TSV 1860 – SC Freiburg II Taktiktafelanalyse

Herzlich Willkommen zur Taktiktafelanalyse des 6:0-Kantersiegs unseres TSV 1860 München gegen den SC Freiburg II. Michael Köllner schickte die Löwen, wie schon gegen den FC Schalke 04 im Pokal, im 4-1-4-1 auf den Platz. Dem stellte Freiburgs Trainer Thomas Stamm ein 3-4-3 in der Variante 4-3-2-1 entgegen.

Das flexibel angelegte 4-1-4-1 der Sechzger wurde bei eigenem Ballbesitz im letzten Drittel vor dem Freiburger Tor zu einem 4-3-3, gegen den Ball verschob sich Dressel, wie üblich in der Rolle des Box to Box-Spielers zu finden, mit zu Daniel Wein auf die Sechserposition; so entstand defensiv ein 4-2-3-1.

Die Freiburger versuchten gegen den Ball meist eine Fünferkette zu etablieren und somit im Verteidigungsdrittel 5-4-1 zu spielen. Wirklich undurchlässig war die Formation der Freiburger in der Defensive allerdings nicht.

Die Offensive der Breisgauer war zumindest in der ersten Halbzeit, wenn es den Freiburgern gelang in die Spielfeldhälfte des TSV 1860 einzudringen, bis zum Sechzehner der Löwen relativ gut unterwegs. Chancen für den SCF blieben jedoch in beiden Halbzeiten Mangelware.

Die wichtigsten statistischen Werte des Spiels TSV 1860 – SC Freiburg

  • Ballbesitz: TSV 1860 41% – SCF II 59%
  • Passgenauigkeit: TSV 1860 81% – SCF II 83%
  • Defensive Zweikampfquote: TSV 1860 58% – SCF II 58%
  • Schüsse/aufs Tor: TSV 1860 17/9 – SCF II 9/2
  • PPDA (zugelassene Pässe pro Defensivaktion): TSV 1860 11,25 – SCF II 10,4

Analyse dieser Werte

Wie schon im Pokalspiel vergangene Woche sieht die Statistik – mal abgesehen von den Schüssen – so aus, als wäre Freiburg gegen den TSV 1860 München das dominante Team gewesen. Stichwort Ballbesitz. Wie meistens wenn es so ist, dass die Löwen weniger Ballbesitz als ihr Gegner haben, ist dafür aber keineswegs die Tatsache verantwortlich, dass Freiburg das Spiel gemacht hätte, sondern, dass Freiburg oft, wenn sie den Ball hatten, nichts damit anfangen konnten, weil die Sechzger die Räume so gut zustellten, dass für Freiburg das Spiel nach vorne oft eine Geduldsprobe war. Schauen wir auf die Rück- und Querpässe in der Defensive der Südbadener, sehen wir hier wie schon oft gegen Gegner mit deutlich mehr Ballbesitz, dass die Rückpasshäufigkeit die der Löwen um knapp dreißig Prozent übersteigt, und die Querpasshäufigkeit im Defensivbereich um 16% höher liegt.

Wenn wir also die Zeit, in der “Alibipässe” (die natürlich im Aufbau gegen das defensive Positionsspiel natürlich dazugehören) in der eigenen Hintermannschaft auf beiden Seiten gespielt wurden abziehen, befinden wir uns in einem Bereich, in dem beide Teams in etwa gleich viel Ballbesitz hatten.

Entscheidende Pässe

Die Statistiken, in denen Pässe für den Erfolg entscheidend werden, lesen sich auch komplett anders als es die Gesamtstatistik vermuten lassen würde. Hier haben die Löwen sowohl bei der Genauigkeit als auch bei der Anzahl klar die Nase vorn. Pässe für großen Raumgewinn, Pässe ins letzte Drittel, lange Pässe nach vorn – in all diesen Statistiken haben die Spieler von Michael Köllner bessere Leistungen gezeigt als der Gegner.

Knapp 40% mehr Ballkontakte im Strafraum für den TSV 1860 München sprechen Bände, um wie viel besser Köllners Truppe gegenüber dem SCF II war.

Das Spiel

1.Halbzeit

Der TSV 1860 ging gegen den SC Freiburg von Anfang an wieder voll auf den Gegner drauf. Sie versuchten mit starkem Pressing und hoher Defensivlinie von Anfang an klar zu stellen, wer im Sechzgerstadion der Herr im Haus ist. Das gelang den Löwen auch vortrefflich, der Sportclub konnte sich zunächst kaum aus der eigenen Hälfte befreien. Wenn dies doch gelang, waren die gut gestaffelten Sechzger schnell am ballführenden Spieler und die Kugel sofort wieder in den eigenen Reihen. Freiburg kam bis zum Führungstreffer der Löwen nur ein einziges Mal im gegnerischen Sechzehner in Ballbesitz.

