Acht Spiele absolvierte Martin Pusic in der Spielzeit 2020/21 für den TSV 1860, ehe er seine Zelte in Giesing wieder abbrach und nach Österreich zurückkehrte. Im Interview erklärt Pusic unter anderem, warum er die Löwen so schnell wieder verließ, was er heutzutage so treibt und was die Highlights seiner mehr als 15 Jahre andauernden Karriere waren.

Ex-Löwe Martin Pusic im Interview

sechzger.de: Servus Martin und vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview mit sechzger.de nimmst. Wo erreichen wir Dich gerade?

Martin Pusic: Ich bin in der Wiener Umgebung zuhause, habe ein Haus mit meiner kleinen Familie, also meiner Frau und meiner Tochter, die jetzt gerade letzten Oktober in den Kindergarten gekommen ist. Wir sind ziemlich zufrieden und uns geht es gut.

sechzger.de: Die meisten Löwenfans haben Dich vermutlich seit Deinem Abschied aus Giesing aus den Augen verloren. Nach dem Engagement beim TSV 1860 hattest Du keine weitere Station als Spieler mehr, hast Deine Karriere laut transfermarkt.de im Jahr 2022 beendet und eine Sportagentur gegründet. Was sind dort Deine Aufgaben?

Martin Pusic: Eigentlich habe ich schon 2021 meine Karriere beendet, hab das aber nie offiziell gemacht, weil mir das nicht so wichtig ist. Anschließend habe ich die Sportagentur gegründet, wobei das Hauptaugenmerk darauf liegt, jungen und talentierten Spielern zu helfen und ihnen mein Wissen weiter zu geben. Zudem führe ich auch Privattrainings, Individualtrainings, Gruppentrainings und Bambinitrainings durch und möchte ihnen Spaß vermitteln. Wer weiß: Vielleicht kann ich ja dem einen oder anderen helfen, dass er zu einer Profikarriere kommt. Aber natürlich habe ich auch die B-Lizenz und vielleicht sieht man mich eines Tages als Co- oder Chef-Trainer. Das überlege ich mir aber noch.

Wohnungssuche, schwangere Frau und Corona

sechzger.de: Apropos Abschied aus Giesing: Damals kursierten ja massenhaft Gerüchte über die Gründe dafür durch die Medien. Magst Du unsere Leser aufklären, wieso damals nach nur acht Spielen für die Löwen wieder Schluss war? Offiziell wurde ja lediglich verkündet, dass es eine  „private Situation, die ihn derzeit stark belastet“ gab.

Martin Pusic: Ich bin damals sehr spät zu 1860 gewechselt, also erst in der letzten Vorbereitungswoche. Mein damaliger Verein, der SV Mattersburg, ist in Konkurs gegangen und wie jeder Sportler weiß, ist man nicht zu 100 % bereit, wenn von einer zweimonatigen Vorbereitung nur eine Woche mitwirken kann. Ich hatte mich zwar privat fit gehalten, aber das ist schon was anderes, als mit der Mannschaft zu trainieren. Natürlich habe ich dann auch meine Spielzeit nicht bekommen, habe mir zudem die Mittelhand gebrochen und vorne lief es mit dem Sascha Mölders eh gut. Aber es lag schon am mehreren Sachen, warum ich 1860 so schnell wieder verlassen habe. Zum Beispiel ist es auch richtig schwierig, in München eine Wohnung zu finden und so habe ich zwei Monate lang mit meiner schwangeren Frau im Hotel gelebt, während ich nach einer Bleibe für uns gesucht habe. Man darf nicht vergessen, dass das ja alles während der Corona-Zeit war, man also nur zuhause war und keine Menschen treffen durfte. Das war schon alles sehr belastend.

sechzger.de: Nachdem Du zuvor in Deiner Karriere schon zahlreiche Stationen gehabt hattest, wurde der Transfer von einigen Fans ohnehin kritisch beäugt und diese fühlten sich dann natürlich bestätigt. Denkt man als Profi über solche Vorbehalte nach oder muss man sowas außen vor lassen?

Martin Pusic: Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber natürlich wissen die Leute nicht, was man als Profi durchmacht oder warum man sich für die ganzen Transfers entschieden hat. Manchmal hab ich das aus eigener Überzeugung gemacht, manchmal einfach deswegen, weil man zu einer besseren Mannschaft wechselt, wo man sich noch besser zeigen kann. Im Endeffekt will jeder Fußballer hoch hinaus und gegen die Besten spielen. Ich weiß, dass ich überall, wo ich eine Chance bekommen habe, diese auch genutzt habe, gute Spiele gezeigt und auch Tore erzielt.

Dänischer Meister und Torschützenkönig 2015

sechzger.de: Wie eben angesprochen, bist Du in Deiner Karriere ganz schön rumgekommen und standest in Österreich, England, Norwegen, Dänemark, Niederlande und Deutschland unter Vertrag. Was waren denn Deine persönlichen Highlights?

