Gleich drei Länder in Westafrika bereiste unser Leser Stefan und lässt Euch an seinen Erlebnissen teilhaben. Nach “Groundhopping Senegal” entführen wir Euch demnächst auch noch nach Gambia und Guinea-Bissau. Viel Spaß beim Lesen und ein herzliches Dankeschön an den Gastautor für den Text und die tollen Fotos!

Geographische Einordnung

Sonne, Strand, Fußball und einiges an Bier. Es wurde mal wieder Zeit, diesem schon viel zu lange andauernden deutschen Winter zu entkommen. Die Wahl für einen ausgedehnten Osterurlaub fiel auf Westafrika – auch weil das Ziel meiner mittlerweile liebgewordenen Reisegruppe vor drei Jahren der Pandemie zum Opfer gefallen war und man den Trip nun in der Länderspielpause nachholen konnte.

Jetzt geht’s also im März vom regnerischen München über Istanbul in die senegalesische Hauptstadt Dakar, von wo aus wir uns in den nächsten zwei Wochen ein paar Strände, die üblichen Touri-Dinger und ein paar Fußballspiele ansehen wollen. Der Plan ist auf jeden Fall, einen kleinen Einblick in die Länder Senegal und Gambia zu bekommen – und wenn es irgendwie noch klappt – auch in den südlichen Nachbarstaat Guinea-Bissau zu gelangen. Senegal hat etwa halb so viel Landfläche wie Deutschland und etwa ein Fünftel der Bewohner. Aufgrund der Trockenheit ist nur ein kleiner Teil des Lands für Landwirtschaft nutzbar, daher zieht es immer mehr Leute in die Städte. Allen voran in die Region Dakar, in der etwa jeder dritte Senegalese lebt. Weitere erwähnenswerte Städte sind noch St Louis im Norden, sowie im Süden die Provinzhauptstadt Ziguinchor, die wir auch besuchen wollen. Mitten durch den Senegal schlängelt sich der Fluss “Gambia”, Namensgeber des anderen Landes: Das Land Gambia zieht sich jeweils 10 Kilometer nördlich und südlich vom Fluss als ganz schmaler Streifen in Richtung Meer entlang. Gemessen in der deutschen Flächeneinheit “Saarland” ist Gambia etwa fünf Saarländer groß und damit das kleinste Land des afrikanischen Festlands.

Groundhopping Senegal

Wir hatten uns ein Hotel am Ngor Beach im Norden der Stadt gebucht. Dakar selbst ist eine Halbinsel und von dreieinhalb Seiten von Wasser umgeben. Die einzigen Expansionsmöglichkeiten für die immer mehr Bewohner gibt es also ins Landesinnere, wo auch das neu erbaute Nationalstadion und der neue Flughafen sind. Der Kern der Stadt mit seinen Sehenswürdigkeiten (z.B. einer riesigen Bronzestatue aus Nordkorea) ist bequem mit einem Taxi oder einem Uber zu befahren. Am ersten Tag, nach ein paar Bieren am Strand, einem Essen im Lokal “Le Lagon 1” (in dem auch schon Willy Brandt gegessen hat) und der Fahrt auf oben genannte Bronzestatue ging es aber auch schon los zum ersten Spiel unseres Abenteuers “Groundhopping Senegal”.

US Gorée – ASC Linguère 2:0
Ligue 1 Senegal, 19.03.2023, Stade Iba Mar Dop

Das Stadion Iba mar Dop liegt im südlichen Teil der Kernstadt nett eingebettet in einem Wohngebiet. Da es nur eine Tribüne gibt, hat man einen angenehmen Blick in die Hinterhöfe der vielen Strohhütten. Der Heimverein Goree in Dunkelblau beherrschte das Spiel auf dem Rumpelrasen und gewann gegen den ASC Linguére mit 2:0. Wir suchten uns im Schatten der Haupttribüne ein ruhiges Plätzchen und lauschten dem französischen Fernsehmoderator neben uns, der das Spiel in einem Trikot des SC Paderborn moderierte. Alkohol war leider fehl am Platz: Senegal ist ein muslimisches Land und daher wird in der Öffentlichkeit nicht ganz so viel gesoffen wie anderswo. Keinerlei Probleme mit Bier gibts aber in Restaurants und Hotels. Im linken Bereich der Haupttribüne war noch eine Gruppe an Heimfans mit ordentlich Trommeln, die sich irgendwie in einen Rausch trommelten und man das Gefühl hatte, dass der einschläfernde Rhythmus immer lauter und intensiver wurde.

Obwohl die Leitung des Spiels natürlich der Schiedsrichter hatte, fungierte außerhalb des Spielfelds eine etwas korpulentere Diva als Event-Managerin: Sie zeigte den Auswechselspielern die Seitenauslinie, organisierte den Polizisten einen Stuhl zum Sitzen oder führte die Mannschaften händchenhaltend aufs Feld. Etwas den Überblick verlor die gute Dame aber zu Beginn der zweiten Halbzeit, als es auf dem Weg zur Kabine einige Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Funktionären kam und die ersten Fäuste flogen. Im Anschluss musste die Partie 15 Minuten unterbrochen werden und wir hatten schön was zum Schauen. Leider haben wir aus unserem Paderborner Fernsehmoderator die genauen Hintergründe nicht herausbekommen, denn dann hätten wir sicher noch mehr Spaß gehabt. Nach zwei Toren und einem neuen Länderpunkt vor etwa 500 Zuschauern ging es aber schnurstracks zurück an Hotel am Strand, da die lange Anreisenacht schön langsam ihren Tribut zollte.