Nach dem 1:0-Führungstreffer für unseren TSV durch Lex hatte der SCF eine kurze starke Drangphase, in der Hiller einmal gut rettete und einen Ausgleich zugunsten der Gäste verhinderte. Zwei weitere Schüsse der Breisgauer in dieser Phase, von denen nur einer aus gefährlicher Position abgefeuert worden war, gingen klar am Tor vorbei. Die Ecken, die der SC sich während seiner Drangphase erspielte, verpufften wirkungslos. Freiburg konnte seine eigentliche Standardstärke nicht in einen Torerfolg ummünzen.

Nur vier Ballkontakte konnten die Freiburger bei sieben versuchten Anspielen in die Box in der gesamten ersten Halbzeit im Strafraum der Löwen verbuchen.

Der Treffer zum 2:0 fiel dann natürlich in diese Drangphase der Freiburger hinein zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für die junge Mannschaft aus dem Breisgau.

2.Halbzeit

Mit dem 2:0 im Rücken kamen die Löwen aus der Halbzeitpause. Weiterhin spielte der TSV 1860 München gegen den SC Freiburg ruhig und abgeklärt unaufgeregt Fußball, während die jungen Wilden vom SCF anrannten und alles versuchten, das Ergebnis doch noch irgendwie umzubiegen. Der Wille war bei Freiburg sicherlich vorhanden, nur konnte die Mannschaft von Thomas Stamm den Löwen zu keinem Zeitpunkt wirklich gefährlich werden. Zu stabil standen die Reihen der Giesinger einerseits im Defensivverbund und zu präzise filetierten die Löwen andererseits die Freiburger Hintermannschaft mit ihren Pässen in die Tiefe ein ums andere mal.

Bester Beweis dafür das 3:0 durch Greilinger nach einer Traumkombination unserer Nummer 11 mit Sascha Mölders.

Das 4:0 nach einer Ecke kurz darauf war dann der Todesstoß, den Lex den Breisgauern verpasste.

Dennoch steckten diese weiterhin nicht den Kopf in den Sand. Unbedingt wollten sie ein Tor erzielen. Passiert ist jedoch das genaue Gegenteil und zwar genau aus diesem Grund. Die Freiburger wollten mit aller Macht offensiv agieren und liefen in von den Löwen präzise ausgeführte Gegenstöße.

So ließen auch das 5:0 (wieder nach einer Ecke) und das 6:0 (erneut nach einem Traumpass in die Tiefe) nicht lange auf sich warten.

Die so bedienten Freiburger gaben auch in der Schlussviertelstunde alles, um noch einen Treffer zu verbuchen. Kontrolliert und gut gestaffelt verteidigende Löwen überließen dem SCF das Feld, aber nichtsdestotrotz ergab sich kaum eine Chance, am Spielstand noch etwas zu drehen.

Die Tore

Das 1:0

An der Mittellinie eroberte Daniel Wein in der 17. Minute den Ball und gab das Leder sofort diagonal nach rechts zu Biankadi an die Außenlinie. Dieser spazierte dann ungestört diagonal durch die Freiburger Spielfeldhälfte, um etwa zehn Meter zentral vor dem Freiburger Strafraum den an der Strafraumbegrenzung wartenden Mölders steil anzuspielen. Mölders wollte den Ball quer zu Dressel weiterleiten. Leider zu ungenau. Das Leder landete bei einem Freiburger Defensivspieler. Allerdings nur für wenige Sekunden. Deichmann war es, der sofort geistesgegenwärtig reagierte und mit einer guten Abwehraktion den Spieler der Freiburger etwa fünfzehn Meter vor deren Box so störte, dass dieser das Spielgerät verlor und Dressel es erobern konnte. Die Nummer 14 der Löwen steckte den Ball dann durch die Abwehrreihe der Freiburger hindurch ans rechte Fünfereck wo Lex einlief und das Leder sofort ins Lange Eck zur 1:0 Führung versenkte. Mögliche Störversuche der Breisgauer kamen hier zu spät.

Das 2:0

Deichmann bekam nach einem Abstoß von Hiller den Ball von Biankadi weitergeleitet und startete sofort von Höhe der Mittelline die rechte Außenbahn entlang in Richtung gegnerisches Terrain. Etwa 25 Meter vor der Torauslinie zieht der bis dahin von den Freiburgern unbehelligt gebliebene rechte Verteidiger der Löwen nach innen und spielt einen Steilpass auf den wieder am rechten Fünfereck einlaufenden Lex. Lex, diesmal nicht so alleingelassen von seinem Gegenspieler, passt das Leder zurück auf den zentral vor dem Freiburger Kasten freistehenden Mölders, der sich die Ecke aussuchen kann und unbehelligt zum 2:0 in der 42. Minute einschießt.

