Sommerpause bei den Löwen heißt entweder kein Fußball für ein paar Wochen, alternativ Zeit für andere Mannschaften in der Relegation oder sogar anderen Ländern. sechzger.de-Redakteur Jan plante rund um das schwedische Pokalfinale gleich eine ganze Tour und berichtet davon in mehreren Artikeln. Nach Stops in Litauen, Lettland, Finnland und Norwegen wurde dann das eigentliche Ziel der Tour sowie Elfsborg und Mjällby angesteuert.
Zum Abschluss Pokalfinale und zwei Mal erste Liga
Eines vorweg: eigentlich sollte dieser Bericht bereits im Sommer erscheinen, so wie die anderen Artikel von der zugehörigen Reise. Der aktuelle, völlig überraschende und sensationelle Meistertitel vom Mjällby AIF war nun Anlass genug, den letzten Bericht verspätet doch noch zu vervollständigen.
Im Nachtbus von Frederikstad nach Malmö erwischten wir eher wenige Stunden Schlaf, nach einem Kaffee sah der persönliche Gemütszustand aber schon wieder deutlich besser aus. Bei bestem Wetter verfolgten wir das Standardprogramm der letzten Tage. Ein wenig Stadterkundung, die in diesem Fall an der Strandpromenade mit einem kalten Getränk endete. Mit Blick auf die Östersund-Brücke nach Kopenhagen ließ es sich hier wirklich gut aushalten – doch es sollte an diesem Tage ja auch noch Fußball gespielt werden. Für uns ging es frühzeitig in Richtung Stadion, da die Heimfans einen gemeinsamen Treffpunkt ausgerufen hatten.
Pokalfinale: Malmö FF – BK Häcken
Dieser lag idyllisch gelegen mitten in einem Park und mehrere hundert himmelblaue Anhänger stimmten sich auf das Pokalfinale im eigenen Stadion ein. Gesänge oder Ähnliches vermisste man hier, stattdessen gab es diverse Speisen vom Grill, Getränke und das ein oder andere Gespräch unter den Fans. Wir betrachteten die Szenerie ein paar Minuten und machten uns dann weit vor Anpfiff auf den Weg zu unseren Plätzen. Grundsätzlich war die Partie ausverkauft, im Gäste-Kontingent wurden wir allerdings über Kontakte vor Ort doch noch fündig. Bei Anpfiff waren sogar noch einige Plätze frei – mein Kumpel verglich den BK Häcken (Vorort in Göteborg) mit Haching. Das erklärte natürlich einiges… Zumindest zum Anpfiff war im Gästeblock einiges los. Der ein oder andere Schwenker kam in dichten, gelben Rauchwolken gut zur Geltung und die meisten Anhänger in gelb und schwarz feuerten zu diesem Zeitpunkt ihr Team an.
Auf der Gegenseite beobachteten wir das Treiben bei Malmö schon, als die Heimtribüne noch spärlich besetzt war. Diverse Zaunfahnen wurden angebracht und frühzeitige Vermummung ließ auf reichlich Pyrotechnik hoffen. Erst einmal jedoch begannen diese Kollegen das Ball-Fangnetz vor der gesamten Kurve zu demontieren. Zunächst interessierte das niemanden, der dann auf den Plan gerufenen und eher halbscharig agierende Ordnungsdienst konnte auch nicht allzu viel ausrichten. Der Fußballverband als Veranstalter wollte jedoch ein Machtspiel durchführen und schickte die Mannschaften nach dem Einlaufen erst einmal wieder in die Kabinen. Nach geschlagenen 40 Minuten waren alle mit dem wieder montierten Netz zufrieden und es konnte losgehen.
Kein Sieger in der regulären Spielzeit
Malmö dominierte die Partie quasi zu jeder Zeit, verpasste es jedoch einen Treffer zu erzielen. Zu Beginn supportete der Heimbereich sehr lautstark, die Trommel war bis zu uns auf der anderen Stadionseite gut zu hören. Man merkte allerdings auch zunehmend im Spielverlauf die Ungeduld und den Frust wachsen.
