Wenn der Löwenfan über legendäre Europaokalnächte in den späten 1990er- bzw. frühen 2000er-Jahre ins Schwärmen kommt, dann ist eine Stadt in Norditalien in der Aufzählung immer sehr weit vorn dabei: Parma. Heute vor 23 Jahren trat der TSV 1860 München in der 3. Runde des UEFA-Cups im Stadion Ennio Tardini beim Tabellenfünften der Vorsaison in der Serie A an und erreichte im Nebel der Po-Ebene ein beachtliches 2:2.

Erst Leeds, dann Drnovice und Halmstad

Nach dem knappen Scheitern an der Qualifikation zur Championsleague gegen Leeds United trat das Team von Werner Lorant also im UEFA-Cup an, setzte sich in der 1. Runde denkbar knapp (0:0 & 1:0) gegen den tschechischen Vertreter FK Drnovice und dann gegen den frisch gekürten schwedischen Meister Halmstad BK (2:3, 3:1) durch. Ein Überwintern im internationalen Geschäft sollte gegen den italienischen Pokalsieger von 1999, bei dem zu jener Zeit der erst 22jährige Gianluigi Buffon das Tor hütete, sichergestellt werden. Wie in den Runden zuvor musste 1860 erst auswärts antreten.

Reisefreudige Löwenfans

Wieviele der 14.000 Zuschauer, die sich zu der damals noch etwas irritierenden Anstoßzeit um 17.30 Uhr im Stadion in Parma eingefunden hatten, den Münchner Löwen die Daumen drückten, ist auch 23 Jahre später nicht final geklärt. Mindestens 8.000, vielleicht auch 11.000 Sechzgerfans hatten sich auf den Weg über den tief verschneiten Brenner gemacht, um Thomas Häßler & Co. beizustehen. Und die sollten diese Reise nicht bereuen.

Im Nebel fehlt anfangs der Durchblick

Zwar lagen die Gastgeber bereits nach einer Viertelstunde aufgrund zweier kapitaler Fehler in der Abwehr des TSV 1860 mit 2:0 in Front (Torschützen waren der Ghanaer Stephen Appiah in der zweiten und der Franzose Johan Micoud – zu jener Zeit amtierender Europameister und vier Jahre später Doublegewinner mit Werder Bremen – in der zwölften Minute). Die wenigsten Löwenfans hatten die beiden Treffer aber wirklich gut sehen können. Und das obwohl die Gastgeber in der ersten Halbzeit auf die Gästekurve spielten. Zu dicht lag der abendliche Nebel über dem Spielfeld.

Löwen kämpfen sich ins Spiel zurück

Es dauerte etwa eine halbe Stunde, eh sich der Nebel aus dem Stadion verzog und die Mannschaft von Werner Lorant erwachte. Doch dann zeigte das Team eine dem Löwen auf der Brust würdige Vorstellung. Ohne jedoch noch vor der Pause das kämpferische Engagement in Zählbares ummünzen zu können. Auch nach dem Seitenwechsel machte Sechzig das Spiel. Insbesondere der quirlige Thomas Häßler, später auch zum Spieler der Partie gewählt, brachte seine Mitspieler und sich selbst immer wieder zu besten Einschussgelegenheiten.

Die Gastgeber wollten – dem Klischee nach ganz klassisch italienisch – ihre Führung über die Zeit bringen. Doch das sollte nicht gelingen. In der 79. Minute war es endlich soweit, als Roman Tyce den Ball nach einer feinen Einzelleistung mit dem linken Fuß im rechten Eck des Kastens von Buffon unterbringen konnte. Nun sah die Löwenwelt im Hinblick auf das Rückspiel schon etwas beruhigender aus. Und es kam noch besser: Genau eine Minute vor Ende der regulären Spielzeit verwertete Markus Beierle eine Flanke von Daniel Borimirov mit dem rechten Außenrist zum vielumjubelten Ausgleich. Für viele der mitgereisten Löwenfans stand eine lange und feucht-fröhliche Partynacht in Parma auf dem Programm, ehe man sich für ein paar Stunden Schlaf in die gebuchten Hotelzimmer zurückzog.

Bitteres Aus im Rückspiel

Das Rückspiel 14 Tage später gehört dann leider wieder zu den traurigeren Kapiteln in der Geschichte unseres Lieblingsvereins: Angesichts der Bedeutung dieses Spiels und der hervorragenden Ausgangslage enttäuschende 28.000 Zuschauer fanden sich am Nikolausabend 2000 im weiten Rund des Olympiastadions ein. Werner Lorant stellte das Team extrem defensiv ein und 75 Minuten schien sein Plan auch aufzugehen, dann schlugen die Gäste zu. Die frierenden Fans im Oly mussten mit ansehen, wie zahnlose Löwen die hervorragende Ausgangsposition aus dem Hinspiel leichtfertig aus der Hand gaben, mit 0:2 unterlagen und sich aus dem internationalen Geschäft verabschiedeten.

Eine Zusammenfassung des Spiels in Parma auf Youtube findet Ihr hier.

Die Aufstellung des TSV 1860 in Parma

Trainer Werner Lorant schickte die folgenden Spieler auf’s Feld:

Jentzsch – Stranzl, Zelic, Cerny – Borimirov, Kurz, Tyce, Häßler, Bierofka – Agostino, Beierle

Tore:
1:0 Appiah (2.)
2:0 Micoud (12.)
2:1 Tyce (79.)
2:2 Beierle (89.)

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