Gestern war ich war ich mal wieder mit dem E-Auto gen Freiburg unterwegs. Anders als vor ziemlich genau zwei Jahren gab es dank eines Updates der Batterie-Software keinerlei Reichweitenprobleme mehr. Stattdessen konnten wir uns auf der Rückfahrt einer ausführlichen Analyse des SZ-Interviews der Protagonisten des Bündnis Zukunft widmen. Irgendwie konnten wir die Aussagen aber nicht recht greifen und so blieben und vor Allem Luftschlösser und Lenin in Erinnerung.

Vierte Niederlage in Serie

Auf der Rückfahrt gab es wenig über die 1:0-Niederlage des TSV 1860 München zu diskutieren. In der Rückfahrcrew des E-Autos herrschte witestgehende Einigkeit, dass Sechzig einer der schlechteren Leistungen unter Argirios Giannikis abgerufen hatte. Wenn nicht die schlechteste. Lediglich der Volleyschuss von Güler (58. Minute) und Lattenkracher von Lakenmacher (29. Minute) waren sehenswerte Offensivaktionen der Löwen. Als man sich dann nach einer verunglückten Abwehraktion von Verlaat den Gegentreffer einfing (71. Minute), konnte 1860 keinerlei Gefahr mehr entwickeln und wir fühlten uns ein wenig an das Offensivspiel unter Jacobacci erinnert. Zu unpräzise, zu träge.

Unruhige Zeiten stehen bevor

Weitere Diskussionen ĂĽber das Sportliche mussten nicht gefĂĽhrt werden und so widmeten wir uns der RadioĂĽbertragung der SeitenstraĂźe und genossen eine weitere Niederlage des Lokalrivalen. Danach stand 1860  natĂĽrlich wieder im Mittelpunkt unserer Gespräche und wir kamen recht schnell auf das umfangreiche SZ-Interview der Herren Möst, Ruhdorfer und Lutz, die fĂĽr das BĂĽndnis Zukunft sprechen. Interessant war, dass wir alle drei das Interview mehrfach lesen mussten, um ĂĽberhaupt zu verstehen, was die drei Herren zum Ausdruck bringen wollten. Dabei interpretierten wir diverse Textpassagen vollkommen unterschiedlich. Es war uns lediglich klar, dass durch diesen “offiziellen Wahlkampfauftakt” des BĂĽndnisses 1860 unruhige Zeiten bevorstehen. Auf dem Platz angesichts der erneuten Niederlage und nur sechs Punkten Vorsprung auf den Abstiegsplatz. Und neben dem Platz wegen einer zu erwartenden Schlammschacht bis zur Mitgliederversammlung.

Das BĂĽndnis schaltet in den Wahlkampfmodus

FĂĽr Robert Reisinger war das BĂĽndnis Zukunft in unserem Interview am Donnerstag noch “schwer greifbar”. Seit Freitagabend mit Erscheinen des Interviews durfte das BĂĽndnis fĂĽr ihn und alle Anderen weit weit weniger schwer greifbar sein: Das BĂĽndnis plant nicht weniger als den Frontangriff auf die Gremien des e.V. und strebt nach der Macht bei 1860. Ruhdorfer fĂĽhrt aus: “Der Verwaltungsrat ist das mächtigste Gremium des TSV 1860, er bestimmt das Präsidium, er berät den Wahlausschuss. Bei dieser Wahl im Juni geht es konkret darum, dass man diese einseitige ideologische Ausrichtung und MachtausĂĽbung beendet. DafĂĽr brauchen wir die Mehrheit, also mindestens fĂĽnf Sitze.” Diese Mehrheit will das BĂĽndnis offensichtlich durch Luftschlösser und basierend auf Theorien von Lenin erreichen.

“Die letzte Chance fĂĽr Sechzig”

Mehrfach wird betont, dass das BĂĽndnis “die letzte Chance fĂĽr Sechzig” sei. Warum und weshalb, war uns dreien jedenfalls nicht klar. Eine kausale Herleitung fĂĽr diese Behauptung lieĂź sich nicht finden. Also gingen wir das Interview, das von der herrschenden “Stadion-Clique” ĂĽber Luftschlösser beim Stadion, Thesen von Lenin und einen Vergleich von Hans Sitzbzerger mit Taylor Swift ein breit gefächertes inhaltliches Spektrum bot, nochmal minutiös durch. Wie bei einer Gruppenarbeit an der Uni las einer Frage fĂĽr Frage vor und wir analysierten zu dritt jede Antwort einzeln. Oder versuchten es zumindest.

