Die Satzung des TSV München von 1860 e.V. wird in den Kommentarbereichen kommerzieller Boulevardblogs gerne als undemokratisch bezeichnet. sechzger.de wagt eine Vergleichsreihe.

Satzung des TSV 1860 wird vielfach kritisiert

Keine Briefwahl, keine Onlineversammlung, keine unbeschränkte Kandidatenauswahl bei der Präsidiumswahl. Das Wehklagen in einschlägigen Blogs rund um den TSV 1860 ist groß, wenn es um die Vereinssatzung geht. Insbesondere vor der anstehenden Mitgliederversammlung treten vermehrt Versuche auf, der “Verfassung” des Vereins die Existenzberechtigung abzusprechen und diese in ein schlechtes Licht zu rücken.

So äußerte sich Verwaltungsratskandidat Klaus Lutz, der jüngst 1860-Fans als “Abschaum” und “Idioten” bezeichnet hatte, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung wie folgt: “Ich (…) bin an manchen Stellen schon verwundert. Was ich hier feststelle, hat mit einer vereinsrechtlich demokratischen Ausrichtung wenig zu tun. (…)

Ist die Kritik berechtigt?

Kritik ohne Faktengrundlage ist man beim TSV 1860 von einigen Seiten leider inzwischen gewöhnt. Umso wichtiger ist es, diesen fundiert auf den Grund zu gehen. Denn die Mitglieder unseres Vereins dürfte durchaus interessieren: ist unsere Satzung wirklich “undemokratisch”?

Wir haben uns die Satzungen diverser Vereine aus der 1. und 2. Bundesliga vorgenommen und werden diese in einer eigenen Reihe – immer dienstags und donnerstags – auf sechzger.de vorstellen. Stichpunktartig wird unser Fokus auf der Zusammensetzung der Vereinsgremien, deren Berufung in die jeweiligen Ämter, Online-Versammlungen und Mehrheits-Erfordernisse bei Abstimmungen liegen.

Was wir schon verraten können: von den bisher sechs verglichenen Satzungen weist die des TSV München von 1860 e.V. die höchste Direktbeteiligung der Vereinsmitglieder auf.

Es folgen (vorerst) in der Gegenüberstellung:

  • Satzung von Borussia Dortmund (Dienstag, 7. Mai)
  • Satzung des FC Bayern München (Donnerstag, 9. Mai)
  • Satzung des Hamburger SV (Dienstag, 14. Mai)
  • Satzung von Eintracht Frankfurt (Donnerstag, 16. Mai)
  • Satzung von Rasenballverein Leipzig (Dienstag, 21. Mai)
  • Satzung von Borussia Mönchengladbach (Donnerstag, 23. Mai)
  • Satzung des VfB Stuttgart (Dienstag, 28. Mai)
  • Satzung der TSG Hoffenheim (Donnerstag, 30. Mai)
  • Satzung von Hertha BSC (Dienstag, 4. Juni)

Die Satzung des FC Bayern in der Übersicht

Volltext der Satzung des FCB

Organe (Auszug)

Die Mitgliederversammlung

Der Vorstand:

  • Präsident, 1. Vizepräsident, 2. Vizepräsident

Der Abteilungsvorstand:

  • Besteht aus den Abteilungsvorständen der jeweiligen Abteilungen

Der Verwaltungsbeirat:

  • Besteht aus mindestens 9 und höchstens 15 Mitgliedern und wird nach einer Präsidiumswahl vom Präsidium berufen

Der Ehrenrat

  • Besteht aus bis zu 7 Mitgliedern, die älter als 40 Jahre sind

Mehrheiten:

¾ Mehrheit bei Satzungsänderungen (entspricht § 33 Abs. 1 BGB)

Wahl des Vorstands/Präsidiums:

Der Vorstand wird durch die Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Verwaltungsbeirats für die Dauer von 3 Jahren gewählt.

Besonderheiten:

Das Präsidium beruft nach seiner Wahl die Mitglieder des Verwaltungsbeirats. Der Verwaltungsbeirat schlägt wiederum der Mitgliederversammlung Kandidaten für das Präsidium zur nächsten MV vor. Eine Wahl des Verwaltungsbeirats durch die Mitglieder findet also nicht statt.