Zur Halbzeit gab es dann tatsächlich den ein oder anderen Pfiff zu hören. Kurz vor Schluss wurde ein Gästespieler mit einem Becher am Arm getroffen. Meinen Respekt bekam er, weil er stehen blieb und nicht den sterbenden Schwan spielte. Der Schiedsrichter sah das allerdings ein bisschen ernster und erneut gingen die Teams für eine ganze Weile in die Kabinen. In dieser Zwischenzeit wurde eine Zuschauerin – die vermeintliche Werferin – vom Ordnungsdienst abgeführt. Auf dem Platz blieb es dann beim 0:0 und auch in der Verlängerung gelang keinem der beiden Teams ein Tor. Im Elfmeterschießen entschied schließlich Häcken das Finale für sich und wurde nach 2016, 2019 und 2023 zum vierten Mal Pokalsieger.
Binnen weniger Minuten war das Stadion komplett verwaist, alle Himmelblauen hatten sich schleunigst auf den Heimweg gemacht. Das hatten wir uns natürlich komplett anders vorgestellt… Dennoch war es cool, für diese Partie überhaupt Karten zu bekommen. Häcken feierte vor den paar hundert mitgereisten Anhängern die Pokalübergabe, im Anschluss begaben wir uns nach rekordverdächtigen 4,5 Stunden im Stadion zurück zu unserer Unterkunft.
IF Elfsborg – Hammarby IF
Für uns ging es am Tag darauf weiter nach Göteborg, wo wir nicht nur ein Spiel im niederklassigen Bereich anschauten, sondern auch ein weiteres Stadion in der ersten Liga live im Einsatz erleben durften. Es kam zum Wiedersehen mit Hammarby, die ich ja bereits in Stockholm live gesehen hatte. Gastgeber war der IF Elfsborg und das Stadion konnte dabei auf jeden Fall überzeugen. Wir hatten Tickets im Oberrang der Gegengerade: das war nicht nur grundsätzlich eine gute Übersicht, sondern sah einfach auch cool als Stadion an sich aus. Wir hatten vor dem Spiel schon zahlreiche Hammarby-Fans in der Stadt gesehen, entsprechend voll war der Gästeblock dann auch.
Zu Beginn war das ein wahres Stimmungsfeuerwerk: beide Kurven gaben ordentlich Gas und feuerten ihre Mannschaften an. Den deutlich längeren Atem erwischte allerdings Hammarby (übrigens unterstützt von einem Aachener), Elfsborg ging nach 20-25 Minuten etwas die Puste aus. Das ein oder andere Lied – bzw. vielmehr die Melodie – kam mir bekannt vor und sicherte mir für die nächsten Tage wieder Ohrwürmer. Wie schon beim ersten Mal war ich auch von diesem Auftritt von Hammarby wieder begeistert. Auf dem Platz lief es dann ebenfalls und die Grün-Weißen konnten die mitgereisten Fans mit zwei Toren glücklich machen. Es war der erste Sieg seit 18 Jahren für HIF in Boras, entsprechend erleichtert waren Anhänger und Spieler über die drei Punkte. Mit diesen Eindrücken ging es dann zurück in das Hotel zur letzten Nacht in einem schwedischen Bett.


Mjällby AIF – IFK Värnamo
Eigentlich nur zur Liga-Komplettierung für meinen Kumpel wurde am nächsten Morgen abschließend Mjällby direkt am Meer angesteuert, es sollte jedoch auch sonst ein gelungener Abschluss der Tour werden. Mit dem Zug machten wir uns auf den Weg und erreichten unser Ziel ohne größere Vorkommnisse. Vor Ort wurde wir von einem zuvor kontaktierten Supporter der Heimseite zunächst abgeholt und dann etwas herumgeführt, er beantwortete uns außerdem diverse Fragen rund um die für uns bis dato unbekannten Gastgeber. Das Stadion “Strandvallen” steht nicht nur direkt am Meer – vom Stadionausgang bis zum Strand sind es etwa 200 Meter, siehe hier – sondern auch im Ort Hällevik, der gerade einmal um die 1000 Einwohner zählt. Verrrückte Details zu einem schwedischen Erstligisten… Punkten konnte Mjällby vor allem im kulinarischen Bereich. Ein Gericht mit frittiertem Hering, Kartoffelbrei, Preiselbeere und Dill bekam von mir eine glatte 1 und war sicherlich das coolste, was ich jemals bei einem Fußballspiel in einem Stadion gegessen habe.
