Vor einigen Jahren kickte Cottrell Ezekwem als ganz junger Bursche für die 3. Mannschaft des TSV 1860 München. Über die U21 gelangte er in die Regionalliga und schließlich zum SC Verl in die 3. Liga. Wir haben Cottrell Ezekwem zum Interview getroffen und mit ihm über seine Zeit bei den Löwen und seine nicht ganz stromlinienförmige Karriere gesprochen.

Cottrell Ezekwem (SC Verl) im Interview

sechzger.de: Servus Cottrell! Zunächst mal vielen Dank, dass Du Dir in der Winterpause Zeit für ein Interview mit uns nimmst.

Cottrell Ezekwem: Servus, die Zeit nehme ich mir gerne.

sechzger.de: Dass ein Fanportal des TSV 1860 einen Spieler des SC Verl interviewt, mutet überraschend an. Der Grund ist jedoch ganz einfach: Du bist noch immer der einzige Spieler, der es aus der 3. Mannschaft der Löwen in den Profibereich geschafft hat. Erzähl bitte mal, wie es dazu kam.

Cottrell Ezekwem: Das Ganze geht etwas zurück, nämlich bis hin zu der Zeit beim FC Bayern München. Als ich den Verein nach der U16 erst im August verlassen habe, hatte ich fußballerisch nicht mehr die Möglichkeit, da anzuknüpfen, wo ich aufgehört hatte, da das Transferfenster sich in Richtung Ende begeben hatte und die Kaderplanungen der Teams somit so gut wie abgeschlossen waren. Dies führte dazu, dass ich ein ganzes Jahr lang keinen Fußball gespielt hatte, und ich somit nie eine U17 Saison hatte. Nach dem Jahr ohne Verein kam der Wechsel im Sommer zum FC Memmingen zustande. Dort erlangte ich so langsam meine Fitness wieder, mit der ich dann die Verantwortlichen der 60er überzeugt habe.

U19, Dritte & U21

sechzger.de: Bei den Löwen warst Du ja zunächst bei der 3. Mannschaft und wurdest da quasi in die U19 befördert – ein ungewöhnlicher Weg. Wer hat Dich denn damals „entdeckt“? Und hast Du das dann auch direkt als große Chance erkannt?

Cottrell Ezekwem: Genau genommen war der Weg etwas anders, da ich damals einen Vertrag für die U19 unterschrieben hatte. Während der laufenden Saison habe ich dann ein paar Spiele für die 3. Mannschaft absolviert. Anfangs im Training habe ich schnell bemerkt, dass ich wegen mangelnder Wettkampfpraxis nicht zu 100% meine Stärken auf den Platz bringen konnte. Mir hat dann mein damaliger Trainer angeboten, diese bei der 3. Mannschaft zu holen. Diese Spiele haben mich schlussendlich aufgrund der erhaltenen Spielpraxis (auch wenn es nur Kreisliga war) weitergebracht.

Ich konnte zudem auch mit meinem älteren Bruder Clinton Ezekwem, der zu der Zeit auch in der 3. spielte zusammenspielen, was eine lustige Sache war.

Aber natürlich hat man als junger Spieler ganz schnell negative Gedanken, da man das Gefühl bekommt, versagt zu haben. Wenn ich aber heute zurückblicke, bin ich froh diese Erfahrung gemacht zu haben.

Ezekwem Cottrell TSV 1860 SC Verl
Cottrell Ezekwem als Spieler der 3. Mannschaft des TSV 1860

Zwischenstation Memmingen

sechzger.de: Du bist ja gebürtiger Münchner und im Jugendbereich schon ordentlich rumgekommen, bevor Du Dich dem TSV 1860 angeschlossen hast. Wie kam es denn beispielsweise dazu, dass Du noch als Minderjähriger zum FC Memmingen gewechselt bist? Wie hast Du das denn damals mit Fahren, Wohnen etc. gemacht?

Cottrell Ezekwem: Das Jahr beim FC Memmingen war für mich ein sehr schwieriges Jahr, da ich zu dem Zeitpunkt  Abitur gemacht habe, kein eigenes Auto hatte, einen Nebenjob hatte und noch bei meinen Eltern in der Nähe von München gelebt habe, wodurch ich insgesamt pro Einheit (4 mal die Woche Training plus Spiel) 5 Stunden unterwegs war.  Ich hatte glücklicherweise in dieser Zeit ein Umfeld – beispielsweise in Form einer Fahrgemeinschaft – die mir vieles erleichtert hat.

sechzger.de: Von der U19 ging es zur U21 in die Bayernliga Süd. Wie schwer fiel Dir damals der (erneute) Sprung in den Erwachsenenbereich?

Cottrell Ezekwem: Um ehrlich zu sein überhaupt nicht. Ich hatte das Glück schon sehr früh körperlich sehr weit zu sein, was für den einen oder anderen Spieler im Übergangsjahr eine große Hürde ist. Zeitgleich wurde ich direkt zu Beginn als (Aushilfs-)Stürmer eingesetzt, wo ich direkt an 7 Toren beteiligt war (4 Tore, 3 Vorlagen). Diese Ausbeute gab mir direkt zu Beginn Selbstvertrauen.

