Drei Wochen nach dem sündhaft teuren Trip mit 1860 nach Varna war der Geldbeutel mehr als leer und so war mit Opava ein Gegner in „nur“ 750 Kilometer Entfernung ein klarer Fall für „da fahren wir mit dem Auto“. Was heutzutage alles super easy ist – in 15 Minuten ist der Ort lokalisiert, das Verkehrsmittel herausgesucht und ggf. gebucht und gleich noch dazu das beste Hotel. An ein Handy war damals noch gar nicht zu denken und das exotische Internet nutzten in Deutschland gerade einmal 3% zu denen wir ganz sicher nicht gehörten – herausgefunden haben wir zum Glück trotzdem wo Opava liegt und irgendwie haben wir sogar mitbekommen, dass der Spielort nicht Opava, sondern das 30 Kilometer entfernten Ostrava sein würde (wie uns die Groundhoppers 1860 erst gestern mitteilten, erfuhren diese das erst bei der Abfahrt mit dem Nachtzug in Pasing zufällig, als sie sich noch schnell eine Zeitung vom morgigen Tag kauften. Andere Zeiten….).

Von den Groundhoppers sind übrigens auch einige Bilder in dem Artikel. Danke dafür.

 

Aufgrund der großen Entfernung fuhren wir vorsichtshalber am Vortag zu viert im Auto und fanden irgendwie nach Ostrava und zum Mannschaftshotel. Vermutlich hatten wir in der Bildzeitung in der Rubrik von Thomas Nuggis gelesen wo die Löwen nächtigen würden.

In diesem waren bereits die befreundeten Löwenfans vom Fanclub „Feldmoching & Neuperlach“ abgestiegen, die auch schon in Varna mit 1860 dabei waren. Die Preise für damalige Verhältnisse und unseren Geldbeutel utopisch: Einzelzimmer umgerechnet 100,- Mark, Doppelzimmer 200,- Mark – unseren Fahrern  war das zu teuer und sie suchten  sich etwas günstigeres (was sie natürlich auch fanden), wir als Pärchen verließen unauffällig das Hotel, um fünf Minuten danach noch unauffälliger ein Einzelzimmer zu buchen… und um das ganze noch unauffälliger zu machen, wurde das Hotel natürlich gleich noch ordentlich beflaggt (natürlich nicht lange, weil die Hotelleitung nicht ganz so begeistert war).

Wer einen Blick auf das Hotel werfen mag um sich die Wirkung besser vorzustellen, kann das hier gerne machen:

Imperial Hotel Ostrava

2020 mag es lustig erscheinen, aber 1996 waren für uns dieses Hotel einfach nur der Wahnsinn: Ein Fernseher der einen mit Namen begrüßt, Hygiene-Sets mit Aufdruck des Hotels (die erst zwei Umzüge später weggeworfen wurden) oder auch solche Geschichten wie dass Bernhard Trares sich nach unserer Anfahrt erkundigte oder Werner Lorant beim Frühstücken einen „Guten Morgen“  wünschte – 1996 hat sich das alles unauslöschlich ins Gehirn gebrannt.

2020 hätten wir Werner vermutlich gar nicht wahrgenommen, weil wir beim Frühstücken via Instagram-Stories der Mannschaft beim Frühstücken zugeschaut hätten…

Vom Spieltag gibt es nicht viel berühmtes zu schreiben: Rund 300 Löwenfans hatten größtenteils mit den Autos und dem Zug nach Ostrava gefunden, beflaggten den Zaun und sahen ein langweiliges Spiel, welches die Löwen mit 2:0 gewannen

Vom Heimanhang war auch nicht viel zu vernehmen – vermutlich waren die 30 Kilometer außerhalb für viele schon abschreckend. Auch heute scheint die Fanszene eher etwas kleiner zu sein – ein Video über sie findet man hier:

Weil es gar so spannend war, wurde noch eine kleine Polonaise veranstaltet.

Für Groundhopper noch interessant: Das damalige Stadion “Nova Hut” gibt es faktisch nicht mehr, weil die Tribünen größtenteils abgerissen wurden. Ältere Bilder findet man noch auf dieser äußerst Informativen Homepage:

Stadion Nova Hut Ostrava auf www.kopane.de Durch den 2:0 Erfolg hatten es die Löwen in der Hand, beim letzten Heimspiel mit einem Sieg über Kamaz Tschelny ins Halbfinale einzuziehen. Tschelny war zum Glück ein Heimspiel – der Ort liegt über 3500 Kilometer entfernt in Rußland, ungefähr doppelt soweit wie Borisov in Weißrussland wo es ja dann 2002 in 24 Stunden mit dem Zug hingehen sollte, aber das ist eine andere Geschichte.

1860 verlor das anschließende Heimspiel gegen Tschelny und verpasste somit den Gruppensieg – Tschelny als Gruppensieger spielte das Halbfinale gegen Guingamp (Frankreich) und diese dann das Finale bei Rotor Wolgograd. Rotor Wolgograd ist seinerzeit als Traktor Stalingrad gegründet wurden – das liegt ungefähr in der gleichen Entfernung wie Tschelny, nur etwas südlicher. Aber mit dem Namen Stalingrad dürften die meisten ohnehin etwas anfangen können.

Für 1860 und uns war das Unternehmen „Europacup Auswärs“ für das Jahr 1996 beendet – in Anbetracht einer Fahrt nach Stalingrad besser so -, so fast zumindest: Mitten in der Nacht setzten wir beim Heimweg noch auf einer Parkplatz irgendwo im tschechischen Nirvana bei einem Wendemanöver auf: Zum Glück fand sich im Auto ein Wagenheber und so schafften wir es irgendwie im dunklen, nach etwas Bastelarbeit den Weg nach Hause fortzusetzen.

Der nächste Stop im Europacup auswärts sollte dann Finnland sein, ein Jahr später im UEFA-Cup – 1997 beim Spiel gegen Jazz  Pori in Tampere. Aber auch davon werden wir berichten:

FC Jazz Pori – TSV 1860 München

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