Eigentlich war der Trip ja bereits für den Februar 2023 geplant, doch leider verhinderte eine schwere Erkrankung damals die Reise. So musste ich das Kapitel Groundhopping in Nordmazedonien und im Kosovo um einige Monate verschieben. Anfang Dezember – das Spiel des TSV 1860 gegen RW Essen war ohnehin abgesagt – war es dann aber endlich so weit und ich konnte den Flieger gen Balkan besteigen.

Freudige Überraschung: Kurzfristige Planänderung

Die Aussichten bezüglich möglicher Spielbesuche waren bis kurz vor Antritt der Reise eher trüb. In Nordmazedonien waren nur noch die beiden oberen Ligen im Spielbetrieb, zudem war ein Testspiel bekannt, das aber blöderweise parallel zur 1. Liga terminiert war. Für den Kosovo waren keinerlei Spiele bekannt, der Verband antwortete auf Anfragen nicht und auch der Blick auf den Spielplan der Vorsaison ließ wenig Hoffnung aufkeimen. Auch das Kontrastprogramm in Form anderer Sportarten war ernüchternd, denn lediglich ein Zweitligist aus Skopje würde an diesem Wochenende zuhause ein Basketballmatch austragen. Der Handball pausierte an diesem Wochenende in Skopje komplett.

Zwei Tage vor der Abreise kam dann jedoch die erfreuliche Wende: Rein zufällig (oder aus Gewohnheit?) checkte ich nochmal den Spielplan der höchsten kosovarischen Spielklasse und siehe da: Der Verband hatte kurzfristig doch noch einen Spieltag angesetzt und mir damit eine Option für einen weiteren Länderpunkt beschert. Damit wurden zwar die eigentlich abgeschlossenen Planungen für Skopje etwas torpediert, aber was macht man nicht alles?

Eiskalte Unterkunft in Skopje

So ging es also freitags ab Memmingen in die nordmazedonische Hauptstadt, der unser Leser Stefan bereits vor Jahren einen Besuch abgestattet hatte. Dort angekommen wurde ich von einem Fahrer meiner Airbnb-Unterkunft am Flughafen abgeholt und ins Zentrum von Skopje gebracht, wo ich am Alten Bazar untergebracht war. Das Zimmer war schnuckelig, aber eiskalt, das Bad viel zu klein, die Dusche ohne Vorhang und der Schimmel bahnte sich seinen Weg. Aber ich wollte da ja ohnehin so wenig Zeit wie möglich verbringen…

Nach einem Bummel über den verwaisten Alten Bazar (es war Feiertag in Nordmazedonien) kehrte ich in ein Restaurant und später in eine Bar, die zur Unterkunft gehörte, ein, bevor ich todmüde (und frierend) ins Bett sank. Der nächste Tag sollte lang und ereignisreich werden.

Die Stadt der tausend Denkmäler

Die Kälte trieb mich schon früh aus den Federn, aber das war okay, da ich ohnehin einige Sehenswürdigkeiten besuchen wollte, ehe ich zum Busbahnhof und in Richtung Kosovo aufbrechen wollte. So sah ich mir den Alten Bazar nochmal im Hellen an, besichtigte die Kliment-von-Ohrid-Kirche und ließ gefühlt tausend Statuen und Denkmäler auf mich wirken. Man bekam fast das Gefühl, die seien eine nordmazedonische Erfindung.

Schließlich landete ich bei der Toše-Proeski-Arena, dem Nationalstadion Nordmazedoniens, das relativ zentral direkt am Fluss Vardar liegt. Leider ergab sich keine Möglichkeit, das Stadion von innen zu besichtigen, aber auch von außen ist es recht imposant. Beim Fotografieren fiel mir auf, dass ich nicht der einzige war, der diese Idee hatte, aber dazu später mehr…

Busfahrt nach Pristina

Dann aber marschierte ich quer durch die Stadt zum Busbahnhof und kaufte mir für 9 Euro ein Busticket nach Pristina, der Hauptstadt des Kosovo. Bis zur nahen Grenze waren die Straßenverhältnisse ziemlich bescheiden, im Kosovo hingegen glitt der Minibus nur so über den neuen und subventionierten Asphalt. Dennoch, um es vorwegzunehmen, machte Nordmazedonien auf mich den deutlich angenehmeren, aufgeräumteren und saubereren Eindruck.

In Pristina angekommen ließ ich mich per Taxi direkt zum Stadiumi Fadil Vokrri fahren, wo das Match stattfinden sollte. Das dachte nicht nur ich, sondern auch die eingeteilten Balljungen, die aber ebenso vor verschlossenen Türen standen. Ein paar Telefonate später war klar: Das Spiel wurde kurzfristig nach Lipjan (20 km außerhalb) verlegt. Also wieder ein Taxi suchen und los ging es.

