Investoren bei Fußballvereinen – der dritte (vorerst vorletzte) Teil dieser vierteiligen Serie. Leseempfehlung, insbesonders für die Gegner von 50+1.

Hier könnt ihr den 1. Teil noch einmal nachlesen – am Ende von diesem geht es dann zu Teil II:

Investoren bei anderen Fußball-Vereinen – ein Blick über den Tellerrand (Teil 1)

Teil III

Ein Artikel von Stefan Kranzberg

 

Coventry City

Ja, es gab auch gute Zeiten  für den Coventry City Football Club mit dem britischen Hedge Fond SISU Capital als Eigentümer. Damit war es aber spätestens 2013 vorbei, als sich SISU mit dem Besitzer der Ricoh-Arena hinsichtlich der Mietpreise überwarf und kurzerhand entschloss, das Stadion zu verlassen. Und zwar nicht direkt um die Ecke, sondern geschmeidige 110 km weiter nach Northampton. Zwar kehrten die Sky Blues ein Jahr später zurück in ihre Heimat, drei Viertel der Plätze in der 32.000er-Arena bleiben aber in der Regel leer, obwohl der ehemalige Erstligist nach einem Abstecher in die Viertklassigkeit nun zumindest wieder in der 3. Liga agiert. Die Fans haben SISU indes nicht verziehen: als die Lokalzeitung Coventry Herald eine Onlinepetition startete, dass SISU den Klub verkaufen solle, unterschrieben innerhalb von 24 Stunden mehr als 10 000 Menschen.

Im Blogger-Kosmos bei den Löwen verlaufen ähnliche Petitionen ja nicht ganz so erfolgreich. Da kommen nach zigMonaten gerade mal mickrige 1.000 Unterschriften zusammen und von denen sind vermutlich auch noch einige Fake…

 

Blackpool FC

Am 09.03.20169 besuchten 15.871 Zuschauer das Drittliga-Match Blackpool FC gegen Southend United an der Bloomfield Road. Warum wir das erwähnen? Weil es das erste Heimspiel war, das die Fans der Seasiders nach einem vierjährigen Boykott besuchten. Und auch in diesem Fall war ein Investor nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung…

 

Die Oystons sind eine, naja, etwas schwierige Familie: als Familienoberhaupt Owen Oyston Ende der 90er Jahre wegen Vergewaltigung für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis musste, übernahm zunächst seine Frau und dann sein Sohn Karl die Vereinsführung beim Blackpool FC. 2010 stieg der Klub unter ihm erstmals in die Premier League auf. So weit, so gut, doch auf die Erfolgsgeschichte folgte (natürlich) der Ausverkauf.

Denn nun beschlossen die Oystons offenbar, Kasse zu machen und so landedeten alle Einnahmen in ihren privaten Taschen, während in den Klub wurde kaum noch das Nötigste investiert wurde. Nach einem Absturz in die vierte Liga ist man mittlerweile im Mittelfeld der League One (3. Liga) angelangt. Als Fans protestierten, bezeichnete Karl Oysten einen von ihnen als „geistig zurückgeblieben“ – die feine englische Art sieht anders aus.

 

Cardiff City

Der Malaysier Vincent Tan übernahm 2010 den walisischen Klub Cardiff City, die Fans waren anfangs begeistert, weil er so viel Geld investierte, dass der Club erstmals in die Premier League aufstieg.  Dann allerdings wendete sich das Blatt: aus einer Laune heraus verpasste Tan dem Verein nach 104 Jahren neue Farben. Aus Blau wurde Rot, weil ihm Rot besser gefiel und die Farbe im asiatischen Raum für Glück steht. Aus dem altehrwürdigen Klubwappen der »Bluebirds« entfernte er den Blaukehl-Hüttensänger und ersetzte ihn durch einen Drachen. Da friert einem das Lächeln ein, wenn man sich dieses Szenario mal bei unserem TSV vorstellt, oder? Inzwischen ist die Vereinsfarbe zwar wieder Blau und der Vogel ist ins Wappen zurückgekehrt, sportlich hingegen sieht es eher mau aus und man stieg soeben aus der Premier League ab.