Aus der Regionalliga zum SC Verl

sechzger.de: 2020 folgte der Wechsel zum ZFC Meuselwitz in die Regionalliga Nordost und nur ein halbes Jahr später gings weiter zum VfB Homberg (Regionalliga West). Wichtige Schritte zur Entwicklung oder verlorene Zeit? Wie schwer fiel es Dir, Dich halbjährlich auf ein neues Umfeld einstellen zu müssen und das fernab der Familie und der Heimat?

Cottrell Ezekwem: Als verlorene Zeit würde ich die beiden Wechsel auf gar keinen Fall beschreiben. Ich hatte, bevor ich zum ZFC gewechselt bin, eine achtmonatige Meniskusverletzung, wodurch ich auch da etwas auf der Stelle tappte. Hinzu kam dann noch der Ausbruch des Corona-Virus, woraufhin die Spiele unterhalb des Profibereichs (3. Liga) in Bayern annulliert wurden. Die einzigen Regionalligen, die zu dem Zeitpunkt weiterspielten, waren die Regionalligen im Nordosten und im Westen. Ich war zu dem Zeitpunkt 21 geworden und wusste, dass die Annullierung keine Sache von Wochen werden würde und ich aus Bayern raus muss, wenn ich noch eine realistische Chance auf den Profifußball haben möchte.

sechzger.de: Im Sommer 2021 bist Du dann zum SC Verl in die 3. Liga gewechselt. Wir haben den SCV als sehr familiären und sympathischen Verein kennengelernt. Was hat Dich davon überzeugt, den Schritt nach Ostwestfalen zu wagen?

Cottrell Ezekwem: Mein damaliger Berater hatte den Kontakt zum SC Verl hergestellt, und das Ganze hat dann auch glücklicherweise sehr schnell geklappt. Was mich überzeugt hat, war, wie bereits erwähnt, das Gefühl, dass ich beim SC Verl ein warmes, ruhiges und stabiles Umfeld vorgefunden habe, was sehr wichtig für meine Entwicklung war.

Lange Verletzungspause

sechzger.de: Letzte Saison lief es für Dich ja recht ordentlich, in der jetzigen Spielzeit kamst Du bisher nur zweimal zum Einsatz. Woran liegts?

Cottrell Ezekwem: Im Oktober letzten Jahres bremste mich ein Mittelfuß für fünf Wochen aus. Jedoch wurde schnell klar, dass ich durch den verfrühten Wiedereinstig und der nicht operativen Behandlung  statt den vorgegebenen sieben Wochen nur fünf Wochen raus war. Leider hat sich eine Pseudo-Arthrose gebildet. Ich hatte seit dem Wiedereinstig dauerhafte Schmerzen und wurde dann in der Sommervorbereitung durch das Wiederaufbrechen der Stelle erlöst. Der Bruch wurde operativ behandelt und ich bin dann seit Anfang Oktober wieder schmerzfrei im Training gewesen.

sechzger.de: In der Spielzeit 2020/21 standest Du ja u.a. auch gegen die Löwen auf dem Platz? War das für Dich ein Spiel wie jedes andere oder aufgrund Deiner Historie doch was Besonderes?

Cottrell Ezekwem: Auf jeden Fall was Besonderes. Ich hatte mich auf das Spiel bereits gefreut, als ich zum SC Verl gewechselt bin.

Bruder Kimberly ist ebenfalls Profi

sechzger.de: Dein Bruder Kimberly ist auch Profi und kickt derzeit beim SC Freiburg II. Ist es ein Ziel oder Wunsch von Dir bzw. Euch beiden, eines Tages mal zusammen bei einem Verein zu spielen?

Cottrell Ezekwem: Erst einmal möchte ich ein Spiel gegen ihn bestreiten. In Zukunft wäre es auf jeden Fall eine coole Sache, das gleiche Trikot zu tragen und gemeinsam für ein Team aufzulaufen.

sechzger.de: Bestehen Deinerseits eigentlich noch Kontakte zum TSV 1860, also zu ehemaligen Mitspielern, Trainern etc.?

Cottrell Ezekwem: Der Kontakt zu dem einen oder anderen ist nicht abgerissen.

Rückkehr zu den Löwen denkbar?

sechzger.de: Könntest Du Dir denn vorstellen, eines Tages zu den Löwen zurückzukehren? Oder bei welchem Club würdest Du gerne mal spielen?

Cottrell Ezekwem: Im Fußball sollte man nie was ausschließen. Deshalb wäre ich offen für alles, was mich meinem Ziel immer ein Stück näherbringt.

sechzger.de: Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen Dir persönlich, aber auch dem SC Verl für die Rückrunde alles Gute.

Cottrell Ezekwem: Gerne, war mir eine Freude. Vielen Dank!

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Steffen Lobmeier

Klasse Interview. Schön, dass er seinen Weg gemacht hat.

Bruck Löwe

Coole Grschichte.Is zudem ein super sympathischer Junge

Groeber

Interessant wie es laufen kann. Kein Zuckerlecken der Weg zum Profi. Wegen Corona in den Osten ist auch spannend. Sympathischer Bursche, ihm alles Gute