Ein herzliches Grüß Gott zur Taktiktafel vor dem Heimspiel unseres TSV 1860 München gegen den MSV Duisburg. Die Zebras, in den letzten beiden Jahren immer hinter den Erwartungen geblieben, sind in dieser Saison gut aus den Startlöchern gekommen und teilen sich mit Ingolstadt den sechsten Platz. Was erwartet die Löwen am Samstag?

TSV 1860 – MSV Duisburg: Duell zweier Gründungsmitglieder der Bundesliga. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Zebras diese Partie ebenso wie die bisherigen sechs im 4-2-3-1 beginnen. Trotz einiger Verletzungssorgen werden die Duisburger eine schlagkräftige, gereifte Truppe auf den Rasen des Sechzgerstadions schicken.

Thorsten Ziegner, seit Mai Trainer der Duisburger, hat dem Team seinen Stempel aufgedrückt, die Mannschaft wurde sinnvoll auf Schlüsselpositionen verstärkt. Nun zeigt Duisburg im 4-2-3-1 eine hohe Variabilität, die sich im Spiel in situationsabhängigen Verschiebungen vor allem in der Offensive zeigt.

Einer der wichtigsten Spieler und Garant für intelligente Spielzüge im Zentrum wird mit Caspar Jander allerdings fehlen. Das 19-jährige Talent, das die Box to Box Rolle beim MSV brillant ausgefüllt hat, zog sich einen Bänderriss zu und fällt auf unbestimmte Zeit aus.

Die wichtigsten statistischen Werte des MSV Duisburg

  • Ballbesitz: 47%
  • Passgenauigkeit: 77%
  • Defensive Zweikampfquote: 64%
  • Flankengenauigkeit: 36%
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): 9,8

Wie spielt der MSV Duisburg?

Bei Ballbesitz

Aus dem 4-2-3-1 wird bei Ballbesitz des MSV Duisburg je nachdem, wie sich die gegnerische Mannschaft beim Pressing verhält, zunächst entweder asymmetrisch über einen Außenverteidiger oder dynamisch über beide Außenverteidiger mit abkippendem Sechser verschoben. Wobei bei der dynamischen Verschiebung der Sechser nicht bis ganz nach hinten zwischen die Innenverteidiger abkippt, sondern eher wie ein Libero vor der Abwehr agiert. Somit bleibt er auch im Positionsspiel nach vorne als Offensivoption verfügbar.

Anstatt durch ein flaches 3-4-3, läuft der Ball somit bei den Duisburgern in der dynamischen Verschiebung durch eine 2-1-3-1-3 Staffelung. Damit hat das Duisburger Spiel viel Tiefe und kann in der Spitze mit vier offensiv eingestellten Spielern über die gesamte Breite des Spielfelds Gefahr erzeugen. Im letzten Drittel versucht Duisburg schlussendlich eine relativ breite Linie mit eingerückten ballfernen Spielern zu stellen, die Steilpässe oder Flanken verwerten sollen. Bei einer 2er-Restverteidigung stellt sich das dann als 2-3-1-4 dar.

Gefährlich wird der MSV unter anderem dann, wenn er in Umschaltsituationen ins schnelle, vertikale Spiel kommt. Die mit viel Risiko gespielten Pässe auf die schnellen Offensivkräfte sorgten bisher für viel Wirbel in den gegnerischen Abwehrreihen.

Ecken und Freistöße aus dem Halbfeld als Wunderwaffe. Von zehn Toren der Zebras sind vier bisher nach Standardsituationen entstanden. Drei dieser Treffer fielen nach einem Eckball. Auffällig bei Ecken: Obwohl sie immer ähnlich vor den gegnerischen Kasten getreten werden, herrscht eine erstaunliche Diversität bei den Abnehmern der Eckstöße im Zentrum.

Gegen den Ball

Gegen den Ball kann der MSV ebenfalls auf verschiedene Waffen zurückgreifen. Hohes direktes Anlaufen mit Fokus auf direkten Ballgewinn ist ebenso im Repertoire enthalten wie passives tiefes Verteidigen mit Fokus auf Ballgewinne durch abgefangene Bälle.