Mjällby wird sensationell Meister in der schwedischen Allsvenskan
Nicht so cool an der Spielstätte ist dafür die grundsätzliche Erreichbarkeit. Einmal in der Stunde fährt vom nächstgelegenen Bahnhof ein Bus nach Hällevik. Ansonsten bleibt einem nur das Taxi oder die Anreise mit dem eigenen Auto. Bei den Auswärtsfahrern ist das Strandvallen daher trotz der herausragenden Lage am Meer nicht unbedingt beliebt. Heute zu Gast war der IFK Värnamo, nur einzelne Gästefans versammelten sich im Auswärtsblock. Auf der Heimseite sorgte eine kleine Supporter-Gruppe (keine Ultras) für Stimmung, nur selten beteiligten sich allerdings die weiteren Zuschauerbereiche daran.
Auf dem Platz taten sich die Gastgeber als Tabellenführer gegen den Tabellenletzten überraschend schwer, die Gäste hätten durchaus ein Remis verdient gehabt. Es kam jedoch, wie es kommen musste. Mjällby schlug dann doch noch zwei Mal eiskalt zu und sicherte sich damit den nächsten Heimsieg. Wie man mittlerweile weiß, kamen sie von diesem Kurs nicht mehr ab und sicherten sich tatsächlich völlig überraschend den schwedischen Meistertitel.
Wir stoßen mit einem Kaltgetränk am nahe gelegenen Strand auf die Liga-Komplettierung sowie eine gelungene Tour an, bevor wir uns frühzeitig auf den Weg zum bereits erwähnten Bus machten. Über Malmö ging es dann mit Nachtzug nach Hamburg und von dort erreichten wir mit einem pünktlichen ICE die bayerische Landeshauptstadt wieder.
Fazit zu Schweden
Insgesamt gefiel es mir in Schweden und speziell auch beim Fußball richtig gut. Dass so viele Menschen hier in die Stadien gehen und oft auch eine wirkliche gute Stimmung mit Choreografien, Fahnen, Pyrotechnik und Gesängen herrscht, hat mich tatsächlich überrascht, da ich bislang wenig aus Schweden diesbezüglich mitbekommen habe. Das und vor allem Hammarby ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Das Niveau auf dem Platz könnte dagegen noch etwas besser sein im europäischen Vergleich. Das sieht man regelmäßig auch am Abschneiden der schwedischen Teams in den länderübergreifenden Pokalwettbewerben. Auch der Meistertitel von Mjällby ist ein entsprechender Fingerzeig. Hier ist beispielsweise in Norwegen das fußballerische Niveau deutlich höher. Was nicht ist, kann ja allerdings noch werden – die Fans stehen auf jeden Fall hinter ihren Mannschaften und feuern sie an, soviel ist schon einmal sicher.
Groundhopping auf sechzger.de
In den letzten Monaten erschienen bereits einige Groundhopping-Artikel auf sechzger.de. Hier eine Übersicht:
Groundhopping Rumänien
Groundhopping Mazedonien bzw. Nordmazedonien
Groundhopping Armenien
Groundhopping Thailand (Teil I / Teil II)
Groundhopping Ukraine
Groundhopping Kuba
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Groundhopping Indien
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Groundhopping Saudi-Arabien
Groundhopping Antarktis (Südgeorgien)
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Groundhopping Türkei
Groundhopping Galicien (Teil I / Teil II)
Groundhopping Madrid (Teil I / Teil II)
Groundhopping Ecuador (Teil I / Teil II)
Groundhopping Albanien
Groundhopping Albanien II (Teil 1 / Teil 2)

















Cooler Bericht!
Als bajen Fan bin ich natürlich eher sauer das man mit den geholten Punkten, welche die letzten Jahre easy für den Titel gereicht hätten, die holzmedaille holt.
Trotzdem kann ich nur sagen das sich die Reise nach Fussballschweden lohnt und man hier sieht wie bescheidenes, auf 50+1 aufgebautes Vereinswesen wirken kann. Die Stimmung in den größeren Arenen ist Weltklasse, auch ohne viel Geld und Glanz auf dem Platz.
Vor allem die Mischung im Publikum (junge Meschen und vor allem Frauen!) Machen das Erlebnis viel angenehmer als wie wenn man nur von besoffenen Grantlern umringt ist.
Hab zwar bisher nur die eine Reise hinter mir, kann ich aber definitiv unterschreiben. War absolut positiv überrascht!