Martin Pusic: Mein persönliches Highlight war natürlich der Titelgewinn in Dänemark mit dem FC Midtjylland im Jahr 2015, als ich auch Torschützenkönig wurde. Jeder Stürmer träumt davon, einmal Torschützenkönig zu werden und das hat sich damals bei mir erfüllt. Weitere Highlights waren aber natürlich auch Torerfolge gegen die Fiorentina und Napoli, drei Mal in der Gruppenphase der Europa League zu stehen und mit Midtjylland zuhause Manchester United zu besiegen. In der letzten Qualifikationsrunde haben wir Southampton mit Sadio Mane, Virgil Van Dijk und Dusan Tadic ausgeschaltet – was für Namen!

sechzger.de: Du wurdest Torschützenkönig, der Wechsel zu einem größeren Verein blieb damals erstaunlicherweise jedoch aus. Warum eigentlich? Gab es keine Angebote?

Martin Pusic: Das hat sehr geschmerzt damals, weil man ja schon denkt, dass man für größere Vereine interessant wird, wenn man in der dänischen Liga, die ja so schlecht auch nicht ist, Torschützenkönig wird. Wenn man sieht, wo die ganzen dänischen Spieler spielen, ist das eigentlich ein Wahnsinn. Mir wurde damals seitens des Vereins aber nur vom Interesse von chinesischen Clubs berichtet, wo ich auch einen Bombenvertrag hätte unterschreiben können. Ich wollte aber in Europa spielen und hatte nie den Traum, in China zu landen. Da gehts dann auch nicht ums Geld, weil man in einer europäischen Top-Liga spielt, verdient man auch ganz gut. Man will sich mit den Besten messen – und die Besten sind in Europa. Ich habe oft mit dem Sportdirektor des FC Midtjylland gesprochen, der mir immer wieder sagte, es gäbe keine Angebote. Ich hab das aber verarbeitet, auch wenns am Anfang nicht einfach war. Jetzt bin ich zufrieden, ich habe ein ganz gute Karriere hinter mir und jetzt will ich den Jungs helfen, dass sie nicht die selben Fehler machen und ihnen mein Wissen mitgeben.

Bei 1860 leider nie vor Fans

sechzger.de: Wo es Höhepunkte gibt, gibt es auch Tiefpunkte. Beim AC Horsens wurde Dein Vertrag beispielsweise nach nur vier Tagen und einem Spiel wieder aufgelöst. Wie kam es dazu?

Martin Pusic: Horsens hat nie in seiner langen Historie in Kopenhagen gewonnen. Mein einziges Spiel war in Kopenhagen, wir haben einen Sieg errungen und dann war eigentlich alles klar, ich kann den Verein verlassen… Nein, ernsthaft: Der Trainer hatte sich sehr um mich bemüht, sodass ich unterschrieben, aber ich war schon bei vier Vereinen in Dänemark und habe nach wenigen Tagen gemerkt, dass ich eine Luftveränderung brauche. Deswegen habe ich um Auflösung des Vertrags gebeten und der Verein hat zugestimmt.

sechzger.de: Ein bisschen länger warst Du beim TSV 1860 und kamst unter Michael Köllner zu acht Einsätzen in der 3. Liga. Wieso hast Du Dich damals zu einem Wechsel an die Grünwalder Straße entschieden?

Martin Pusic: Mein Ziel war es immer schon, nach Deutschland in die Bundesliga zu wechseln, das hat aber nie geklappt. Die Anfrage von 1860, also Herr Gorenzel, gab es schon ein Jahr zuvor, damals hatte es aber nicht gepasst. Ein Jahr später dann doch, aber leider zur Corona-Zeit, sodass ich leider nie vor den fantastischen Fans spielen konnte. Das wäre, glaube ich, schon was anderes gewesen. Schade, war einfach der falsche Zeitpunkt.

Gesamtsituation bei den Löwen war unbefriedigend

sechzger.de: Was blieb Dir von der Zeit bei den Löwen besonders in Erinnerung?

Martin Pusic: Man sieht ja schon, wenn man zum Training fährt, dass 1860 ein großer Verein…war – leider. Natürlich verdient Sechzig Besseres, für mich Minimum 2. Bundesliga von den ganzen Bedingungen her. Ich hoffe, da wird sich sportlich bald was ändern, sodass man langsam wieder Richtung 2. Liga blicken kann. Eigentlich war der Zusammenhalt in der Mannschaft damals ganz gut, aber wegen Corona war das insgesamt keine schöne Zeit – nicht nur im Fußball, sondern im ganzen Leben.

sechzger.de: Mit Sascha Mölders war der Platzhirsch damals im Sturmzentrum ja quasi gesetzt, sodass Du meist auf den Flügel ausweichen musstest. Trotz oft ansprechender Leistungen reichte es zu keinem Scorerpunkt, was für einen Angreifer verständlicherweise unbefriedigend ist. Hat das Deinen Entschluss, den TSV 1860 wieder zu verlassen, zusätzlich gestärkt?

