Gestern riefen wir Euch auf, uns Berichte von Euren Fußball-Touren zu schicken und siehe da: Schon heute können wir Euch die erste Story präsentieren. Unseren Leser Stefan verschlug es im Jahr 2018 zum Groundhopping nach Kirgisistan, das auch unter den Namen Kirgistan und Kirgisien bekannt ist.

Eindrücke aus Bischkek

Im März 2018 war Zentralasien unser Ziel. In 10 Tagen wollten wir uns Eindrücke aus “1001 Nacht” in den früheren Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan einholen. Ein Ziel war hierbei auch die kirgisische Hauptstadt Bischkek, in der „rein zufällig“ genau jetzt das Qualifikationsspiel zur Asienmeisterschaft gegen Indien anstand.

Etwa eine Million Menschen leben in der Stadt am Rand des Pamirgebirge, welche ursprünglich als Karawanenstadt der Seidenstraße gegründet wurde. Da der Boom der Stadt erst mit der Abspaltung von der Sowjetunion in den frühen Neunzigern begann, sind traditionelle Bauten oder Sehenswürdigkeiten weitestgehend Fehlanzeige. Nur der örtliche “Osh Bazar” ist als zentraler Markt für Lebensmittel wie regionales Obst, Gewürze und Pferdefleisch eine wunderbare Anlaufstelle. Wer es gerne rustikal mag, der kann auch ein paar Stunden in einem Hamam verbringen. Vor allem das zentral gelegene “Zhyrgal” hat uns hier überrascht, da wir nicht damit rechneten, in einem Badehaus für die arme Bevölkerung zu landen. Abgefahren… Ansonsten ist die Stadt geprägt von viel Einheits-Plattenbau aus der Zeit des Sozialismus.

Groundhopping Kirgisistan
Auf dem Osh Basar in Bischkek

Ab in den Gästeblock!

In der Gruppe 1 der dritten Qualifikationsrunde traf Kirgisistan im letzten Spiel auf Indien, jedoch waren beide Teams aufgrund der guten vorherigen Ergebnisse bereits für das Turnier in VAE im Frühjahr 2019 qualifiziert. Sicherheitshalber organisierten wir unsere Tickets doch schon am Tag vor dem Spieltag am Stadion. Der netten, älteren Ticketverkäuferin waren wir wohl etwas zu suspekt: Sechs weiße Nasen wollen Tickets für das Spiel Kirgisistan gegen Indien. Die Typen sehen nicht aus wie Kirgisen, also müssen sie Inder sein – also ab mit ihnen in den Gästeblock!

Das Dolen-Omurzakov-Stadion ist ein wirklich schönes, unüberdachtes, ranzliges Stadion aus dem Kommunismus. Mit großartigen, schweren Eisentoren, zwei großen Tribünen auf den Seitenauslinien und einer Kurve hinter dem Tor. Schwere Flutlichtmasten überragen das Spielfeld und haben dem heutigen Flutlichtspiel auch einen tollen Rahmen zum Groundhopping in Kirgisistan verliehen.

Groundhopping Kirgisistan
Rund 200 Inder fanden sich im Stadion ein

Groundhopping in Kirgisistan

Nachdem wir uns vor dem Spiel noch im überteuerten Stadionpub gestärkt haben und dort – wie überall auf der Welt – auf Bayernfans gestoßen sind, haben wir unsere Plätze im Gästeblock bei den etwa 200 Indern aufgesucht. Der Gästeblock war aus Sicherheitsgründen vom Oberrang abgeschirmt und schwer überwacht. Trotzdem hatten wir unseren Spaß, da die Inder vor Ort (wohl größtenteils Botschaftsmitarbeiter oder ähnliches) mit vielem gerechnet hatten, aber nicht mit weißen Fotomotiven aus Zentraleuropa.

Die Kirgisen auf der Gegengerade hielten zu Spielbeginn eine kleine Choreo mit Zetteln ihrer roten Landesflagge hoch. Ansonsten konnte man sie jedoch kaum hören, nur bei den Toren wurde es etwas lauter.

Groundhopping Kirgisistan
Spielankündigungsplakat: Kirgisistan – Indien

Offenbar keine TV-Übertragung in Indien

Das Länderspiel hielt in etwa das, was man sich von zwei Teams auf dem Level von Luxemburg und Färöer erwartet, wenn beide schon qualifiziert sind. Aber wer will denn meckern, wenn er seit 30 Jahren fußballerischen Hochglanz auf der Stufe von Sechzig München gewohnt ist? Zur Halbzeitpause trat dann noch eine Volkssängerin auf, die ständig vom Maskottchen umgarnt wurde. Herrlich.

Die knapp 10.000 Zuschauer sahen einen ungefährdeten 2:1-Sieg der Hausherren. Wohl dem, der dieses Spektakel live im Stadion verfolgen konnte. Denn offensichtlich wurde das Spiel nicht live im indischen Fernsehen übertragen, sodass über 1 Milliarde Inder auf Bewegtbilder verzichten mussten. Anders kann ich es mir nicht erklären, weshalb fast alle 200 anwesenden Inder das ganze Spiel auf ihren Handys gestreamt haben.

Groundhopping Kirgisistan
Ob der Adler noch bei der Sängerin gelandet ist, entzieht sich unserer Kenntnis

Weiter gehts nach Usbekistan…

Nach dem Spiel gab es noch die obligatorischen Biere, bevor wir am nächsten Tag mit dem Flugzeug ins Reich von Ali Baba geflogen sind. Aber unsere Erlebnisse aus Usbekistan werde ich mal zu einem späteren Zeitpunkt niederschreiben.

Bei den anschließenden Asienspielen spielte Indien dann leider gar keine Rolle und wurde Gruppenletzter. Kirgisistan erreichte das Achtelfinale und schied dort gegen den Veranstalter VAE in der Verlängerung mit 2:3 aus. Die nächsten Asienspiele finden 2023 in China statt.

Groundhopping auf sechzger.de

In den letzten Monaten erschienen bereits einige Groundhopping-Artikel auf sechzger.de. Hier eine kurze Übersicht:

Groundhopping Rumänien
Groundhopping Mazedonien bzw. Nordmazedonien
Groundhopping Armenien
Groundhopping Thailand
Groundhopping Ukraine
Groundhopping Kuba
Groundhopping Montenegro
Groundhopping Indien

5 2 votes
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Dennis M.

Schöner Bericht 🙂 Fußball und andere Länder bereisen, was gibt’s groß schöneres auf dieser Welt 🙂.

(den Weltfrieden, die Gesundheit etc. natürlich ausgenommen).