PRO1860, der Löwenbomber, die böse KGaA – in Teil 5 unserer Serie hat sich die ARGE (und die Familie Schnell) einige neue Feindbilder aufgebaut, die es zu bekämpfen galt. Plötzlich ging es gar um die Existenz des Dachverbands…

“Über 500 Fanclubs mit 50.000 Mitgliedern”

Die Szenerie glich sich praktisch Jahr für Jahr. Ein neuer Geschäftsführer kam, ein neues Präsidium wurde gewählt. Zunächst wurden die Funktionäre umgarnt, zu Veranstaltungen eingeladen und eine heile Welt innerhalb der Fanclubs vorgegaukelt. Gerne wurde von „über 500 Fanclubs mit 50.000 Mitgliedern“ gesprochen. Die Geschäftsführung stellte sich freilich bei den Heimspielen in der Allianz Arena regelmäßig die Frage, wo diese Fans denn eigentlich sind. Die Zweifel an der Integrität der ARGE sowie am Wahrheitsgehalt der Aussagen der ARGE-Vorstands wuchsen. Und sobald Schnell bemerkte, dass Zweifel an ihm bzw. am Dachverband aufkamen, nahmen die üblichen Spiele ihren Lauf: E-Mails wurden geschrieben, sowohl an Funktionsträger als auch an diverse Mailadressen, darunter das offizielle Postfach der ARGE sowie das der KGaA.

Die ARGE vor dem Aus

Als im Februar 2014 Markus Rejek zum Geschäftsführer der Löwen berufen wurde, erkannte dieser den dringenden Handlungsbedarf in der Fanbetreuung. Rejek, der später Arminia Bielefeld als Außenseiter in die 1. Bundesliga führen sollte, wollte die Fanclubs stärker einbinden, aber durchaus auch in die Pflicht nehmen. Dieser Plan widersprach freilich den Vorstellungen der Schnells, die erkannten, dass es ungemütlich für sie werden könnte. Dabei kam Rejek der ARGE entgegen, führte unter anderem einen Oktoberfestbesuch für die Regionsbeauftragten ein, organisierte einen Neujahrsempfang und genehmigte die so genannten „Fahnenkinder“ im Stadion. Im Gegenzug hinterfragte er allerdings die Aktivitäten des Dachverbands sowie der Fanbeauftragten. Offenbar schien die Position von Jutta Schnell stark gefährdet. Und damit bröckelte auch die ARGE, die mehr denn je hinterfragt wurde.

Der Investor als Retter der ARGE

Hasan Ismaik war es, der die ARGE sprichwörtlich vor dem sicheren Tod bewahrte. Schnell und der ARGE-Vorstand biederten sich bei dem Investor an und versprachen, ihm aufgrund der vermeintlich hohen Mitgliederzahl eine sichere Mehrheit auch innerhalb der Vereinsgremien zu verschaffen. Ismaik glaubte Schnell, lud ihn sowie den damaligen ARGE-Vize Andy Kern, der selbst Vorsitzender im mitgliederstärksten Löwen-Fanclub „Holledauer Löwen“ ist, in seine Suite ins noble Londoner Hotel „Corinthia“ ein. Es kam zu einem Bündnis, das die ARGE zwar auf der einen Seite gerettet hat. Auf der anderen Seite aber wurde die Fanspaltung noch dramatischer, etliche Fanclubs waren mit der vereinspolitischen Aktivität des Dachverbands nicht einverstanden und kündigten ihre Mitgliedschaft.

Denkwürdiges Treffen in Rudelzhausen

Im Februar lud die ARGE zu einer Versammlung in das Gasthaus Festner in Rudelzhausen. Es sollte ein denkwürdiges Treffen werden. Nicht nur, dass Ismaik dort die etwa 300 anwesenden Fanclub-Vertreter erstmals über seine kühnen Stadionpläne informierte (Stadion in München-Riem mit angeschlossenem Zoo), sondern er kündigte auch die Entlassung der beiden Geschäftsführer Markus Rejek und Noor Basha an. Im Juli wurde die Beurlaubung schließlich vollzogen. Ein Punktsieg für die ARGE.

