Wie sich die Bilder gleichen… Schnee in München, damals wie heute. Am 8. Dezember vor 32 Jahren wurde allerdings auf Giesings Höhen gespielt. Zur Wahrheit gehört aber, dass die Menge der weißen Pracht, die damals vor der Partie in der Landeshauptstadt nieder ging, etwas geringer ausgefallen war, als am vergangenen Wochenende. Der Gegner von damals trägt – wie der für das morgige Spiel eigentlich vorgesehene – seine rotweißen Vereinfarben im Namen.

1860 in der Zweiten Liga Süd

Wir schreiben den Dezember 1991. Die Löwen sind erst im vergangenen Sommer unter großem Jubel und ihrem kleinen Trainer Karsten Wettberg nach neun tristen Jahren in der Bayernliga in den bezahlten Fußball zurückgekehrt. Kurz vor Weihnachten stehen sie allerdings schon Mitten im Abstiegskampf. Die Konkurrenten in diesem Ãœberlebensfight sind viele ehemalige Erstligisten, genauer gesagt: DDR-Oberligisten. Die deutsche Wiedervereinigung hatte zu Saisonbeginn 1991/92 eine Integration von nicht weniger als sechs Vereinen aus den neuen Bundesländern in die 2. Bundesliga nötig gemacht. Fünf von ihnen landeten – wie natürlich der TSV 1860 – in der Süd-Gruppe der Zweitklassigkeit, einer im Norden. Das Leistungsvermögen dieser neuen Teams war extrem unterschiedlich. Während Carl-Zeiss Jena und der Chemnitzer FC an der Tabellenspitze mitmischten, krebsten der VfB Leipzig und Rot-Weiß Erfurt am anderen Ende des Classements herum.

Angeschnittene Freikarte: Keinen Eintritt mussten gegen Erfurt Kinder und Jugendliche entrichten

Kellerduell auf Giesings Höhen

Besonders prekär war die Lage bei den Thüringern, die am Sonntagnachmittag, zwei Tage nach Nikolaus, an die Grünwalder Straße reisten. Aus bis dahin gespielten 20 Partien hatte das “RWE des Ostens” erst sechs Punkte geholt. Ein Sieg (ausgerechnet über den TSV 1860 in einem echten Skandalspiel im Erfurter Steigerwaldstadion Ende September) und vier Unentschieden standen zu Buche. Aber auch die Löwen hatten in der Saison noch nicht wirklich oft geglänzt. Sechs Niederlagen und elf Unentschieden standen bis dahin nur drei Siege gegenüber. Aufstiegscoach Karsten Wettberg stand auf der Abschussliste einiger Funktionäre im Verein. Nach dem 1:1 gegen den Halleschen FC zwei Wochen zuvor hatte erstmals der Name Werner Lorant als möglicher Nachfolger des “Königs von Giesing” die Runde gemacht. Eine Woche später hatte dann ein wacker erkämpftes 0:0 beim Aufstiegsaspiranten FC Homburg den Kopf des Coaches gerettet.

Der “König von Giesing” am Spielfeldrand. Schon heute drohte Wettbergs Demission
Kurz vor dem Einlaufen. Ein schneebedecktes Spielfeld auf Giesings Höhen

Frühes Tor durch Host Schmidbauer

Der Schnee hatte in den Tagen vor der Partie die Landeshauptstadt in ein Wintermärchen verwandelt. Knapp 7.000 Zuschauer kämpften sich durch das winterliche München nach Giesing, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren genossen an diesem Tag freien Eintritt im Sechzgerstadion. Und diejenigen, die gekommen waren, sollten es nicht bereuen: Schon sechs Minuten nach dem Anpfiff beendete Horst Schmidbauer eine lange Leidenszeit ohne eigenen Treffer mit einem Abstauber, nachdem Erfurts Keeper, der ungarische Nationaltorhüter Peter Disztl (mit langer Mähne und Nikolaus-Bart) den Ball nach einer Ziemer-Ecke nicht festhalten konnte. Die Löwen wollten es heute wissen und blieben am Drücker, erzielten allerdings im ersten Abschnitt kein weiteres Tor.

Weitere Stürmer-Tore im Abschnitt zwei

In der zweiten Halbzeit verflachte die Partie zusehends, der schwer zu bespielende, weiter mit Schnee bedeckte Boden machte es den Aktiven nicht leicht, das flotte und muntere Tempo der ersten 45 Minuten Aufrecht zu erhalten. Eine Viertelstunde vor dem Ende erlöste dann aber der erst im September gekommene Stürmerstar Frank Pingel das Publikum: Eine Freistoßflanke von Thomas Motzke verwertete der Däne per Kopf ins lange Eck. Auch er hatte zuvor lange Zeit nicht getroffen. Den Schlusspunkt setzte dann vier Minuten vor Schluss ein weiterer Stürmer: Aufstigsheld Albert Gröber. Er war nach einer Stunde für Schmidbauer in die Partie gekommen und machte nach einer Pingel-Flanke – ebenfalls per Kopf – alles klar.

Am Saisonende zurück in der Bayernliga

Dass der Münchner Boulevard am nächsten Morgen ausführlich darüber berichtete, dass Trainer Wettberg im Falle eines Misserfolgs gegen Rot-Weiß Erfurt noch am Sonntag entlassen worden wäre, schmälerte die Erleichterung über den Sprung auf Tabellenplatz acht ein wenig. Am Saisonende stand – nach einem eigentlich sehr erfolgreichen und verheißungsvollen Frühling – der Gang in eine Relegationsrunde mit dem TSV Havelse und Fortuna Köln auf dem Programm, die 1860 nicht erfolgreich gestalten konnte. Im Sommer 1992 war man wieder Bayernligist.

Die Westkurve – auch damals stets gut gefüllt – peitschte die Löwen nach vorn

Die Aufstellung der Löwen

Trainer Karsten Wettberg schickte am 8. Dezember 1991 folgende Löwenelf in den Schnee:

Berg – Hainer, Miller, Maurer, Hinterberger – Ziemer, Motzke, Störzenhofecker – Pingel, Koutsoliakos (78. Heisig) Schmidbauer (60. Gröber)

Tore:
1:0 Schmidbauer (6.)
2:0 Pingel (76.)
3:0 Gröber (86.)

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Thomad Meiler

Unglaublich…so lang ist das her. War aber auch so ein Spiel inkl. Schneeballschlacht, das man nicht vergisst.Und der Frank Pingel hatte auch noch ein Tor gemacht..