Duisburg ist auch in den direkten Duellen kein Kind von Traurigkeit. Mit den meisten geführten defensiven Zweikämpfen pro 90 Minuten in der Liga und der guten defensiven Zweikampfquote von 64% darf man davon ausgehen, dass es für Offensivspieler nicht angenehm ist, gegen die Zebras zu spielen. Viele Zweikämpfe gegen den Mann bringen auf der anderen Seite viele Fouls. Auch hier haben die Zebras mit Platz zwei in der Statistik einen Spitzenplatz inne.

Wie kann der TSV 1860 den MSV Duisburg knacken?

Ballkontrolle und Ballsicherheit in der gegnerischen Spielfeldhälfte wird in diesem Spiel vermutlich wichtig werden. Das bedeutet: Der Gewinn zweiter Bälle und konsequentes Nachrücken aller Mannschaftsteile in der Offensivbewegung sind essentiell. Kreative Positionswechsel der Offensivspieler im horizontalen Raum im letzten Drittel der Duisburger, um Verteidiger aus deren Positionen zu ziehen, sind die Hebel, um die Tür in die Duisburger Box aufzubekommen. Wenn dann noch die zu erwartende Präzision bei den Pässen in die Box vorherrscht, können wohl die meisten Angriffe der Sechzger mit Schüssen abgeschlossen werden.

Wenn der TSV 1860 es schafft, über eine breite Angriffslinie mit asymmetrischem Außenstürmer in einer variablen 2-3 oder 3-4 Staffelung ständig Druck auf das letzte Drittel auszuüben und aufrechtzuerhalten, wird Duisburg, als deren größtes Problem sich bisher die Zuordnung in der Defensive unter Druck gezeigt hat, früher oder später die Fehler machen, die dem TSV zum Torerfolg verhelfen.

Stärken und Schwächen des 4-2-3-1

Die Stärken

Gegen den Ball ist das 4-2-3-1 in der Zentrale und Richtung eigener Box sehr kompakt. Es gibt den Gegnern kaum Raum, um dort vernünftiges Passkombinationsspiel aufzuziehen. Auch gegen zwei oder drei Stürmer ist man durch die beiden defensiven Mittelfeldspieler gut abgesichert.

Nach Balleroberung kann das Spiel über die beiden Sechser relativ variabel gestaltet werden. Sowohl über die Flügel als auch über das Zentrum sind schnelle Angriffe möglich, wenn man die Lücken im Raum schnell erfasst und alle Offensivspieler ihre Laufwege situationsbedingt richtig anlegen. Oft schaltet sich einer der beiden Sechser auch aktiv – und nicht nur als Ballverteiler – in das Offensivspiel mit ein. Dadurch wird die Offensive als Ganzes schwerer auszurechnen.

Die Schwächen

Gegen den Ball ist ein Gegner, der gern über die Flügel angreift, schwer zu kontrollieren, da die Wege, um einen Spieler zu doppeln, relativ weit sind und die Doppelung vom Angreifer oft schon erkannt wird, wenn sich der doppelnde Gegner aus seiner taktischen Grundposition löst. Das führt bei guter Spielübersicht und genauem Passspiel zu viel Raum für die angreifende Mannschaft.

Die Mittelfeldspieler auf den Außenpositionen müssen außerdem ein extrem hohes Laufpensum bewältigen, wenn sie die gegnerischen Flügel unter Kontrolle halten wollen. Im Spiel nach vorn ist vor allem das Fehlen eines zweiten Stürmers ein großes Manko, da sich dadurch für den Spieler in der Sturmzentrale nur wenig Raum zur Entfaltung seiner Fähigkeiten bietet. Deshalb sind torgefährliche Mittelfeldspieler, die mit aufrücken, zwingend erforderlich, um im 4-2-3-1 erfolgreich zu sein.

