Im Hinblick auf die bevorstehende Wahl des neuen Verwaltungsrats im TSV München von 1860 e.V. auf der Mitgliederversammlung am 16. Juni im Zenith) haben wir alle 24 Kandidierenden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Um den wahlberechtigten Mitgliedern (und natürlich auch allen anderen interessierten Löwenfans) die Positionen der zur Wahl stendenen Personen vorzustellen. Erfreulicherweise sind 20 Fragebögen ausgefüllt zurück gesendet worden.
Wir veröffentlichen diese unkommentiert in alphabetischer Reihenfolge. Hier kommt der Fragebogen von Markus Drees.
Ich bewerbe mich als Verwaltungsrat, weil…
Drees: … ich ein verantwortungsvolles Amt im e.V. weiter ausführen möchte. Der Verwaltungsrat soll aus der Mitte des Vereins besetzt sein und nicht wegen Profifußball nur im Hinblick auf die KGaA besetzt sein. Für den Profifußball sollten eigentlich Gremien der KGaA zuständig sein. Leider gibt es einige wenige Berührungspunkte, die mit dem e.V. als Gesellschafter zu tun haben.
Welche Dinge hat der Verwaltungsrat in den letzten drei Jahren gut gemacht?
Drees: Der Verwaltungsrat hat am besten funktioniert, wenn man von ihm nicht viel gehört hat. Das liegt u.a. auch an der Verschwiegenheitspflicht. Ansonsten gehört zu unseren Aufgaben die Geschäftsführung des Vereins durch Präsidium, Abteilungsleitungen zu überwachen. Damit dem Verein kein Schaden am Vermögen entsteht oder Rechtsprobleme auftreten. Leider mussten wir in dieser Periode eine Entscheidung treffen, die wir nicht gerne getroffen haben und mit dem Fehlverhalten eines Präsidiumsmitglieds zu tun hatte.
Welche Dinge hätte der Verwaltungsrat besser machen können?
Drees: Es gibt immer Dinge, die man besser machen kann. In unserer Tätigkeit geht es auch um Menschlichkeit vor einem Amt. Da kann es schon sein, dass man noch in Hoffnung auf eine verständnisvolle Lösung etwas länger braucht zum Lösen einer Krise, weil man noch auf gegenseitige Kompromisse hofft.
Mit welchen Aktivitäten/Projekten haben Sie sich in der Vergangenheit beim TSV 1860 München e.V. bereits eingebracht?
Drees: Mitarbeiten in Stadionkommissionen und Satzungskommissionen. Für die Geschichtsabteilung biete ich mit einer Kollegin Stadion- und Stadtteilführungen zur Löwengeschichte an.
Der Profifußball ist das Aushängeschild von 1860 und traditionell das meistdiskutierte Thema in der Öffentlichkeit. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die KGaA in der nahen Zukunft?
Drees: Als erstes muss man festhalten: Der Verwaltungsrat des e.V. hat bis auf die Bestellung der Geschäftsführer und Entsendung von e.V.-Mitgliedern in die KGaA-Gremien keinen operativen Berührungspunkt mit dem Tagesgeschäft.
Meine persönliche Meinung zur zukünftigen Ausrichtung der KGaA: Keinen Größenwahn und gesundes Wirtschaften. Eine junge hungrige Mannschaft auch mit Spielern unserem NLZ. Mittelfristiges Bekenntnis zum Standort Giesing und der Symbiose aus Verein, Stadion und Stadtteil als Unique Selling Point. Die Geschäftsführer, die aktuell die Geschicke leiten, haben dies schon eingeleitet.
Hasan Ismaik ist mit seiner Firma HAM zu 60% an der KGaA beteiligt. Die Kommunikation und Zusammenarbeit mit ihm gestaltet sich seit seinem Einstieg schwierig. Was ist Ihr Konzept für eine verbesserte Kommunikation/Zusammenarbeit mit Ismaik bzw. HAM?
Drees: Der Verwaltungsrat ist hierfür eigentlich nicht zuständig. Aber schon unter Präsident Casalette gab es über die Rolle des Verwaltungsrat zur KGaA Missverständnisse. Wie soll da auch der Mitgesellschafter die Rolle richtig einschätzen? Auch hier somit meine persönliche Meinung: Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Der e.V. macht alles zum Wohle der Gesellschaft, dann sollten auch Ismaiks Vertreter mit allen Vollmachten ausgestattet sein, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.
