.
Datenquelle: http://www.wyscout.com/