Das 3:0

Die Sechzger ließen die Kugel nach Ballgewinn zunächst in der eigenen Defensivreihe von rechts nach links laufen. Auf Höhe der Mittelline ging der Ball so über mehrere Stationen. Plötzlich machte Greilinger das Spiel mit einem Steilpass auf den in halblinker Position etwa zehn Meter vor der Freiburger Box stehenden Mölders schnell. Mölders passte seinerseits sofort weiter – ebenfalls steil in den Sechzehner der Gäste. Der aus dem Abseits kommende Lex ließ das Leder passieren. Aus dem Hintergrund jedoch kam wiederum Greilinger in die Box gesprintet und zog aus acht Metern in halblinker Position aufs Gehäuse der Südbadener ab. Keine Chance etwas zu halten in der 56. Minute für den bedauernswerten Atubolu im Tor der Breisgauer. 3:0 für die Sechzger

Das 4:0

Nach einer Ecke von rechts traf Stefan Lex in der 58. Minute – wieder vom Fünfereck – per Kopf (!) zum 4:0.

Das 5:0

Wieder nach einer Ecke von rechts traf diesmal Bär mit dem Fuß wenige Meter vom kurzen Pfosten entfernt zum 5:0 in der 70. Minute.

Das 6:0

Das 6:0 in der 73. Minute erzielte Sommerneuzugang Kevin Goden. Zunächst kam Tallig nach gelungener Balleroberung durch die Defensive der Löwen etwa acht Meter in der eigenen Hälfte links vom Mittelkreis in Ballbesitz. Der junge Chemnitzer in Diensten des TSV 1860 München spielte sofort weiter zu Biankadi auf der linken Seite. Biankadi setzte wie schon vor dem 1:0 zu einem Diagonallauf durch die Freiburger Spielfeldhälfte an. Er spielte dann einen Pass auf Mölders. Mölders gab in der Halbposition 10 Meter vor dem gegnerischen Sechzehner den Ball sofort wieder zu Biakadi zurück. Nach dem Empfang dieses Doppelpasses steckte Biankadi das Leder steil ins Strafraumzentrum an den Fünfmeterraum durch. Dort lief Goden ein, der den Ball mit dem ersten Kontakt verarbeitete und mit dem zweiten Kontakt versenkte.

Fazit

In einem nahezu fehlerfreien Spiel überrollt die Mannschaft des TSV 1860 München den SC Freiburg aus Südbaden mit 6:0. Der von einigen schon als Chancentod gebrandmarkte Stefan Lex trifft doppelt. Wieder erzielte er – wie schon gegen Schalke – das wichtige 1:0 und zeigte sich äußerst effizient vor dem Tor. Man darf getrost sagen: Der Knoten ist geplatzt!

Die Art und Weise, wie die Tore 1, 2, 3 und 6 herausgespielt worden sind, war überragend. Jedes einzelne Tor war in der Entstehung sehr schön anzusehen.

Die Treffer nach den Eckstößen sind vielleicht ein kleiner Fingerzeig, dass die Effizienz bei Standardsituationen auch wieder aufsteigende Tendenz zeigt.

Ich bin rundum zufrieden. Der TSV 1860 München hat gegen einen defensiv sehr schwachen Gegner dort weitergemacht, wo man gegen den FC Schalke 04 aufgehört hat. Kompliment dafür.

Mit dem genesenen Willsch als Einwechselspieler und Goden in offensiver Position kam zum Schluss auch noch ein neues Element hinzu. Godens Geschwindigkeit wird uns sicherlich noch viel Freude bereiten.

Bis auf Steinhart haben wir die volle Kapelle zur Verfügung. Auf nach Osnabrück und dort weitermachen, wo man am Samstag aufgehört hat.

Datenquelle: Wyscout

5 2 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Chemieloewe

Klasse, sehr gute Spielanalyse!!! Ich glaube u. bin überzeugt, dass diese Taktik u. Spielweise unserer Löwen gegen den SC Freiburg II die Richtige u. Erfolgversprechende für die Zukunft ist u. unbedingt erstmal beibehalten werden sollte.

“Das flexibel angelegte 4-1-4-1 der Sechzger wurde bei eigenem Ballbesitz im letzten Drittel vor dem Freiburger Tor zu einem 4-3-3, gegen den Ball verschob sich Dressel, wie üblich in der Rolle des Box to Box-Spielers zu finden, mit zu Daniel Wein auf die Sechserposition; so entstand defensiv ein 4-2-3-1.” – Genau der richtige Ansatz wie ich finde u. sich auch zeigte. Ein System, was sich nach hinten als stabiler u. sicherer erweist u. nach vorn mehr Angriffsdruck, Durchschlagskraft u. Unberechenbarkeit dank Variabilität entwickelt, wenn unsere Löwen das auch mit der nötigen Konzentration, Einsatzbereitschaft, Konsequenz u. Disziplin, Schnelligkeit, Präzision(Pässgenauigkeit…), Kampfkraft…u. Zweikampfstärke bestmöglich versucht umzusetzen. Gepaart mit einem guten Umschaltspiel, Pressing u. Gegenpressing, dem nötigen Spielglück u. einer viel besseren Torausbeute, sollten wir so auch in den Ergebnissen in Zukunft erfolgreicher sein, als überwiegend in den ersten 10…12 Spielen.

Warten wir mal ab u. hoffen wir, dass der Knoten bei unseren Löwen nun endlich geplatzt ist u. wir in Zukunft eine Erfolgsgeschichte schreiben!

Last edited 2 Jahre zuvor by Chemieloewe