Groundhopping Kosovo

Kurz nach dem Anpfiff federte ich also dort ein und sah somit auch das 1:0 des FC Prishtina gegen KF Fushe Kosova. Da der Eintritt ohnehin frei war, ging ich zur Pause nochmal kurz raus, um das Stadiumi Sami Kelmendi auch von außen zu fotografieren. Der notwendige Toilettengang führte mich in den Innenraum und sogar in den Spielertunnel – in Deutschland undenkbar. Auf den Rängen sorgte lediglich ein Dutzend Fans der Gäste für Stimmung, vom Heimpublikum war nichts zu hören. Ein Jugendlicher aus dem Gästeblock hatte zudem meine 1860-Mütze entdeckt und bettelte mich an. Diese wollte ich jedoch nicht hergeben, überreichte ich ihm jedoch feierlich den extra für solche Zwecke mitgebrachten Schal. Freude pur!

Nach dem Match ging es per Taxi zurück nach Pristina. Eigentlich war das Zentrum ja das Ziel, aber plötzlich sah ich rechts eine kleine Tribüne, einen Ball und ein paar Leute im Trikot. Stop, stehenbleiben, ich muss raus! Tatsächlich trafen die U17 und die U16 des FK Ramiz Sadiku in einem Testspiel aufeinander, wobei der ältere Jahrgang sich mit 5:2 durchsetzte. Ein Tag, zwei Spiele, ein neuer Länderpunkt – was will man mehr?

Immer wieder: Fußball verbindet!

Am nächsten Morgen besichtigte ich zunächst die Festung, die Mustafa-Pascha-Moschee und das Mutter-Teresa-Gedächtnishaus, bevor ich mich mit Ljubomir, einem Bekannten aus Skopje, und Peter aus Southend (England) traf. Löwenfan Michael Stoffl war aufgefallen, dass sowohl Peter als auch ich an diesem Wochenende in Skopje sein würden und brachte uns in Kontakt. Natürlich war er derjenige, der tags zuvor zur selben Zeit wie ich Fotos von der Toše-Proeski-Arena gemacht hatte…

Ljubomirs Vater fuhr uns mit dem Auto zum Stadion Boris Trajkovski, wo der Tabellenletzte Vardar Skopje in der 1. nordmazedonischen Liga auf GFK Tikvesh traf. Der Rasen hat sicher auch schon bessere Tage erlebt, das Stadion selber steht seit Jahren unvollendet in der Gegend rum und ist alles andere als eine Perle. Aber hey, Fußball ist Fußball!

Länderpunkt Nordmazedonien

Vor rund 1000 Zuschauern setzte sich Vardar verdient mit 2:0 durch und sieht im Abstiegskampf wieder Licht am Ende des Tunnels. Die Stimmung war top, Choreo und Pyro äußerst gelungen und die Ultras, die eine Freundschaft mit Schalke 04 verbindet, standen einem Aufklebertausch sehr offen gegenüber.

Im Anschluss gingen wir zu dritt im Zentrum noch zum Essen und wurden kulinarisch so richtig verwöhnt. In Deutschland wäre man vermutlich ein halbes Vermögen losgeworden, so aber war jeder mit 15 Euro inklusive Getränken und glühendem Ranzen dabei. Nach einem letzten Abstecher auf den Alten Bazar und in eine Craft Beer Kneipe sank ich todmüde ins Bett und am nächsten Morgen klingelte um 4.30 Uhr der Wecker. Schön wars!

Groundhopping auf sechzger.de

In den letzten Monaten erschienen bereits einige Groundhopping-Artikel auf sechzger.de. Hier eine kurze Übersicht:

Groundhopping Rumänien
Groundhopping Mazedonien bzw. Nordmazedonien
Groundhopping Armenien
Groundhopping Thailand
Groundhopping Ukraine
Groundhopping Kuba
Groundhopping Montenegro
Groundhopping Indien
Groundhopping Kirgisistan
Groundhopping Saudi-Arabien
Groundhopping Antarktis (Südgeorgien)
Groundhopping Kolumbien
Groundhopping Indonesien
Groundhopping Laos
Groundhopping Georgien
Groundhopping Sansibar
Groundhopping Moldawien/Transnistrien
Groundhopping Nordkorea
Groundhopping Bulgarien
Groundhopping Senegal
Groundhopping Gambia
Groundhopping Guinea-Bissau
Groundhopping Frankreich

Fotos Pyro & Choreo: Komiti Skopje

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Kraiburger

Danke für die Eindrücke. Kosovo mach ich im Mai zu Christi Himmelfahrt. Da komm ich vorher nochmal auf dich zu!