Am 27. November des vergangenen Jahres jährte sich der historische, nach 22 Jahren endlich wieder einmal errungene Sieg im Derby zum 25. Mal, woran wir an jenem Tag mit einer Artikelserie erinnerten. Die lesenswerten Beiträge zu diesem Ereignis findet Ihr – sortiert nach Autor – jeweils hier: Christian, Stefan, Thomas Enn, Michael Stoffl, Thomas Meiler.
Weit weniger stark im kollektiven Löwengedächtnis verankert dürfte das Aufeinandertreffen zwischen den Profimannschaften von München blau und rot im Frühjahr 1992 sein. Das letzte Derby, bevor es ab Herbst 1994 in diesem Duell wieder um Bundesligapunkte gehen sollte. Beim 179. Münchner Derby handelte sich um ein Testspiel, das die Roten mit 4:1 gewinnen sollten. Es fand genau heute vor 33 Jahren, an einem Montagabend im Sechzgerstadion statt, lockte nur 6.500 Zuschauer an und passte den Verantwortlichen beider Vereine, die sich gerade im Abstiegskampf (!) der 1. und 2. Bundesliga befanden, terminlich nicht wirklich gut ins Konzept. Aber ausgemacht war ausgemacht…
Zwei vereinbarte Tests nach dem Aufstieg
Nach der vielumjubelten Rückkehr der Löwen in den Profifußball im Sommer 1991 war Sechzig auch für die Roten wieder ein adäquater Gegner und so wurden für die Saison 1991/92 zwei Freundschaftsspiele (wenn wir das hier mal so nennen wollen) vereinbart. Eins im Olympiastadion, eins im Sechzgerstadion. Das “Hinspiel” stieg in der Saisonvorbereitung am 16. Juli 1991 und endete vor 35.000 Zuschauern im Oly mit 0:0 – ein durchaus achtbares Resultat für den Zweitligaaufsteiger TSV 1860. Das Treffen in Giesing sollte am Sonntag, den 23. Februar 1992, zwei Wochen vor dem Rückrundenauftakt in der 2. Liga Süd, sattfinden. Es fiel allerdings den winterlichen Platzverhältnissen zum Opfer. Als Ersatztermin wurde Montag, der 6. April festgelegt.
Derby zu einem unpassenden Zeitpunkt
Anfang April hatten beide Vereine dann eigentlich andere Sorgen, als den Fans einen heißen Tanz um die Münchner Stadtmeisterschaft zu liefern. Die Roten lagen – in der schlechtesten Saison ihrer Bundesligageschichte – auf dem 11. Tabellenplatz, hatten im März unter anderem 0:4 auf dem Betzenberg, 2:3 in Frankfurt und daheim 1:3 gegen den Club verloren und wähnten sich in akuter Abstieggefahr. Genausowenig rosig die Lage bei den Löwen eine Etage tiefer. In der Abstiegsrunde der – in jener Saison wegen der deutschen Wiedervereinigung geteilten – 2. Liga Süd war 1860 zwar mit drei Siegen aus der Winterpause gekommen, begann dann aber wieder zu schwächeln. Eine 1:3-Pleite in Darmstadt und ein 0:2 auf Giesings Höhen gegen den VfB Leipzig waren die jüngsten Resultate vor dem Kräftemessen mit den Roten gewesen.
4:1 für die Roten. Für beide in Ordnung.
Von “langen Gesichtern der Verantwortlichen” – angesichts der enttäuschenden Zuschauerzahl – schrieb tags darauf die tz. Denjenigen, die gekommen waren – in der überwiegenden Mehrheit den Blauen die Daumen haltend – sahen aber ein flottes und munteres Spiel, in dem die Roten, wie die Abendzeitung analysierte “im Gegensatz zum 0:0 vor der Saison den Klassenunterschied demonstrierten, 1860 sich aber bestimmt nicht blamierte.” So vergingen immerhin 39 Minuten mit zahlreichen Torchancen auf beiden Seiten, ehe Roland Wohlfart den FCB per Kopf in Führung brachte und mit dem Pausenpfiff noch auf 0:2 erhöhte.
Jochen Heisig trifft für die Löwen
Im zweiten Abschnitt brachte Gästetrainer Erich Ribbeck zahlreiche Nachwuchskräfte, darunter auch den zu jenem Zeitpunkt 18jährigen, heutigen Sportvorstand des FCB, Max Eberl. Auch der heute aus Funk und Fernsehen bekannte Didi Hamann (ebenfalls 18jährig) durfte mitmischen und bedankte sich in der 67. Minute mit dem 3:0. Zwei Minuten später kamen auch die Löwen zu ihrem Tor. Jochen Hesig konnte einen Patzer von Gerry Hilringhaus im Tor der Roten nutzen. Großer Jubel in der Westkurve. Den Schlusspunkt zum 4:1 setze dann Manni Bender, der als Jugendlicher für die Löwen die Fußballstiefel geschnürt hatte und ab 1996 nochmal für drei Jahre in der Bundesliga für 1860 kicken durfte. Unaufgeregt – insbesondere im Vergleich zu den wenige Jahre später anstehenden Bundesligaspielen zwischen den beiden Vereinen – endete dieses 179. Münchner Lokalderby. Lediglich beim Abmarsch der Fangruppen kam es am U-Bahnhof Silberhornstraße noch zu ein paar kleineren Auseinandersetzungen.
Saisonende mit Enttäuschung und Abstieg
Am Ende der Saison 1991/92 belegten die Roten nach einer abschließenden 0:3-Niederlage beim KSC mit 36:40 Punkten und einem negativen Torverhältnis den 10. Platz der Bundesliga. Die Löwen stiegen – mal wieder sehr “löwenlike” dramatisch – in einer Relegationsrunde gegen Fortuna Köln und den TSV Havelse wieder in die Bayernliga ab. Das heute vor 33 Jahren ausgetragene Derby war aber sicher nicht Schuld daran.
Nachschlag: Amateur-Derby
Tags darauf, also am Dienstag, den 7. April 1992 kam es übrigens gleich zum nächsten Kräftemessen zwischen rot und blau. Am Trainingsglände an der Grünwalder Straße 114 empfingen die “kleinen Löwen” (zu jenem Zeitpunkt sportlich in der fünftklassigen Bezirksoberliga zu Hause) im bayerischen Landespokal die “kleinen Roten” aus der Bayernliga. Damals konnten sich zweite Mannschaften über den Landespokal noch für die 1. Hauptrunde im DFB-Pokal qualifizieren. Das Spiel endete nach Verlängerung 2:2, weshalb die unterklassigen Löwen in die nächste Pokalrunde einzogen.