Thema Augenhöhe

Ein besonderes Anliegen scheint dem BĂĽndnis eine Kommunkation mit Hasan Ismaik und HAM “auf Augenhöhe” zu sein. Wenn wir es richtig verstanden haben, werden die e.V.-Seite und insbesondere Präsident Reisinger fĂĽr eine generell nicht stattfindende Kommunikation verantwortlich gemacht. Und wenn sie denn stattfindet, wĂĽrde sie nicht auf Augenhöhe stattfinden. Wir waren uns einig, dass dieser Vorwurf gegenĂĽber den Vertreten des e.V. wirklich hanebĂĽchen ist. Sind es doch Hasan Ismaik und die HAM-Seite, die sich seit Jahren jeder “Kommunikation auf Augenhöhe” entziehen. Dazu nur zwei Beispiele aus jĂĽngerer Vergangenheit: Der Besuch von Hasan Ismaik im Februar und die wegen “Unwohlsein” der HAM-Vertreter platzen gelassene Beiratssitzung am 22.12.2023. Dass sich Möst dann damit brĂĽstet, dass “wir die erste Partei seit sieben Jahren sind, die ĂĽberhaupt mal wieder
ein persönliches Gespräch mit ihm [Ismaik] gefĂĽhrt hat”, zeigt ja genau, dass Ismaik den e.V. immer wieder brĂĽskiert und er sich jeder Kommunikation verweigert. Stattdessen tauscht er sich lieber mit Leiten aus, die bei 1860 keinerlei offizielle Funktion ausĂĽben. Ăśbrigens ist Robert Reisinger der fĂĽnfte Präsident, der sich an der Kommunikation mit Hasan Ismaik versucht. Vielleicht gibt das einen Anhaltspunkt, wer hier der problematische Kommunikationspartner ist.

Das Schwert der “Undemokratie”

Mehrmals wird im Interview auch behauptet, dass 1860 eine Art undemokratisches System habe. Ruhdorfer beklagt sich: “Als sich die Kandidaten des “BĂĽndnis Zukunft” präsentiert haben, wurde sofort von den Parteiorganen der Stadion-Clique scharf geschossen. Wir wissen das alle – aber demokratisch ist es nicht.” Uns war unklar, was daran undemokratisch ist, wenn im demokratischen Diskussionsprozess auch mal schärfere Meinungen zum Ausdruck gebracht werden. Was sollen Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner da sagen?

Möst treibt es dann aber auf die Spitze: “Es wurde ja ein Antrag auf Online-Wahlen gestellt. Dann wäre es wirklich demokratisch, und alle stimmberechtigten Mitglieder könnten wählen. Dann wäre dieses kleine Konstrukt von ein paar hundert Stimmberechtigten nicht mehr gegeben.” Unseres Wissens kann sich jedes Mitglied am 16.06. ins Zenit bewegen und dort abstimmen. Niemand wird an seiner Wahl gehindert. Folgt man Mösts Argumentation, wären ja alle politischen Wahlen in Deutschland “undemokratisch”, weil sie nicht online stattfinden. Ebenso stellt sich die Frage, ob das vor der vom BĂĽndnis scharf kritisierten aktuellen Satzung des e.V. geltende Delegiertensystem demokratischer gewesen sein soll. Ebenso ist unklar, wieso die aktuelle Satzung nicht dem Konzept “One-man-one-vote” entsprechen soll, wie Lutz anmerkt.

Luftschlösser und Lenin bleiben in Erinnerung

Viele weitere Passagen des Interviews konnten wir nicht so recht nachvollziehen. In Ernninerung bleiben deswegen vor Allem Luftschlösser zum Thema Stadion und AusfĂĽhrungen ĂĽber Lenin. Ruhdorfer behauptet, dass ein “Stadion mit vier Trainingsplätzen” “nicht an der Finanzierung scheitern wĂĽrde”. Da haben wir uns gefragt, wieso so etwas nicht eingebracht wird und wo in MĂĽnchen denn der Standort eines Stadions mit vier Trainingsplätzen auĂźenrum sein soll. Der wird unseres Wissen seit den frĂĽheren Neunzigern gesucht und wurde bisher nicht gefunden. Immerhin hat Ruhdorfer Recht damit, dass in das Stadionthema “ein völlig anderer Wind rein muss.” Besondere Aufmerksamkeit neben den Luftschlössern rund ums Stadion widmeten wir noch dem Passus ĂĽber Lenin und dessen “Transmissionsriemen” von Herrn Lutz.

Wir googleten, um herauszufinden, was es damit auf sich hat. Und landeten beim FDBG-Lexikon! Nach Lenin sind z.B. die Gewerkschaften ein “unverzichtbarer Transmissionsriemen”, um – ich zitiere von obigen Link – “das Proletariat möglichst umfassend zu organisieren und „die Verbindung der Avantgarde mit den Massen herzustellen“ sowie „durch ihre tägliche Arbeit die Massen ĂĽberzeugen, die Massen derjenigen Klasse, die allein imstande ist, uns vom Kapitalismus zum Kommunismus zu fĂĽhren.“”

Das muss man erstmal sacken lassen, gell? Dagegen ist der Vergleich von Hans Sitzberger mit Taylor Swift irgendwie gar nicht mal so surreal wie er sich noch beim ersten Lesen des Interviews darstellte.