Key facts:

    • Wahl des Vorstands nur auf Vorschlag des Verwaltungsbeirats
    • Verwaltungsbeirat wird nicht gewählt, sondern vom Präsidium berufen
    • Der Ehrenrat wird auf Vorschlag des Präsidiums von der Mitgliederversammlung gewählt. Die Anzahl der Ehrenräte bestimmt das Präsidium.

Online-Mitgliederversammlung

Nicht vorgesehen, die Satzung spricht von “erschienenen Mitgliedern”

Gegenüberstellung zur Satzung des TSV München von 1860 e.V.

Die Mitglieder in der Seitenstraße haben deutlich weniger Einfluss auf die Wahlen der Vereinsgremien als die des TSV 1860. Die Besetzung des Präsidiums und des Verwaltungsbeirats, der das Präsidium den Mitgliedern zur Wahl vorschlägt, erfolgt in einem antizyklischen Ping-Pong-Spiel: das gewählte Präsidium bestimmt nach seiner Wahl den Verwaltungsbeirat, der den Mitgliedern für die nächste Präsidentschaftswahl das zu wählende Präsidium vorschlägt. Quasi das Henne-Ei-Prinzip: Was war zuerst da? Der Verwaltungsbeirat oder das Präsidium?

Angewandt auf den TSV 1860 würde dies bedeuten, dass der Verwaltungsrat, der der Mitgliederversammlung das Präsidium zur Wahl vorschlägt und das Präsidium kontrolliert, durch das Präsidium selbst bestimmt würde.

Eine freie Kandidatur ist beim FC Bayern nicht möglich. Die Mitgliederversammlung kann auch die Mitglieder des Ehrenrats nur auf Vorschlag des Präsidiums wählen.

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Kraiburger

Ich habe mal mit einem Erzroten zusammen gearbeitet, der nicht nur wirklich zu jedem Spiel fährt, sondern auch zu jeder MV geht und seinem Club auch durchaus gelegentlich kritisch gegenüber steht. Er wusste natürlich wer ich bin und meinte mal zu mir:

“Stefan, wir versuchen seit über 15 Jahren erfolglos, wenigstens mal einen eigenen Antrag auf der eigenen Mitgliederversammlung zu platzieren. In der selben Zeit habt ihr die Satzung reformiert, mehrere Präsidenten in die Knie gezwungen und reihenweise Leute die direkt vom Verein kommen in die Ämter gebracht. Von den unzähligen Anträgen mal abgesehen!”

Kann jetzt jeder für sich entscheiden, ob er das als Kompliment auffasst oder nicht.

Natürlich kann es jetzt sein dass es Leute gibt die sagen: “Aber beim FC Bayern läufts ja!” Dann sag ich: okay, dir haben mal wirklich eine undemokratische Satzung – du kannst dir jetzt überlegen worüber du mehr schimpfen willst. Dass unsere Satzung vielleicht doch nicht so undemokratisch ist, oder dass es bei uns nicht läuft.

Achja: In China läufts auch. Da gehen zB Bauprojekte viel besser als bei uns!

BluePunisher

Aufwachen!
Man kann sich sicher sein, kein Roter ist heutzutage mehr neidisch auf Sechzig. Traurig aber, das ist die Realität!
Drauf geschissen welche Satzung wir haben!

Benjisson

Du hast den Text nicht verstanden. Nochmal lesen….

Kraiburger

Ich hab den auch oft bei der Nationalmannschaft getroffen. 2017 zum Beispiel, in Sankt Petersburg. Nachdem Deutschland den Confederations Cup gewonnen hat – also den höchsten Titel den man je gewinnen kann – hatten er und seine roten Spezl nix besseres zu tun als nach mir im Stadion zu suchen. Das war wenige Tage nachdem uns Hasan in die 4 geschickt hatte. Die roten hatten damals ein wenig die Sorge, wir würden durch den Abstieg und die Rückkehr nach Giesing wieder aufblühen und ihnen in der Stadt den Rang ablaufen. Die Sorge ist ja nicht unbegründet: Südlich der Stammstrecke bekommen die Roten keinen Fuß mehr auf den Boden.