Die KGaA ist nach wie vor bilanziell überschuldet. Mit welchen Maßnahmen würden Sie die Entschuldung unter Einhaltung der Regularien von DFB/DFL vorantreiben?
Drees: Die Konsolidierung seit 2017 weiterzugehen wird alternativlos sein, auch im Hinblick der von DFB/DFL geforderten Verbesserungen der Eigenkapitalquoten. Am besten wäre ein Schuldenschnitt oder eine Kapitelerhöhung, so dass auch diese Fortführungsprognosen, die uns nur Planungsspielraum für 2 Jahre geben, endlich ad acta gelegt werden können.
Die Situation um einen Ausbau des Grünwalder Stadions bzw. einen Neubau stockt seit einiger Zeit. Welche Stadionlösung schwebt Ihnen vor?
Drees: Ein sanfter Ausbau des Grünwalder Stadions zur Erfüllung der DFL-Tauglichkeit für die 2. Liga mit Erhöhung der Kapazität Richtung 20.000 und Einbau von VIP-Containern über der Ostkurve würde uns erstmal helfen. Der 100 Mio. EUR Umbau, den die Machbarkeitsstudie projektieren würde, ist in der aktuellen Haushaltslage der öffentlichen Hand nicht zielführend. Wichtig ist aber der urbane Flair und nicht eine seelenlose Landschaft am Müllberg und Autobahnkreuz. Würden wir in der Arena 3. Liga spielen, hätten wir sicher nicht 15.000 Zuschauer im Schnitt, sondern eher weniger und kaum Dauerkarten verkauft.
Der Verwaltungsrat ist aber hier nicht mittelbar in die Entscheidung involviert, sondern das Zusammenspiel zwischen Präsidium und KGaA-Geschäftsführung.
Welche Abteilungen liegen Ihnen außer dem Fußball noch besonders am Herzen und warum?
Drees: Jede Abteilung ist etwas besonders und verdient Unterstützung. Nichtsdestotrotz möchte ich herausstellen:
Boxen – was Ali und seine Leute dort seit Jahren leisten auch im sozialen Bereich, ist Wahnsinn!
Vereinsgeschichte – professionelle Aufarbeitung der Geschichte unseres Traditionsvereins und Erfahrbarmachung für alle.
Ski – Spitzensport im Schatten des Fußballs. Danke Fabiana, danke Linus!
Rollsport, Präzisionssport, E-Sports: Moderne Abteilungen im Zeitgeist.
Inklusionssport: Wichtig zur Öffnung eines Sportvereins für alle, auch die, die sonst vergessen werden.
Bergsport, Wassersport: Natur und Liegenschaften des Vereins in Isarauen und im Wettersteingebirge.
Fußballabteilung: NLZ, Frauenfußball und Amateurmannschaften – vieles richtig gemacht.
Was wollen Sie unseren Lesern noch mitteilen?
Drees: Der Verein lebt mit Mitgliederbeteiligung und Diskussionen. Was schädlich ist, sind Populismus (Falschaussagen über Satzung, Vereinsstrukturen und Gremien), sowie eine Fokussierung nur auf Profifußball im e.V. Online- und Briefwahlen sind zwar praktisch, verhindern aber den Austausch der Mitglieder. Es wird schon seinen Grund haben, warum keiner der 56 Vereinen aus den drei höchsten Ligen (von darunter ganz zu schweigen) nur Präsenzveranstaltungen haben und online nur als Notlösung sehen.
Bisher veröffentlichte Fragebögen der Verwaltungsrats-Kandidaten:
Thomas Baudisch
Robert von Bennigsen
Christian Dierl
Auch hier beeindruckt Herr Drees durch Zurückhaltung und ein klares Verständnis darüber was seine Aufgaben im VR sein könnten und vor allem was nicht. Er scheint einen guten Überblick über den gesamten Verein zu haben und ist offensichtlich in diesem aktiv, redet also nicht nur von Vereinsliebe sondern lebt auch 60ge.
Die Vorschläge zu den Bilianzproblemen der KGaA sehe ich kritischer, doch insgesamt lässt er in diesem Beitrag einen sehr guten Eindruck da.
Fürs Verständnis: Was genau siehst du bzgl der Aussage rund um die Bilanzprobleme kritisch? Den Schuldenschnitt fände ich extrem wichtig und richtig, dazu wird es aber vermutlich nie kommen. Denn damit würde Ismaik ja sein letztes Druckmittel aufgeben.