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Steffen Lobmeier

Diese Typen vom BĂĽndnis sind in Summe fast noch grotesker als das Team Hund damals.

Kraiburger

Am besten gefällt mir der Absatz, an dem Lutz sagt er will endlich Mittel und Wege ausnutzen, um Ordnung in der frage um die ismaikfahne zu bringen.

Wäre ich ultra, würde ich nicht nur ein Verständnisproblem zum Thema Meinungsfreiheit haben, sondern das allgemein als Drohung auffassen.

Und was will er als nächstes verbieten?

Traeumer

Na ja wenn ich sonst in Deutschland wählen gehe, muss ich nicht hunderte Kilometer in eine Halle fahren und einen ganzen Sonntag opfern. Es wäre technisch möglich Online Wahlen mit einer Stimme pro Mitglied abzuhalten. Gibt schon gute Gründe warum das an der Versammlung abgelehnt wurde, man ist ja nicht doof.

bla1860

Na ja wenn ich sonst in Deutschland wählen gehe, muss ich nicht hunderte Kilometer in eine Halle fahren und einen ganzen Sonntag opfern.”

Der Vergleich ist doch komplett absurd. Also so absurd, dass ich zu faul bin Dir jetzt genau zu erklären warum er so absurd ist.
Und nein, das liegt nicht daran, dass ich keine Argumente hätte, sondern daran, dass manche Dinge so offensichtlich absurd sind, dass es echt die Mühe nicht wert ist da ne argumentative Erklärung drauf zu geben.

Und nenne mir einen einzigen Verein bei dem Online Wahlen durchgefĂĽhrt werden.

Immer dieses leidige Thema..

SechzgerMichl

Bin bei dir – eine Wahl vor Ort ist ĂĽblich und nicht undemokratisch. Aber online wäre natĂĽrlich möglich, warum sollte das so offensichtlich absurd sein, wie du behauptest?
Dahinter steht mal wieder der Konflikt, dass die organisierten Löwenfans aus München in Summe andere Interessen haben, als die, die über die ganze Republik verteilt sind und unseren Verein aus der Ferne (und somit auch vermehrt im TV) verfolgen. Ich fühle mich übrigens der erst genannten Gruppierung zugehörig, kann aber die anderen auch verstehen, die nicht extra nen Tag zur Mitgliederversammlung anreisen🤷🏻‍♂️

bla1860

Das “absurd” hat sich auf den Vergleich zu anderen Wahlen in Deutschland bezogen.

black_belt_blues

Das mag zwar oberflächlich logisch klingen, aber denk bitte mal darüber nach, welchen Möglichkeiten von Missbrauch und Manipulation man damit die Tür öffnen könnte.
Wem die Wahl so wichtig ist, kann sich auch einmal im Jahr auf den Weg machen. Oder kommen diese Leute auch nie zu einem Heimspiel, weil die Anreise unzumutbar ist?

daOstl

Jetzt mal ein bisschen dramatisch aber nicht ausschlieĂźbares Szenario: Es könnte z.B. jemand auf die Idee kommen, sagen wir 500 Leuten in Absurdistan die Mitgliedsbeiträge zu bezahlen und ihnen “helfen” bei Wahlen teilzunehmen.

Alleine um sowas zu verhindern, darf es auf keinen Fall online Wahlen geben meiner Meinung nach.

black_belt_blues

Das wäre ein durchaus realistisches Szenario. Und nicht das einzige. Manipulationen sind auf jeden Fall nicht auszuschließen und das alleine langt mir schon. Es gibt halt zu viel Unredlichkeit rund um Sechzig.

Da Bianga

Ist Absurdistan ein MĂĽnchner Stadtteil?

Da Bianga

Dazu braucht es nicht mal Onlinewahlen.

Benjisson

Antrag erarbeiten, die anwesenden Mitglieder abstimmen lassen und dann muss man mit dem Ergebnis leben….Antrag schon erarbeitet?

black_belt_blues

Offenkundig sind die alle nicht doof.
Oder bei welchem, weniger doofen Verein gibt es online-Wahlen?
Du Träumer kannst unsere dunklen Gedanken sicherlich erhellen, oder?
Aber vermutlich kommt jetzt nichts mehr von dir, weil vielleicht der Osterhase deine Eier gestohlen hat.
Oder weil Sonntag ist. Oder die Temperatur zu niedrig, zu hoch, zu mittelmäßig.
Oder weil es dir letztlich gar nicht so wichtig ist?

Kraiburger

Sobald das möglich ist kaufe ich mir 20 Mitgliedschaften und stimme 20 mal zugunsten des Vereins ab.

Versprochen!