Über 100 Länder hat unser Leser Stefan mittlerweile bereits und in den meisten davon auch mindestens ein Fußballspiel gesehen. Im November 2018 verschlug ihn seine Leidenschaft Groundhopping ins ferne Indonesien zu den Südostasienspielen. Viel Spaß mit seinem Erlebnisbericht!

Ein Weltenbummler auf Reisen

Angestachelt von den Eindrücken von 2016 war mir schon früh klar, dass ich die Südostasienspiele auch 2018 besuchen will. Entgegen kam mir dabei auch der gemeinsame Plan von mir und meiner Freundin, das Oberland von Laos zu bereisen. Nach der Gruppenauslosung im Juni habe ich mir also eine Route zusammengesteckt, die in Laos enden sollte. Meine Wahl fiel darauf, dass ich mir auf dem Hinflug – wenn möglich – noch das asiatische Champions-League-Finale in Katar ansehe sowie das Gruppenspiel der Indonesier gegen Osttimor.

Leider fand das CL-Finale dann doch nicht in Doha statt, sondern in Teheran. Für eine Umbuchung war es zu spät und so durfte ich 20 Stunden im Austragungsort der WM 2022 verbringen. Dafür nahm ich mir einen Mietwagen, und wollte mir zumindest die Baustellen der Arenen für das Turnier vier Jahre später ansehen. Und um mir sechs der acht Arenen anzusehen, brauchte ich auch nur dreieinhalb Stunden, wobei ich sogar noch 45 Minuten Mittagspause gemacht hatte. Also “weite Strecken” gibt es im Winter 2022 nicht, die kürzeste Entfernung zwischen zwei Stadien sind neun Kilometer.

Groundhopping Indonesien
Das Gelora Bung Karno Stadium in Jakarta

Seit 1995 über 70 Todesfälle beim Fußball

Die Entscheidung, mir ein Spiel in Indonesien anzusehen, fiel mir ziemlich leicht: Erstens war ich noch nie da, zweitens hatten die Indonesier im Finale 2016 mit 2.500 Mitgereisten einen guten Auftritt – und drittens kommt der indonesische Fußball einfach nicht aus den Skandalen raus. Einem Bericht der 11Freunde zufolge, gab es bei Ausschreitungen zwischen Fußballfans seit 1995 über 70 Todesfälle beim Fußball.

In Jakarta traf ich erstmal auf meine mittlerweile lieb gewonnene Reisegruppe aus Hannover. Bei einigen Bieren im Hostel haben sich uns noch weitere Leute angeschlossen, die das Spiel sehen wollten, sodass wir letztendlich neun Langnasen waren. Was die Ticketsuche am Stadion nicht gerade erleichterte, denn die Ticketvergabe erfolgte eigentlich nur per Online-Reservierung mit indonesischer Kreditkarte. Irgendwie hat es vor Ort mit viel Blödlaberei dann aber doch geklappt. Insgesamt wurden aber offensichtlich viele Besucher von den strengen Auflagen abgeschreckt, sodass letztendlich nur 15.000 Zuschauer in der riesigen Gelora-Bung-Schüssel waren. Die Fangruppen der einzelnen Vereine verteilten sich in verschiedenen Bereichen des Stadions, wobei rechts unter uns die militaristisch auftretenden Jungs von Persiji waren. Trotzdem feuerten alle Fangruppen ihre Nationalmannschaft an.

Groundhopping Indonesien
Die Preise für Schminke liegen in Indonesien offenbar deutlich unter dem europäischen Niveau

Groundhopping Indonesien

Auf dem Papier traten die Nummer 173 der Fifa-Weltrangliste gegen die Nummer 197 an. Allerdings muss man dazu sagen, dass Indonesien wegen Korruptionsvorwürfen einige Zeit von der FIFA gesperrt war. Trotzdem sind sie für die Südostasienspiele zugelassen und stehen dort auch regelmäßig im Finale. Der Gegner Osttimor konnte sich erst gegen Brunei für das Turnier qualifizieren. Bis 2002 war Osttimor von Indonesien besetzt: Während dieser Zeit und im Bürgerkrieg starb etwa ein Fünftel der dortigen Bevölkerung. Indonesien ist hingegen das “größte unbekannte Land der Welt”. Mit 264 Millionen Einwohnern sind sie das viert-bevölkerungsreichste Land und in keinem anderen Staat weltweit leben mehr Muslime. Allein im Bereich der Hauptstadt Jakarta leben 30 Millionen Menschen.

Zum Spiel kann ich natürlich nichts mehr sagen: Der 11er war recht quirlig und der 5er hat zu oft seine Position der falschen 9 verlassen. Irgendwie sowas, sagt euch eh nix! Ich hab mir eher die Fans auf den Tribünen angesehen, die gut Rabatz machten, aber in der großen Schüssel eher verloren wirkten. Zu Ausschreitungen kam es nicht und am Ende gewann Indonesien klar und ohne Probleme mit 3:1. Pflichtsieg, nachdem das erste Spiel in Singapur mit 1:0 verloren ging. Osttimor verlor das erste Spiel zu Hause gegen Thailand 0:7 und war damit raus.

Groundhopping Indonesien
Eigentlich wollten die Kinder ja nur ein Foto mit dem Shirt, aber Stefan wollte es nicht ausziehen

Sightseeing in Jakarta

Nach dem Spiel ging es nochmal durch das enorme Verkehrschaos dieses Molochs zurück zur Unterkunft, und nach ein paar Bierchen dann auch ins Bett. Beim anschließenden Sightseeing-Tag bewunderten wir noch die Istiqlal-Moschee mit Platz für 120.000 Gläubige, den eher langweiligen Basar und den Unabhängigkeitsplatz mit Museum und Turm. Letzterer ist wohl Pflichttermin für Schulklassen und wir Fremde wurden dort gefeiert wie Rockstars und mussten für Unmengen an Selfies herhalten. Aber das haben wir uns auch mal verdient.

Am darauffolgenden Tag flog ich mit Lion Air weiter in die laotische Hauptstadt Vientiane, und zwar nahezu exakt mit der gleichen Verbindung, die eine Woche vorher vom Himmel fiel und 189 Todesopfer forderte. Gott sei Dank schlägt der Blitz nie zweimal an der gleichen Stelle ein.

Und aus Laos berichten wir an einem der kommenden Tage…

Groundhopping Indonesien
Betende Gläubige in der Istiqlal-Moschee

Groundhopping auf sechzger.de

In den letzten Monaten erschienen bereits einige Groundhopping-Artikel auf sechzger.de. Hier eine kurze Übersicht:

Groundhopping Rumänien
Groundhopping Mazedonien bzw. Nordmazedonien
Groundhopping Armenien
Groundhopping Thailand
Groundhopping Ukraine
Groundhopping Kuba
Groundhopping Montenegro
Groundhopping Indien
Groundhopping Kirgisistan
Groundhopping Saudi-Arabien
Groundhopping Antarktis (Südgeorgien)
Groundhopping Kolumbien

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Kraiburger