Stade Thiaroye – AS Saloum 1:0
Ligue 2 Senegal, 20.03.2023, Stade Allassane Djigo

Da Senegal einst französische Kolonie war, ist die Landessprache logischerweise französisch. Neben der offiziellen Landessprache gibt es jedoch viele kleine, oft grenzüberschreitende Sprachen. Im Großraum Dakar ist das die Sprache “Wolof”, je weiter südlicher man kommt bis rein nach Gambia beherrschen dann die “Mandinka” die Sprachhoheit, von Wolof in etwa so weit entfernt wie das Deutsche vom Französischen. Hilft alles nix, die Kommunikation läuft so oder so größtenteils mit google-Translator sowie Hand und Fuß ab. Der zweite Tag unserer Reise sollte uns zum “wunderschönen” Pink Lake führen. Ein See, der aufgrund verschiedener Algen in der Sonne im herrlichen Rosarot erstrahlt und als einer der schönsten Flecken Senegals zählt. Leider war der See an unserem Tag aufgrund eines Hochwassers tiefbraun, sodass wir uns statt eines Badeausflugs ein Quad mieteten und über die nahegelegenen Dünen heizten. Der See war jedoch nicht das Hauptziel des Tages, denn “rein zufälligerweise” lag er geographisch brutal nah an einem Stadion, in dem an diesem Tag noch Zweitligafußball gespielt werden sollte.

Das Stadion “Stade Allessane Dijgo” ist das eigentliche Heimspielstadion vom Erstligisten Pikine und hat sogar doppelt so viele Tribünen wie das Stadion am Vortag – also zwei. Hinter der nördlichen Torauslinie schlossen sich hingegen ziemlich schnell die Müllhalde des örtlichen Freiluftmarktes sowie ein paar Slums an. Das Stadion wurde erst vor Kurzem im Rahmen eines chinesischen Entwicklungshilfeprojekts fertiggestellt, bei dem insgesamt acht neue Grounds im Großraum Dakar an Senegal übergeben wurde. Bier gab es auch hier im Stadion nicht. Diesmal auch leider keinen Paderborner Fernsehmoderator und keine Fanblocks mit Trommeln. Also betrachteten wir einfach das Spiel, schlenderten etwas die Haupttribüne entlang und genossen den Blick auf die übergroße Moschee direkt hinter dem Stadion. Das 1:0 für die in blau spielenden Hausherren fiel meiner Erinnerung nach aus einer Abseitssituation. Aber da ich nüchtern war, kann ich mich auch getäuscht haben. Da es nicht das einzige Spiel an diesem Tag in diesem Stadion war, sind während der zweiten Halbzeit die nachfolgenden Mannschaften mit einem übel hergerichteten Mini-Bus eingefahren – und haben die Zuschauerzahl dadurch verdoppelt.

Blau – auch im Urlaub!

Die kommenden zwei Tage faulenzten wir am Strand und beim Tauchen und Trinken herum oder sahen uns nach Transportmöglichkeiten um. Stets wurden wir von Einheimischen angesprochen und nachdem sie erfahren haben, dass wir Fußballfans aus München sind, hatten wir stets einen Monolog einer ihrer Landsmänner an der Backe, der damals für einen anderen Club in München spielt. Unsere Abneigung gegenüber dem anderen Verein konnten wir selten verheimlichen, doch auch immer gut argumentieren. Dass sich diese Abneigung aber so herumspricht hatten wir nicht erwartet, denn nur drei Tage nach unserer Rückkehr hat der genannte Fußballer einen anderen Fußballer seiner Mannschaft hergwatscht, was sein Ende im deutschen Fußball bedeuten sollte. Mittlerweile spielt der Typ mit Ronaldo in Saudi-Arabien. Auch nicht besser!

Und falls sich jemand fragt, ob schonmal ein Fußballer aus dem Senegal bei Sechzig war: Die Antwort lautet: Ba!

Groundhopping auf sechzger.de

In den letzten Monaten erschienen bereits einige Groundhopping-Artikel auf sechzger.de. Hier eine kurze Übersicht:

Groundhopping Rumänien
Groundhopping Mazedonien bzw. Nordmazedonien
Groundhopping Armenien
Groundhopping Thailand
Groundhopping Ukraine
Groundhopping Kuba
Groundhopping Montenegro
Groundhopping Indien
Groundhopping Kirgisistan
Groundhopping Saudi-Arabien
Groundhopping Antarktis (Südgeorgien)
Groundhopping Kolumbien
Groundhopping Indonesien
Groundhopping Laos
Groundhopping Georgien
Groundhopping Sansibar
Groundhopping Moldawien/Transnistrien
Groundhopping Nordkorea
Groundhopping Bulgarien

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Steffen Lobmeier

Klasse Story. Freu mich schon auf die Fortsetzung.

Valkenburg

Toller Artikel vielen Dank! Löwengrüße aus Holland!