 

Darlington FC

Apropos Gefängnis: zweimal hatte der frühere Schmuggler, Einbrecher und Safe-Knacker George Reynolds bereits im Knast gesessen, bevor er mit Kücheneinrichtungen (also auf legalem Weg!) ein Vermögen machte und den damaligen Viertligisten Darlington FC kaufte. Er baute für den Klub, dessen Spiele im Schnitt um die 2000 Zuschauer sahen, ein 25 000-Mann-Stadion, das seinen Namen trug: Reynolds Arena. Allerdings waren bei Fußballspielen maximal 10 000 Fans zugelassen, weil das Stadion verkehrstechnisch zu schlecht erschlossen war. Nicht ganz so klug, oder? Kein Wunder also, dass Reynolds den Klub direkt in die Pleite führte und zum dritten Mal inhaftiert wurde. Er hatte das Portfolio seiner Delikte um Steuerhinterziehung und Geldwäsche erweitert. Darlington spielt mittlerweile sechstklassig.

 

Wimbledon FC

Stellt Euch mal vor, dem Investor gefällt es in München nicht mehr, er sieht aufgrund der erdrückenden Konkurrenzsituation in der Stadt keine Perspektive mehr und entscheidet, die Löwen nun nach Dingolfing umzusiedeln? Undenkbar? Nicht so beim Wimbledon FC! Dieser wurde 1997 vom langjährigen Besitzer Sam Hammam an zwei norwegische Geschäftsmänner verkauft und bereits ein Jahr später wurde auch das Stadion veräußert, um dort einen Supermarkt errichten zu lassen.

Das Konsortium um die Norweger Kjell Inge Rökke und Björn Rune Gjelsten sowie Peter Winkelmann machte Nägel mit Köpfen, verfrachtete den Club innerhalb weniger Jahre aus London ins rund 100 km entfernte Milton Keynes und bereits im September 2003 fand dort das erste Spiel der neu gegründeten MK Dons statt. Der Wimbledon FC war Geschichte, der 1889 gegründete Club trotz massiver Fanproteste ausgelöscht. Einfach so.

 

Genau diese Fans gründeten 2002 ihren eigenen Verein, den AFC Wimbledon, der – begleitet von massenhaft medialem Echo – inzwischen in der League One (3. Liga) kickt und sich sogar schon vor dem Retortenclub MK Dons platziert hat.

 

Manchester United

Die vermutlich prominenteste Vereinsübernahme gelang der amerikanischen Glazer-Familie, die den damals wertvollsten Fußballclub der Welt über Schulden kaufte – und zwar so, dass der Verein den Besitzerwechsel quasi selbst abbezahlen musste. Clever, hm? Eine Folge war die drastische Erhöhung der Eintrittspreise und wütende Fan-Proteste unter dem Slogan „Hate Glazers, Love United“. Immerhin hat es sich sportlich nicht so arg negativ ausgewirkt, United ist immer noch regelmäßig international vertreten, lockt namhafte und teure Spieler und Trainer an und Old Trafford ist voll, wobei sich die Zuschauerstruktur sehr gewandelt hat. Den Anschluss an den Lokalrivalen City, Liverpool, Chelsea und die Spurs hat man indes aber trotzdem etwas verloren.

 

Erwähnenswert ist zudem, dass mit dem FC United of Manchester auch hier ein Gegen-Verein gegründet wurde, der es zwischenzeitlich bis in die 6. Liga geschafft hatte, nun aber wieder in die Siebtklassigkeit abgestiegen ist.

 

Und dann gibt’s da noch die traurigen Abstürze der Bolton Wanderers, des Bury FC und anderer namhafter Clubs, aber deren Geschichten würden hier vermutlich den Rahmen sprengen…

Teil IV findet ihr hier:

https://sechzger.de/investoren-bei-anderen-fussball-vereinen-ein-blick-ueber-den-tellerrand-4-und-vorerst-letzter-teil/

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