Die Schlüsselspieler

Abwehr

Vincent Müller (#1) im Tor. Wer gedacht hat, mit dem Weggang von Weinkauf würde das Toreschießen gegen den MSV Duisburg nun leichter, sieht sich getäuscht. Vincent Müller, Neuzugang vom niederländischen Club PSV Eindhoven, überzeugt bisher auf ganzer Linie. Dass die Reflexe bei jungen Torhütern meist schon gut ausgebildet sind, ist ja hinlänglich bekannt. Der 22-jährige Müller ist auch bei den Fähigkeiten, die theoretisch mehr Erfahrung bedürfen als er vorweisen kann, schon sehr weit. Vor allem was Strafraumbeherrschung betrifft, aber auch im eins gegen eins, hat sich Müller schon sehr stark und mit gutem Timing für die richtige Aktion bewiesen. Nicht zu vergessen: Der Keeper hat sich beim Auswärtssieg in Meppen sogar in die Totschützenliste eingetragen!

Sebastian Mai (#28) ist der nächste Neuzugang, der sofort das Prädikat “Schlüsselspieler” bekommt. Mai ist ein beinharter Innenverteidiger mit allen Attributen, die auf dieser Position nötig sind. Herausragende Kopfballstärke, top Zweikampfverhalten, gutes Stellungsspiel und kluge Spieleröffnung im Positionsspiel zeichnen Mai aus.

Mittelfeld

Caspar Jander in der Box to Box Rolle wird dem MSV sicherlich fehlen. Marlon Frey (#37) sollte diese Rolle problemlos übernehmen können. Ob er sie auch so ideenreich wie Jander ausfüllt, wage ich jedoch zu bezweifeln. Und auch sein Nebenmann Marvin Bakalorz (#6) wird nicht plötzlich zum Technikwunder aufblühen. Damit bleibt die Rolle des offensiven Schlüsselspielers im Mittelfeld bei Moritz Stoppelkamp (#10). Fast jeder Angriff der Duisburger läuft in irgendeiner Phase über Stoppelkamp. Es ist der dominanteste Spieler der Zebras. Hat man ihn unter Kontrolle, ist Duisburg ein wenig der offensive Zahn gezogen.

Sturm

Aziz Bouhaddouz (#11) oder Benjamin Girth (#31) – wer wird den Mittelstürmer der Zebras gegen die Löwen geben? Meiner Meinung nach könnten wir den ersten Startelfeinsatz von Girth sehen. Er ist erst seit 24.08. beim MSV. Bouhaddouz hat mit nur einem Tor in sechs Spielen etwas Ladehemmung bewiesen, Girth hingegen hat bei seinem ersten Jokereinsatz direkt sein erstes Tor für den MSV erzielt. Girth ist mit 32 Toren in 75 Drittligaspielen fast in jedem zweiten Spiel erfolgreich. Er wäre meine Wahl, falls er die nötige Fitness für mindestens 60 Minuten hat.

Fazit

Es wird ein harter Brocken am Samstag im Sechzgerstadion für den TSV 1860 München, wenn der MSV Duisburg seine Aufwartung macht. Die Zebras sind die gefährlichste Mannschaft, was Standardsituationen betrifft und zudem ein Team, das gern über Zweikämpfe direkt den Ball gewinnt.

Den Ball und den Gegner laufen lassen ist ein Rezept, das es verhindert, dass der Gegner in die Zweikämpfe hineinkommt. Wenn es klappt, auf breiter Linie variabel zu bleiben und mit schnellem Kombinationsspiel die Duisburger Defensive zu Fehlern gezwungen werden kann, wäre das die halbe Miete, um die Punkte in Giesing zu behalten.

Gegen den Ball darf man gegen Duisburg, so wie sich die Zebras diese Saison präsentieren, vor allem eines nicht tun: unnötige Standards für den Gegner produzieren. Aber auch in Umschaltmomenten muss das Gegenpressing sofort und aggressiv erfolgen. Kommt Duisburg gut ins schnelle vertikale Spiel, kann man den MSV schwer mit fairen Mitteln stoppen.

Auch wenn sich der MSV Duisburg in einer starken Phase befindet, so muss doch die Devise sein: Im Sechzgerstadion regiert nur eine Mannschaft und das ist die des TSV 1860 München.

Wenn alle Spieler der Sechzger ihr Leistungsvermögen zu 100% abrufen, werden die Punkte in Giesing bleiben.

So könnte der MSV Duisburg gegen den TSV 1860 beginnen

Datenquelle: Wyscout

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