Der nächste Fanbeauftragte wird vergrault

Neben Jutta Schnell hatte die KGaA in der Zwischenzeit erneut einen zweiten festangestellten Fanbeauftragten eingestellt. Christian Exner sollte sich – ähnlich wie sein Vorgänger Axel Dubelowski – hauptsächlich um die aktive Fanszene kümmern. Dieser sah sich alsbald allerdings wüsten Beschimpfungen ausgesetzt. E-Mails, die an die Geschäftsführung sowie an das Präsidium adressiert waren.

“Der steht aber generell lieber am Würstl- und Bierstand.”

Der Inhalt? Rufschädigende und ehrenrührige Behauptungen. Anbei einige Zitate daraus:

Franz Hintersteiner (fhintersteiner@web.de) am 28. August 2016: „Es gibt einen Fanrat (der keiner ist), einen Stadionverantwortlichen und einen Herrn Exner der für diese Leute zuständig ist. Nachdem das alles seit Jahren keinen Fortschritt bringt, sollte man diese Abteilung mal anders aufstellen.“

Hannelore Fischer (flore60@web.de) am 30. August 2016: „Wenn ein Stadionverantwortlicher das nicht auf die Reihe bringt, sollte er ausgewechselt werden. Extra ein Mann wurde für dieses Klientel eingestellt und wird dafür bezahlt. Da frage ich Sie, für was denn bitteschön?“

Johannes Schrupp (schrupp60@web.de) am 17. Oktober 2016: „Wo war hier der extra dafür eingestellte zweite Fanbeauftragte Exner? Wahrscheinlich wieder am Würstl- oder Bierstand oder beim Ratschen. Wie immer halt. Wurde hier eventuell der Bock zum Gärtner gemacht?“

Straubinger Löwen (straubinger-loewen@gmx.de) am 18. Oktober 2016: „Ihr verantwortlicher Fanbeauftragter, Herr Exner, schaut entweder lachend zu, unterhält sich oder ist an einem Kiosk. Das ist auswärts wie daheim. Das ist Verarsche pur.“

Alfons Bender (alfonsbender@yahoo.de) am 11. Dezember 2016: „Für was wurde eigentlich dieser Christian Exner eingestellt? Fürs Nasenbohren?“

Markus Engelmann (mengelmann60@t-online.de) am 4. Februar 2017: „Extra für diese Krawallos wurde ein Fanbeauftragter (Exner) eingestellt. Der steht aber generell lieber am Würstl- und Bierstand. Den interessierte nicht einmal das Spiel.“

Fehlende Rückendeckung durch Jutta Schnell

Exner musste sich immer wieder gegenüber der Geschäftsführung verteidigen, eine Rückendeckung seiner Kollegin blieb erwartungsgemäß aus. Kein Wunder, dass auch er schon bald das Weite suchte. Mittlerweile ist Exner Mitarbeiter im Fanprojekt München.

Zwei Tage Pause

Nach dem heutigen sechsten Teil legen wir eine zweitägige Pause in unserer Serie ein, um uns voll dem sportlichen Geschehen beim TSV 1860 zu widmen. Am Sonntag gehts aber weiter mit dem “Team Profifußball”, einem folgeschweren Antrag und einem Neuanfang in der Fanbetreuung.

Überblick

4.6 9 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
4 Comments
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
skid

Unglaublich. Wenn man weiß welch ein Rufmordmedium das Internet inzwischen ist, kann man diese Aktionen von Herrn Schnell als kriminell bezeichnen.
Sollte er noch Mitglied bei uns sein wäre ein Ausschlussverfahren gerechtfertigt.
Ich kann absolut nicht verstehen, das Franz Hell sich vor den Karren der Neuburger stellt.

Stefan Kranzberg

Gerhard und Jutta Schnell sind inzwischen aus dem Verein ausgetreten.

skid

Danke

Fred

Das ist ja schon unglaublich. Da kann der Herr Schnell von Glück reden, wenn er nicht mit Klagen überzogen wird. Das ist ja ein Rufmörder erster Klasse wenn das so stimmt. Krass. Ich ging von ein paar Mails aus. Und nicht von einer jahrelangen systematischen Aktion. Merci für eure Recherchen. Das ist grandiose Arbeit!