Martin Pusic: Sascha war sehr wichtig für die Mannschaft, das habe ich gleich gespürt, als ich angekommen bin. Natürlich habe ich gedacht, dass wir ja auch zusammen vorne spielen können und das kein Problem ist. Ich musste dann aber auf den Flügel ausweichen und konnte der Mannschaft nicht das geben, wozu ich geholt wurde. Die Gesamtsituation war einfach unbefriedigend, es hat einfach nicht gepasst.

Ziel: Erfahrung an junge Spieler weitergeben

sechzger.de: Du bist damals ja nach Wien zurückgekehrt und warst in einem Alter, das der Fortsetzung Deiner Karriere nicht im Weg gestanden wäre. Warum kam es zu keinem weiteren Engagement in der Heimat?

Martin Pusic: Ich hab mir zuerst eine kurze Auszeit gegönnt, wir haben unser erstes Kind bekommen und die Zeit wollte ich dann mit meiner Familie genießen. Ich hab sowieso schon viel erlebt und das war eine gute Entscheidung. Ich konnte jetzt die letzten 2-3 Jahre meiner Frau und unserer Tochter widmen und das war gut so.

sechzger.de: Heute stehst Du im Fußball-Business auf der anderen Seite und berätst Talente und gestandene Profis. Inwiefern kommt Dir dabei Deine Erfahrung als Spieler zugute?

Martin Pusic: Ich habe mit etlichen Spielern aus verschiedenen Kulturen zusammengespielt und da erfährt man natürlich viel. Insofern ist es auch mein Ziel, den Jungs etwas mitzugeben und das, was ich in der Zeit gelernt habe, auch umsetzen können. Das Wichtigste ist halt, dass die Spieler auch richtig zuhören, dass sie mir vertrauen und dass sie an das glauben, was ich ihnen sage. Das ist jetzt meine Aufgabe und ich hoffe, ich kann da ein paar Jungs weiterhelfen.

Die Hölle bei APOEL Nikosia

sechzger.de: Nach mehr als 15 Jahren als Profi: Wo hast Du im Stadion die beste Stimmung erlebt? In welchem Stadion hättest Du gerne mal gespielt, was sich jedoch nicht realisieren ließ?

Martin Pusic: Die beste Stimmung, an die ich mich erinnern kann, war ein Auswärtsspiel bei APOEL Nikosia. Das Stadion war nicht voll, aber das ist verrückt, was da abgeht. Jedes Kind, jede Frau, jeder Mann ist gegen Dich und das ist wie die Hölle dort. Aber das gibt Dir dann noch mehr Adrenalin, um den Sieg einzufahren. Gute Spiele waren auch in Fiorentina, in Napoli, bei Manchester United, gegen Legia Warschau, die auch auch Mega-Fans haben. In Dänemark wars auch gegen Bröndby und den FC Kopenhagen super. Leider hats nie geklappt, gegen Bayern München in der Allianz Arena zu spielen – vielleicht hätte es ja in einem Pokalspiel mit 1860 dazu kommen können. Natürlich möchte man gegen die Größten spielen: gegen Real Madrid oder Barcelona. Das sind Highlight-Spiele, die sich nicht ergeben haben.

sechzger.de: Beruflich bedingt dürftest Du ja immer noch recht viele Spiele im Stadion verfolgen. Wo trifft man Dich denn regelmäßig an? Warst Du seit Deinem Abschied mal wieder beim TSV 1860 oder mit dem Verein in Kontakt?

Martin Pusic: Manchmal bin ich den Stadien der Wiener Vereine, sonst schau ich mir bei kleineren Clubs eher die Jugendspiele an hier in der Umgebung. Außerdem natürlich die ganzen Akademien, wo ich den Talenten auf die Füße schaue, ob es da jemanden gibt, dem man weiterhelfen kann. In Kontakt bei 1860 war ich dann nur noch mit Herr Köllner und Herr Gorenzel, aber vorbeigekommen bin ich seitdem nicht mehr. Vielleicht klappts ja in der nahen Zukunft mal.

sechzger.de: Bestehen noch Kontakte zu Mitspielern aus Deiner Zeit bei den Löwen und wenn ja, zu wem?

Martin Pusic: Mit Quirin Moll bin ich Kontakt, aber der ist ja auch nicht mehr bei 1860.

sechzger.de: Wunderbar, vielen Dank. Wir wünschen Dir für die Zukunft alles Gute und vielleicht sieht man sich ja doch mal wieder in Giesing oder einem anderen Stadion.

Martin Pusic: Danke Euch für die Zeit und man sieht sich ja Minimum zweimal im Leben. Das bringen wir schon irgendwie hin. Alles Gute!

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Jem60

Schönes Interview.
Es sollte einfach nicht sein.
Alles gute!

HHeinz

Sympathisches Interview. Wünsche ihm alles erdenklich Gute auf seinem weiteren Weg.

Benjisson

Hat halt einfach nicht sein sollen. Passiert.